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Versicherungsfall Nach Brandschaden in Königsborn: Sechs Monate Kampf mit der Versicherung - passiert ist nichts

Im Januar 2021 brannte das Nachbarhaus der Familie Folwerk aus Königsborn. Auch die eigene Doppelhaushälfte nebenan wurde stark durch Feuer und Löschwasser in Mitleidenschaft gezogen. Die Sanierung aber zieht sich bis heute hin.

Von Sebastian Rose Aktualisiert: 16.06.2021, 18:27
Beide Dächer der Doppelhaushälften wurden durch das Feuer stark in Mitleidenschaft gezogen.
Beide Dächer der Doppelhaushälften wurden durch das Feuer stark in Mitleidenschaft gezogen. Foto: Sebastian Rose

Königsborn - Idyllisch liegt die Straße im kleinen Örtchen Königsborn im Jerichower Land. Vögel zwitschern, immer mal wieder gehen Spaziergänger durch die Straße des Friedens, auch weil deren Vierbeiner auf der benachbarten Wiese viel Platz zum Spielen finden. Von Frieden war im Inneren des Hauses mit der Nummer 13 in den vergangenen Monaten allerdings wenig zu spüren.

Rückblick: Im Januar 2021 brannte es im Nachbarhaus der Doppelhaushälfte von Familie Folwerk. Bei dem Brand im Dachgeschoss starb ein Mensch. „Nur durch viel Glück haben wir keinen Schaden erlitten“, berichtet Kerstin Folwerk. „Unsere Brandmelder haben angeschlagen. Ich habe im oberen Stockwerk geschlafen. Dann haben mein Mann und ich das Haus verlassen und die Feuerwehr gerufen. Die waren auch schnell hier vor Ort“, sagt sie im Gespräch mit der Volksstimme auf dem zum Haus anliegenden Hof und deutet mit der Hand auf selbiges.

Es ist ein heißer Tag Ende Mai 2021. Die Sonne strahlt schadenfroh auf die noch immer nicht sanierten Brandhäuser. Viel Zeit ist seit dem Unglück verstrichen und viele Spaziergänger sind vor dem Haus der Familie Folwerk entlanggegangen. Passiert ist nicht viel.

Gang durch den dichten Bürokratie-Dschungel

Die Folie hat Folwerk erstmal auf eigene Kosten angebracht.
Die Folie hat Folwerk erstmal auf eigene Kosten angebracht.
Foto: Sebastian Rose

Kerstin Folwerk und Ehemann Jürgen sind die Strapazen der letzten Monate sichtbar anzusehen. Immer wieder fällt der Satz: „Die Kräfte schwinden“. Nachdem die Eheleute zugesehen haben, wie beide Häuser in Flammen und Rauch standen und sie bei Bekannten unterkommen konnten, begann erst der eigentliche Teil der kräftezehrenden Anstrengungen.

„Erst kam die Kriminalpolizei und sicherte Spuren. Weil wir einige Tiere haben, konnten wir auch nicht einfach so in irgendeine Pension gehen. Deswegen habe ich uns ein Wohnmobil gemietet und es bei uns hier auf dem Hof abgestellt“, sagt Jürgen Folwerk.

Zwar habe er ein wenig draufzahlen müssen, weil die Miete des Wohnmobils die Geldsumme der Versicherung, die für Übernachtungskosten aufgewendet werden kann, überstieg, aber das sei es ihnen auch aufgrund der Tiere wert gewesen, sagen die Folwerks.

Schwere Anschuldigungen an beauftragte Firma

Nur wenige Tage nach dem Brand hat die Gebäudeversicherungs nach Schilderung der Folwerks vorgeschlagen, einen Bauleiter zu beauftragen. Nur so müsse die Familie keine verschiedenen Kostenvoranschläge einholen. Die Sachverständigen hätten dann die Schadenssumme im Januar auf zirka 50.000 Euro beziffert, auch weil das Löschwasser durch das gesamte Haus bis in den Keller vordrang, sagen die Folwerks.

Ein Bausachverständiger aus Halle beschäftigte dann eine überregionale Firma, die auch einen Sitz in Magdeburg hat, um den Schaden laut den Folwerks zu beheben. „Die Firma hat sich von Anfang an nicht wirklich um den Fall gekümmert“, schildert Jürgen Folwerk seinen Eindruck.

"Der Bauleiter der Magdeburger Firma meinte die ganze Zeit, wir müssten noch auf die Freigabe der Versicherung vom Nebenhaus warten. Unser Haus hat damit aber nichts zu tun. Die Freigabe von unserer Versicherung erfolgte recht schnell nach dem Brand. Rechtlich sind die zwei Häuser verschieden, und die gemeinsame Brandschutzwand, wie uns die Sachverständigen mitgeteilt haben, war noch intakt. Der Bauleiter wollte anscheinend gleich das andere Haus mitmachen“, meint er weiter. „Obwohl das eine ganz andere Gebäudeversicherung ist.“

Schwere Anschuldigungen. Sowohl der Bauleiter der Versicherung aus Halle, als auch der Bauleiter der Magdeburger Firma waren trotz mehrfachen Versuchs nicht zu erreichen.

