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Ausstellung Schwarze Madonnen nackt in der Büdener Kirche

Der Mauritiusverein zeigt in der Büdener Kirche Fotografien von Frank Piassek und Malerei von Colette Deblé.

Von Stephen Zechendorf 28.05.2018, 01:01

Büden l „Die Metamorphose des Schmetterlings im ersten Sonnenschein“ hat Colette Deblé auf französisch mit Bleistift auf ihre farbigen Zeichnungen geschrieben. Die Bilder ihrer Reihe „La métamorphose du papillon dans le premier lumineux“ sind die Antwort der in Paris lebenden Künstlerin auf die Fotografien des Möckeraner Fotografen Frank Piassek. Genau genommen sind es „Zitate“, erklärt Frank Piassek bei der Vernissage am Sonnabendnachmittag. Colette Deblé kann ihre Arbeiten leider nicht selbst erklären, sie ist erkrankt.

In der Büdener Mauritiuskirche hängen die Zitate aus Paris und die Fotografien abwechselnd nebeneinander. Die Fotos entstanden ab März 2017 in der Büdener Kirche, die längst kein Gotteshaus mehr ist. Danach überlegte sich die französische Künstlerin, wie sie die fotografischen Arbeiten Piasseks verarbeiten – zitieren – will.

Colette Deblé arbeitet seit den 1990er Jahren an der Darstellung der Frau in der Kunst von der Antike bis zur Gegenwart. „Auf ihrer Zeitreise fertigt sie Zitate von Kunstwerken aller Epochen in ihrer Art der Darstellung, wobei sie alles Männliche der Ursprungswerke radikal in ihren Verfremdungen entfernt“, erklärt Piassek die Kunst der Kollegin.

In den Fotografien des Möckeraners überwiegt das Weibliche. Frank Piassek hat – inspiriert von Licht und Ort – in der Büdener Kirche mit der gebürtigen Nigerianerin und jetzt in Paris lebenden Schauspielerin Faith Obae sowie mit einem Model aus Niedersachsen gearbeitet. Entstanden sind Portraits sowie die Serien „la métamorphose du papillon“, „in chaines“ oder „nude“, die sich im Wesentlichen mit der Darstellung der Frau im sakralen Raum im klassischen Teilakt oder Akt auseinandersetzen.

Die Ausstellung ist bis zum 5. September in der Büdener Kirche zu sehen. Ausgestellt werden etwa 30 großformatige Fotografien des Möckeraner Fotografen und rund 40 Gouachen sowie andere großformatige Arbeiten der französischen Künstlerin. Die Werke entstanden im deutsch-französischen „cross-over“ Projekt „La vierge noire – Fotografie trifft Malerei“.

Der Titel der Ausstellung leitet sich von den schwarzen Madonnen ab, die man oft in Frankreichs Kirchen findet. Ist es Zufall, dass in der Kirche, die den Namen eines dunkelhäutigen Heiligen trägt, eine Frau afrikanischer Abstammung Modell steht? Ist es Provokation, wenn auf dem – wenngleich längst profanisierten – Altar der Mauritiuskirche Aktfotografie entsteht? Piassek, bekennender Katholik, überlässt ein Urteil dem Betrachter, sagt aber: „Was kann jemand dagegen haben, wenn ich Menschen zeige, wie Gott sie schuf?“

Betrachter sind bei der Vernissage reichlich da. Sie kommen auch aus Büden, vor allem aber aus der Umgebung und Magdeburg. Mittendrin: die französischen Kulturattachés von Thüringen, Marc Sagnol, und von Sachsen-Anhalt, Benjamin Kurc. Letzterer hat in seiner Funktion als Leiter des Institute francais in Sachsen-Anhalt die Schirmherrschaft über die Ausstellung übernommen. Das Institut fördert den kulturellen Austausch von Deutschland und Frankreich als Bereicherung für die Menschen: „Diese Ausstellung und der Ausstellungsort zelebrieren diesen Ansatz“, lobte Kurc die Büdener Kirche. „Wir befinden uns hier an der Kreuzung der profanen und der sakralen Welt, Vergangenheit und Gegenwart. Und die Büdener Kirche ist ein Ort des Lebens und der Zukunft.“

Auch der Landrat des Jerichower Landes, Steffen Burchhardt (SPD), stellte die Bedeutung der Mauritiuskirche als Kulturstätte heraus, weswegen der Landkreis das Projekt auch unterstützen werde. Mit Blick auf die jüngste Kulturförderpolitik des Landkreises sagte er: „Kleinkunst auf derart charmante Weise, dieses Projekt trifft genau den Kern unserer Vorstellung. Wir wollen neue Format, junge Kunst und cross-over fördern.“ Burchhardt bedauerte, dass Kirchen aus der Mitte der Gesellschaft gerückt seien und oft nur noch zu Weihnachten besucht würden.

Indes hat auch die Büdener Kirche schon seit Jahrzehnten als echtes Gotteshaus ausgedient. Sie brannte 1985 bis auf die Grundmauern ab. Eine weitere Nutzung des Gebäudes und ein Wiederaufbau waren nicht vorgesehen. Im Jahr 2000 taten sich Büdener um Hinrich Jerems zusammen, um das Gebäude aufzubauen und kulturell zu nutzen. Durch Fördermittel, Unternehmen und interessierte Bürger konnten seitdem das Dach neu gedeckt, das Mosaikfenster restauriert und die Glocken neu gegossen werden. Seit 2013 stellt der Mauritiusverein Künstlern die Kirche kostenfrei zur Verfügung.

Mit der aktuellen Ausstellung hat der Verein eine neue Stufe erklommen: Die Büdener Ausstellung ist Teil des Kulturprogramms der FRANKO.FOLIE, der französischen Wochen vom 21. Juni bis 14. Juli. Dazu erklärt die Vorsitzende des Mauritiusvereins, Birgit Jerems: „Die breite Unterstützung ist für die Etablierung der Veranstaltungsreihe „Kunst und Kirche“ sowie für die Entwicklung und Wahrnehmung unseres ländlichen Standortes als Kunst- und Kulturort von sehr großer Bedeutung.“

Während der Französischen Wochen ist die Ausstellung sonnabends von 14 bis 16.30 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet, ansonsten auf Anfrage unter 01525/570 968 5.