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Programm zur Vermeidung von Schulversagen / Zehn Schulsozialarbeiter im Kreis / Sandra Höft: "Schon an den Grundschulen rauchen und stehlen Kinder"

Von Anja Guse 23.06.2011, 06:24

Zwei Jungs rauchen heimlich auf dem Pausenhof, ein Mädchen wird von den Klassenkameraden nicht beachtet, weil es keine Markenklamotten trägt, vier Kinder haben enorme Konzentrationsstörungen und können dem Unterricht kaum folgen - Diese Probleme klingen nach Alltag an einer weiterführenden Schule. Doch weit gefehlt. Schulsozialarbeiterin Sandra Höft hat bereits an der Grundschule damit zu tun.

Burg. Die Grundschule Albert Einstein in Burg wirkt auf den Betrachter sehr freundlich. Helle Farben zieren das Gebäude, der Schulhof ist großzügig gestaltet, lachend rennen die Kinder über den Platz. Doch hinter diesen Mauern kämpfen Lehrer, Schüler und pädagogische Mitarbeiter ebenso mit Problemen des Schulalltags wie andere Einrichtungen auch. In diesem Schuljahr steht ihnen erstmals eine Schulsozialarbeiterin zur Seite.

Sandra Höft ist 23 Jahre alt und eine von insgesamt zehn Schulsozialarbeitern, die im Jerichower Land mit Mitteln des Landes und des Europäischen Sozialfonds angestellt sind. Das Programm nennt sich korrekt "Projekte zur Vermeidung von Schulversagen und zur Senkung des vorzeitigen Schulabbruchs". Ehrgeiziges Ziel ist es, die Quote der Schulabbrecher in Sachsen-Anhalt von 11,1 Prozent (Schuljahr 2005/06) mindestens auf den Bundesdurchschnitt von 8,2 Prozent zu drücken, wenn nicht gar zu halbieren. Auch die Quote der Jahrgangswiederholer soll deutlich gesenkt werden.

Ursprünglich sollten vorrangig die Sekundarschulen des Kreises mit der Schulsozialarbeit unterstützt werden. "Doch in der vergangenen Zeit haben wir auch an den Grundschulen einen Bedarf erkannt", erklärt Birgit Voigt von der regionalen Netzwerkstelle. "Außerdem kann man hier noch präventiv ansetzen", ergänzt Sandra Höft.

Bislang ist die junge Frau die einzige Schulsozialarbeiterin an einer Grundschule im Kreis. Ihre Aufgaben sind vielfältig. "Die Kinder haben unterschiedliche Probleme. Einige, die das Gespräch mit mir suchen, kommen mit familiären Sorgen, sind Trennungs- und Scheidungskinder. Sie fühlen sich allein gelassen oder haben Defizite im emotionalen sozialen Verhalten. Manche Grundschüler haben Konzentrationsschwierigkeiten und kommen im Unterricht nicht mit. Sie fühlen sich überfordert", berichtet Sandra Höft.

Andere Kinder im Alter von 9/10 Jahren würden bereits rauchen und im Supermarkt Zigaretten stehlen. Wiederum andere würden gemobbt werden, weil sie nicht die richtigen Klamotten tragen.

Alle Probleme kann Sandra Höft nicht lösen, so viel steht fest. Doch sie kann zuhören und Kontakte zu Beratungsstellen anbieten. "Ich bin eher die vermittelnde Instanz", sagt sie.

Den größten Raum ihrer Tätigkeit nimmt die Einzelfallarbeit ein. Mit den Kindern, aber auch den Lehrern und Eltern spricht sie über Probleme. Gemeinsam analysieren und reflektieren sie die Situationen.

Des Weiteren arbeitet sie in Gruppen mit Schülern und Lehrern, spricht mit Eltern und ist im Netzwerk aktiv. Zur Arbeit gehören zudem freizeitpädagogische Projekte sowie Verwaltungsaufgaben.

Das Programm zeige schon Wirkung, berichtet Birgit Voigt. "Die Quote der Schulabbrecher ist im Jerichower Land schon leicht gesunken", bilanziert sie. Und auch das Kultusministerium meint: "Die Unterstützung der Schulen wird als sehr wertvoll erlebt, nicht nur um einzelnen Schülern in besonderen Problemlagen Hilfestellung zu geben, sondern auch hinsichtlich der Schaffung eines positiven Lehr- und Lernklimas."