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Projekt Traumberuf durch die Zauberbrille

„Dein erster Tag“ ist ein Projekt aus Berlin, das deutschlandweit bei der Berufsorientierung helfen will. Zentrales Lernmittel ist eine VR-Brille. Die sorgte in der Burger Diesterweg-Sekundarschule für ungewöhnliche Einblicke in die Berufswelt.

Von Thomas Pusch 23.06.2021, 15:05
Henriette Mory erklärt den Schülerinnen, wie die VR-Brille funktioniert. In der virtuellen Realität können sie sich verschiedene Berufsbilder anschauen.
Henriette Mory erklärt den Schülerinnen, wie die VR-Brille funktioniert. In der virtuellen Realität können sie sich verschiedene Berufsbilder anschauen. Foto: Thomas Pusch

Burg - Viel zu lachen gab es im Wirtschaftsunterricht der Klasse 7a der Diesterweg-Sekundarschule. Dabei sorgte nicht das Schulfach selbst für komische Momente, sondern das Arbeitsgerät, das Lehrerin Henriette Mory mitgebracht hatte: die VR-Brille. Das Modell, das aussieht wie eine klobige Taucherbrille, allerdings vorne dicht und ohne Fenster, kann die virtuelle Realität abbilden. Für die Schüler laufen drei- bis fünfminütige Videos ab, in denen verschiedene Berufsbilder vorgestellt werden. Bewegungen, die die Siebtklässler machen, werden in Rundumsicht nachvollzogen. „Dreht euch ruhig einmal um, es könnte auch jemand hinter euch stehen“, gab Henriette Mory einen Tipp.

Klassen warenbegeistert dabei

Die VR-Brillen sind Teil des Berliner Projektes „Dein erster Tag“. Dort werden die 360-Grad-Betriebsbesichtigungen produziert, um die Möglichkeit zu bieten, eine Vielzahl an Berufen virtuell kennenzulernen. Dazu gehören beispielsweise Polizei, Feuerwehr, Systemgastronomie oder auch Raumausstatter. Doch nicht nur mit High-Tech, auch ganz klassisch mit Papier und Stift wurde in der Klasse gearbeitet. Das Erlebnis mit der VR-Brille ist nämlich nur eine von drei Stationen. „An der ersten Station können die Schüler frei einen Beruf benennen, den sie gut finden, und einen, den sie schlecht finden“, erklärte die Lehrerin. Beide Entscheidungen müssten dann natürlich auch begründet werden. Bei der Vorstellung der Arbeitsgruppe ergeben sich dann Unterschiede und Schnittmengen bei den Erwartungen an die künftige Berufstätigkeit.

An der dritten Station wird zunächst nach Vorlieben gefragt, etwa, ob man gerne draußen arbeiten möchte. Daraus ergeben sich wiederum Berufsvorschläge, die die Schüler dann bewerten können. „Dein erster Tag“ hat beispielsweise die Berufsfelder „Kreative Köpfe“, „Nachteulen und Frühe Vogel“ oder auch „Organisationstalente“ genannt. Dahinter verbergen sich dann Berufe wie Landschaftsgärtner, Pflegefachkraft und Handelsfachwirt. Tim hat das Entdecken mit der speziellen Brille sehr gut gefallen. „Das ist cool“, sagte er zur Volksstimme. Er hat tatsächlich auch schon einen konkreten Berufswunsch, der allerdings nicht in der Angebotspalette vertreten war: Synchronsprecher.

Sehr angetan zeigte sich auch Henriette Mory im Gespräch mit der Volksstimme vor allem von den Jungen und Mädchen der siebten bis neunten Klassen. „Sie machen alle unheimlich gut mit, selbst in den großen Klassen“, schwärmte sie. Das sei bei einer neuen Unterrichtsform nicht garantiert.

Aber schließlich waren für die Sekundarschüler wegen der Eindämmungsverordnung in den vergangenen Pandemiemonaten keine Besuche im Berufsinformationszentrum möglich, auch konnten Unternehmen nicht besucht werden, um mal die Berufswelt hautnah zu entdecken. „So haben wir das jetzt das erste Mal mit ,Dein erster Tag’ probiert“, sagte sie. Und die Premiere war gleich ein Erfolg.

Mehr als 3000Schulen sind Partner

Das Projekt selbst hatte auch Erfolg, wurde es doch 2019 einer von zehn Preisträgern des Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ 2019. Als ausschlaggebend für die Auszeichnung befand die Jury das Angebot innovativer Lösungen für die Bildungs- und Arbeitswelt.

Jugendliche lernen konkrete Ausbildungs- und Studienberufe kennen – ortsunabhängig und über einen niederschwelligen Ansatz.

Betriebe erhalten auf der anderen Seite ein innovatives Werkzeug zur Personalgewinnung und unternehmenseigenen Nachwuchssicherung, indem sie die Türen ihrer Produktion, der Büros oder Betriebsstätten virtuell öffnen und sich zukünftigen Fachkräften vorstellen.

Mutter des Projektes ist die Firma Studio2B. Sie sammelt aktuelle Ideen aus Technologie und Gesellschaft für die Berufsorientierung. An die Schulen kommt so nicht nur die virtuelle Realität, sondern es wird mit den Schülern auch an eigenen Modellen aus dem 3D-Drucker gearbeitet. Es wird an Videoformaten wie #kurzerklärt. gebastelt, die Firma unterstützt Arbeitsuchende beim Trainieren agiler Arbeitsmethoden, erstellt sogar virtuelle Rollenspiele für die Hotelausbildung in Indonesien. „Und wir hören nicht auf, immer mehr Möglichkeiten aufzuzeigen, wie auch das öffentliche Schul- und Qualifizierungssystem eine spannende Berufsorientierung auf dem neuesten Stand der Technik umsetzen kann, heißt es auf der Internetseite von Studio2B. Die Firma versteht sich als Sozialunternehmen, deren vorrangiges Ziel es ist, eine Berufsorientierung auf höchstem Niveau anzubieten. Mehr als 3000 Schulen und über 80 Jobcenter sind als Partner dabei. Einen guten Einblick gibt es unter www.deinerstertag.de.