Nur notdürftig wurde das obere Stockwerk behandelt.
Nur notdürftig wurde das obere Stockwerk behandelt.
Foto: Sebastian Rose

Notdürftige Sanierungsarbeiten

Immer wieder wurden die Folwerks laut eigenen Aussagen vertröstet. Nur ein paar Mal wurde augenscheinlich etwas am und im Haus getan. Der Aufgang zum oberen Stockwerk und dem Dachboden wurde an der Treppe mit Folie und Isolierungsband provisorisch verschlossen. Den Brandgeruch hält dies aber nur bedingt ab.

„Einmal kam ein angeblicher Dachdecker, der sich um unser Dach und die Schiefertafeln an der Seite unseres Hauses kümmern sollte. Im Gespräch wirkte er aber überfordert mit der Aufgabe. Und auf dem Auto, mit dem er vorgefahren ist, war das Logo einer Entrümpelungsfirma zu sehen“, meint Jürgen Folwerk mit Wut in der Stimme.

Erst nachdem sie einen Rechtsanwalt eingeschaltet hätten, sei ein wenig Bewegung in die Sache gekommen, berichten die Folwerks. Passiert ist dennoch nichts weiter am und im Haus. Schließlich haben sich die Eheleute nach eigenen Aussagen dazu gezwungen gesehen, einen anderen Bauleiter zu installieren.

Im oberen Geschoss hängt an vielen Oberkanten der Schimmel.
Im oberen Geschoss hängt an vielen Oberkanten der Schimmel.
Foto: Sebastian Rose

Auf Nachfrage der Volksstimme folgt Reaktion

Mittlerweile, rund sechs Monate später, sind die Schäden augenscheinlich noch größer geworden. Das sickernde Löschwasser lässt nun die einzig bewohnbare Ebene langsam aber sicher verschimmeln. Besonders das Bad könne die Familie nicht verschließen, da sonst schnell der schwarze ungebetene Gast in den Fugen einkehre.

Über Umwege kam der Kontakt zur Volksstimme zustande. Nach unzähligen Telefonaten, einem Vor-Ort-Termin und Recherche antwortet die Gebäudeversicherung der Folwerks einige Tage nach der gesetzten Frist.

„Eine große Herausforderung bei diesem Schadenfall ist, dass eine vernünftige Bewertung aller schadenbedingten Maßnahmen und daran anschließend die Behebung der Schäden grundsätzlich von den Maßnahmen am Nachbarhaus abhängig ist. Dies begründet sich in der gemeinsamen Zwischenmauer. Für unsere Schadenregulierung heißt das: Verzögerungen bei der Behebung der Schäden am Nachbarhaus haben unmittelbare, kaum beeinflussbare Folgen für die Behebung der Schäden bei unserem Kunden“, so Dirk Brandt, Pressesprecher der Generali in München.

Einige Deckenplatten sind abgefallen. Darunter modert es und Risse im Putz sind erkennbar.
Einige Deckenplatten sind abgefallen. Darunter modert es und Risse im Putz sind erkennbar.
Foto: Sebastian Rose

Versicherung will Summe auszahlen

„Die schwierige Wohnsituation unseres Kunden ist uns durchaus bekannt und bewusst. Wir haben daher bereits mehrfach die Kostenübernahme für eine Ausweichwohnung angeboten - davon will der Kunde jedoch keinen Gebrauch machen. Das ist eine Entscheidung, die wir so akzeptieren müssen. Hinzu kommt, dass der Kunde einen Rechtsanwalt beauftragt hat und wir daher auch verpflichtet sind, jegliche Kommunikation und Absprachen zu dem Schaden über diesen Rechtsanwalt laufen zu lassen. Aufgrund der Komplexität des Vorgangs haben wir unseren Großschadenregulierer mit der weiteren Abwicklung und Begleitung des Schadens beauftragt“, heißt es in der Antwort der Versicherung weiter.

Dieser habe den Vorgang ausführlich mit dem von der Versicherung eingeschalteten Gebäude-Sachverständigen und dem Rechtsanwalt besprochen. „Über die weitere Vorgehensweise wurde Einigkeit erzielt: Unser Sachverständiger ermittelt fiktiv die Wiederherstellungsarbeiten, bespricht diese mit dem vom Kunden beauftragten (neuen, Anm. d. Red.) Bauleiter, der dann bis zur Höhe der von uns festgestellten Kosten Wiederherstellungsrechnungen zur Regulierung vorlegt.“

Reaktion der Folwerks auf die Antwort

Jürgen Folwerk reagiert am Telefon dankbar auf die Nachricht der Versicherung. „Ich freue mich, dass die Sache endlich in Bewegung kommt. Die Ausweichwohnung können wir nicht einfach mit unseren Tieren wahrnehmen. Jetzt hat uns die Versicherung eine Art Vergleich angeboten. Dieser beträgt rund 70.000 Euro. Wenn wir dieses Geld nicht nehmen, müssen wir Kostenvoranschläge einholen und bekommen einen Neuwert von 91.000 Euro“, antwortet Folwerk auf die neuen Entwicklungen.

Da die Preise für Baumaterial und die Schäden durch die lange Nicht-Bearbeitungszeit am Haus in den letzten Monaten rapide gestiegen sind, nimmt die Familie laut Kerstin Folwerk das Vergleichsangebot nicht an. Nun kommen die ersten Handwerker und Kostenvoranschläge ins Haus geflattert. „Danach kann es dann hoffentlich losgehen mit der Sanierung. Wir möchten doch nur endlich wieder das ganze Haus bewohnen können und in einem neuem Bett schlafen“, so Kerstin Folwerk am Ende.