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Pilotprojekt Ein Zaun gegen den Wolf in Karow

Kann ein Elektrozaun um Kuhherden künftig Wolfsangriffe verhindern? Ein Pilotprojekt in Karow soll diese Frage klären.

Von Falk Heidel 17.01.2018, 07:00

Karow l HAL – eine Autohänger mit Hallenser Kennzeichen ist jetzt häufiger auf den Fienerwegen zwischen Karow und Tucheim unterwegs. Der Hänger, voll geladen mit Material für einen Koppelzaun, ist Teil eines Pilotprojekts des Wolfskompetenzzentrums im altmärkischen Iden.

Mit einem riesigen Hartgummi-Vorschlaghammer prügelt Mitarbeiter André Scheck auf einen metallenen Zaunpfahl ein. Sein Kollege Ingo Wolter hält den Pfahl gerade, wenn er nicht seinen Kumpel bei der Arbeit mit dem Handy filmt. Das alles beobachtet Jürgen Schimpf aus sicherer Entfernung. Als Geschäftsführer der Karower Agrargenossenschaft ist er der Empfänger von 2400 Metern Zaunmaterial.

Das Pilotprojekt mit der Agrargenossenschaft in Karow sowie einem Unternehmen in Schopsdorf ist auf zwei Jahre angelegt: „Für diese Zeit leihen wir die Materialien an die Agrarbetriebe aus“, erklärt Simone Dahlmann vom Kompetenzzentrum, das zum Landesamt für Umweltschutz gehört. Sie sagte zur Volksstimme: „Wir wollen in dieser Zeit möglichst viele Informationen sammeln und auswerten. Wir werden mit Kamerasystemen arbeiten und sind natürlich auf die Beobachtungen der Mitarbeiter vor Ort angewiesen.“

Mit dem Zaunmaterial können die Landwirte ihre 40 Hektar große Weidefläche nicht komplett einzäunen. Geschäftsführer Schimpf: „Wir können drei Seiten in U-Form einzäunen und müssen für das restliche Stück nach Alternativen suchen.“ Überhaupt ist er nicht restlos überzeugt von diesem Projekt, das Wolfsangriffe verhindern soll: „Es nützt ja nichts, wenn wir links des Weges eine Koppel einzäunen und die Tiere auf der anderen Seite nach wie vor leichte Beute für das Raubtier sind.“ Und: „Wir können nicht den ganzen Fiener mit einem Zaun versehen. Die Trappenschützer sind die ersten, die sich darüber beschweren.“

Schimpfs Agrargenossenschaft bewirtschaftet 5000 Hektar Grünland im Fiener. Zum Bestand gehören 400 Mutterkühe und 250 Tiere, die täglich gemolken werden. Die Kälber werden zwischen Februar und April geboren. Das ist die gefährlichste Zeit. Schimpf zufolge sind im Frühling des vergangenen Jahres 18 Kälber seines Betriebs dem Wolf zum Opfer gefallen. Elf Fälle sind bestätigt, sieben Tiere gelten offiziell als verschollen: „Bis heute haben wir noch keinen Cent Entschädigung erhalten.“

„Auf der Suche nach tragbaren Lösungen für die Zukunft müssen wir Kompromisse nach allen Seiten eingehen“, sagt Franziska Kersten vom Landwirtschaftsministerium in Magdeburg. Sie verspricht sich von diesem Projekt eine umfangreiche Datenerfassung zur Wolfsaktivität sowie zur Handhabung und Effizienz des Zaunsystems: „Der Vorteil ist, dass es sich um ein mobiles System handelt, weshalb die Landschaft mit dem Großtrappenschutzgebiet und den vielen Wassergräben offen gehalten wird.“ Jürgen Schimpf sieht das anders: „Es ist ohnehin schwierig, mit Mutterkühen Geld zu verdienen. Da bleibt von einem Preis von 1000 Euro für 600 Meter Zaun nicht viel über.“ Er fragt: „Ist eine angemessene Entschädigung für einen Wolfsriss nicht die bessere Alternative?“