Innere Sicherheit Wegen Spionage und Sabotage: Land pocht auf mehr Zivilschutz
Verdächtige Lichter, alte Pläne: Niedersachsens Innenministerin Behrens will angesichts der Bedrohung aus Russland beim Bund Druck machen für einen besseren Bevölkerungsschutz.

Hannover - Die verschärfte Sicherheitslage in Europa erfordert nach Ansicht der niedersächsischen Landesregierung einen stärkeren Zivilschutz. „Szenarien, in denen Russland einen Nato-Staat attackiert und damit den Bündnisfall aktiviert, müssen heute sehr ernst genommen und vorbereitet werden“, sagte Innenministerin Daniela Behrens (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. „Aus meiner Sicht gehören Investitionen in den Zivilschutz untrennbar zur Zeitenwende und müssen jetzt prioritär angegangen werden.“
Niedersachsen beantragt daher bei der Innenministerkonferenz vom 11. bis 13. Juni in Bremerhaven eine Aktualisierung des Ausstattungskonzepts und dessen vollständige Umsetzung bis 2029. Das bisherige Konzept datiere von 2007 und sei seither nur geringfügig ergänzt worden, heißt es in dem Antrag.
Das Land erinnert zudem an die bereits bestehende Forderung der Länder an den Bund, binnen der nächsten zehn Jahre zehn Milliarden Euro zur strukturellen und effektiven Stärkung des Bevölkerungsschutzes bereitzustellen. „Mit dem Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur entfällt nun auch das Argument der fehlenden Haushaltsmittel“, sagte Behrens.
Auf der Liste: Lazarette und Tankwagen
Zu den konkreten Anschaffungen, die das Land fordert, zählt unter anderem Technik, die die Kommunikation via Satellit oder Analogfunk sicherstellt, wenn die regulären IT-Netze gestört sind. Zudem brauche es Ausstattung, um die Versorgungskapazitäten der Krankenhäuser für einen Lazarettbetrieb auszubauen oder Behelfskrankenhäuser errichten zu können.
Auch Kapazitäten, um Patienten bundesweit verlegen zu können, sowie Investitionen in Pumpen und Tankwagen, um die Trinkwasserversorgung sicherzustellen, würden benötigt.
Hinweise auf Drohnensichtungen an kritischer Infrastruktur
Die Forderungen stehen vor dem Hintergrund der Zunahme sogenannter hybrider Bedrohungen. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gebe es wiederholt Hinweise auf Spionage und Sabotage, erklärte die Ministerin. „Sie richten sich gegen unsere Wirtschaftsunternehmen, gegen Behörden, Kommunen sowie Einrichtungen, die der kritischen Infrastruktur zuzuordnen sind.“
Immer wieder gebe es mögliche Drohnensichtungen. Ob es sich bei den verdächtigen Lichtern tatsächlich um Drohnen handelte, gegebenenfalls aus dem militärischen Bereich, sei nicht in jedem Fall sicher zu verifizieren – „aber wir müssen mindestens bei einigen davon ausgehen“, sagte Behrens.
Im Bereich des Katastrophenschutzes sei Niedersachsen bereits gut aufgestellt, weil das Land in den vergangenen Jahren in Fahrzeuge und Geräte investiert habe. „Diesen Weg wollen und werden wir im Katastrophenschutz auch konsequent weitergehen, aber für den Bereich des Zivilschutzes ist verfassungsgemäß der Bund zuständig“, sagte Behrens. „Wir hoffen, dass sich der Bund auf den Weg macht und sowohl die Mittel als auch die planerischen Ressourcen aktiviert, die in diesem Bereich notwendig sind.“
Die Zuständigkeit für den Bevölkerungsschutz ist in Deutschland geteilt: Während der Bund die Aufgabe hat, die Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren zu schützen (Zivilschutz), sind die Länder für den Schutz vor Katastrophen in Friedenszeiten zuständig (Katastrophenschutz).