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Postengerangel Riesenzoff um Vize-Landrat

Streit gibt es an im Kreis Jerichower Land um einen Posten, den es noch nicht gibt. Landrat Burchhardt will einen Beigeordneten anstellen.

Von Falk Heidel 23.06.2017, 06:00

Burg/Genthin l Es war ersteinlich ruhig am Mittwoch im Kreistag, als Vorsitzender Matthias Fickel die Position „Beigeordneter“ aufrief. Genauer: Eine Satzungsänderung, die diesen Posten möglich macht. Doch hinter den Kulissen brodelt ein Kessel. Auslöser ist ein Schreiben von Möckerns Bürger Frank von Holly. Er geht davon aus, dass die Ausschreibung auf Genthins Bügermeister Thomas Barz zugeschnitten ist. Holly schreibt: „Im Kontext wird deutlich, dass es mit der Aufgabenbeschreibung nicht um die Beschreibung einer Aufgabe geht, sondern um die Schaffung einer Aufgabe für eine konkrete Person.“

Frank von Holly macht auch klar, was er von seinem Bürgermeisterkollegen hält. Barz sei „ein tatsächlich Unwissender, wirkt aber nach außen eloquent.“ Und: „Viele Einwohner und Stadträte in Genthin hoffen auf eine baldige Neuwahl des Bürgermeisters, ihr Wunsch wird schneller in Erfüllung gehen, als je geträumt.“ Holly hatte dieses Schreiben Mittwoch an alle Kreistagsmitglieder verteilt. Darin sagt er auch: „Ein Beigeordneter ist nicht erforderlich.“ Und: „Die vorgesehene Beamtenstufe ist zu hoch.“ Und: „Der avisierte Kandidat bewirkt regelmäßig Schaden.“

Laut Auschreibung soll der neue Beigeordnete die Gehaltsstufe B3 bekommen. Dies entspricht Beamten des höheren Dienstes in besonderen Leitungspositionen mit einem Grundgehalt von 7600 Euro.

Die schriftliche Reaktion von Landrat Steffen Burchhardt fällt deftig aus. Noch am Abend nach dem Kreistag schreibt er: „Ich verlange eine öffentliche Entschuldigung für die bösartigen Unterstellungen.“ Und weiter in Richtung Holly: „Wodurch Sie befähigt sind, eine Einschätzung der Bedarfe in der Kreisverwaltung vorzunehmen, erschließt sich mir nicht. Ich werde mir Gedanken dazu machen, wie in Zukunft eine Zusammenarbeit mit Ihnen und der Stadt Möckern aussehen kann.“

Gegenüber der Volksstimme bezeichnete Burchhardt die Vorwüfe von Hollys als „Nonsens“: „Es handelt sich bei der Ausschreibung um ein neutrales Verfahren, ich will nicht, dass diese Position politisch besetzt wird, sondern mit einer Person, die fachlich geeignet ist.“

Im Kreistag erklärte Burchhardt, dass das Jerichower Land der einzige Landkreis mit nur zwei Führungskräften neben dem Landrat sei: „In allen anderen sind es drei oder vier.“

Aktuell gibt es keinen Beigeordnen. Die beiden zusätzlichen Führungskräfte des Landkreises, Bernd Girke und Bernhard Braun, werden als Vorstände geführt. Braun vertritt den Landrat bei Abwesenheit.

Kein Geheimnis ist, dass sich Burchhardt und Barz gut verstehen. Der Landrat sagt über den Genthiner Bürgermeister: „Ich kenne ihn seit drei Jahren und habe ihn jederzeit fachlich auf der Höhe erlebt.“ Burchhardt sagte aber auch zur Volksstimme: „Wenn er zum Landkreis wechselt, verlieren wir einen guten Bürgermeister.“

Allgemein bekannt ist auch die Tatsache, dass Barz und von Holly keine Freunde sind. Lautstrak geknallt hat es zwischen den beiden im Jahr 2011, als sich Schopsdorf erfolgreich aus der Einheitsgemeinde Möckern klagte und sich der Stadt Genthin anschloss. Barz war seinerzeit Ortsbürgermeister in Schopsdorf und gewann 2013 als parteiloser (und einziger) Kandidat die Bürgermeisterwahl in Genthin. Heute sagt er: „Meine Amtszeit geht bis 2020 und Genthin hat aktuell genug Probleme, um die wir uns kümmern müssen.“

Die Klage Schopsdofs vor dem Landesverwaltungsgericht war nur deshalb erfolgreich, weil die Stadt Möckern mit ihrem Bürgermeister Frank von Holly ein Formfehler bei der Anhörung der gut 260 Einwohner vor der Zwangszuordnung zur Stadt Möckern im September 2010 begangen hatte. Die Schopsdorfer Einwohner hatten nur neun Werktage Zeit, den Gesetzentwurf und dessen Begründung zu lesen. „Diese Frist war zu kurz“, sagte ein Gerichtssprecher seinerzeit. Die Zwangszuordnung war somit verfassungswidrig.

Frank von Holly ist derzeit die einzige CDU-Personalie im Jerichower Land im Bürgermeistersessel. Auch die Landratswahl haben die Christdemokraten mit Lutz-Georg Berkling 2014 gegen SPD-Mann Steffen Burchhardt verloren. Daher beansprucht die Partei den Beigeordneten-Posten für sich. Aus Reihen der CDU kommt auch die Spekulation, Burchhardt wechselt nach seiner Amtszeit 2021 in die SPD-Spitze nach Magdeburg und baut bis dahin Barz als seinen Nachfolger auf.

Von der Volksstimme dazu befragt, sagte Burchhardt: „Zu derartigen Spekulationen beziehungsweise Gerüchten werde ich mich nicht äußern.“ Und Barz: „Es gibt doch noch gar keine Ausschreibung, von daher habe ich mich mit dem Thema noch nie beschäftigt.“

Beigeordnete gab es schon mal im Landkreis. Unter Landrat Detlev Lehmann hatte Peter Hammer (beide SPD) aus Möser bis 2002 diese Funktion inne. Hammer war zudem längere Zeit amtierender Landrat, weil es diverse Gerichts-Prozesse gegen Lehmann gab. Freigesprochen wurde er erst nach dem Ende seiner Amtszeit.

Gerhard Ritz aus Möser war Beigeordneter von Landrat Lothar Finzelberg bis 2009. Frank von Holly fällt über beide ein erstaunliches Urteil: „Sie waren dem jeweiligem Landrat und Kreistag keine Kosten adäquate Hilfe. Sie waren ein politischer Wille des Kreistages, um den Landrat zu kontrollieren, was nie gelang.“ Von Holly meint: „Die die derzeitige Arbeit mit den beiden Vorständen wird beim Landkreis sehr gut erledigt.“ Daher sei ein Beigeordneter überflüssig.