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Wald Auch Profis lernen täglich dazu

Sachbearbeiter ist ein trockener Bürojob? Die Realität sieht in Möser anders aus.

Von Nicole Grandt 23.07.2020, 06:00

Möser l Das Wort Kompensationsmaßnahmen klingt zunächst etwas sperrig und theoretisch. Doch dahinter verbirgt sich eine spannende Arbeit. Nun könnten die beiden Bundesforst-Mitarbeiter Philipp Müller und Dr. Steffen Bauling in der Theorie schildern, wie ihre Tätigkeit aussieht, allerdings wollten sie lieber einen eindrucksvolleren Einblick in ihre Arbeit geben und so begleitete die Volksstimme sie durch ihr Revier. „Viele Menschen kennen natürlich das Thema Umweltschutz und es fallen ihnen viele Beispiele aus der ganzen Welt ein. Nun wollten wir einmal zeigen, was praktisch direkt vor der Haustür passiert“, erklärt Bauling.

Philipp Müller ist erst seit wenigen Tagen dabei. Während seines Studiums der Forstwirtschaft absolvierte er bereits ein Praktikum beim Bundesforst, das ihm so sehr gefiel, dass er dort arbeiten wollte. „Und er ist auf jeden Fall mit genauso viel Herzblut dabei wie die anderen Mitarbeiter“, zeigt sich Rainer Aumann, Leiter des Bundesforstbetriebs Nördliches Sachsen-Anhalt, überzeugt von dem Neuzugang.

Grundlage der Tätigkeit der Beiden ist die Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes. Knapp zusammengefasst bedeutet dies, dass wertvolle Biotope erhalten oder bei Verlust durch Versiegelung an anderer Stelle ersetzt werden müssen.

Wenn beispielsweise wegen dem Bau einer Autobahn oder für ein anderes Projekt Wald gerodet werden muss, kümmert sich der Fachbereich um Ausgleich oder Ersatz. Der Bundesforstbetrieb setzt Kompensationsmaßnahmen für die Landesstraßenbaubehörde, die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, die Bundeswehr, diverse andere Landesbehörden, aber auch für Dritte um.

Mehrere dieser Maßnahmen im Jerichower Land wollen Müller und Bauling vorstellen. Während der Fahrt zu den Standorten erläutert Bauling seine berufliche Motivation. „Ich stamme aus einer Försterfamilie, da blieb mir eigentlich kaum etwas anderes übrig, als diesen Weg einzuschlagen“, scherzt er. Zunächst überlegte er, Jura zu studieren. „Aber ich habe schon nach zwei Wochen bemerkt, dass das nichts für mich ist und so entschied ich mich für ein Studium der Forstwissenschaft“, erklärt er. Die erste Station ist eine Entsiegelungsfläche, auf der drei Mitarbeiter Gras und andere Pflanzen rund um junge Bäume und Sträucher entfernen. Revierleiter Christian Block nimmt die Besucher in Empfang. Auf dem Gebiet befand sich einst eine Panzerhalle, die auf dicken Betonfundamenten stand. Davon ist nichts mehr zu erkennen.

„Wir entfernen hier regelmäßig Begleitvegetation, damit die jungen Pflanzen genug Licht bekommen“, erklärt Block die Maßnahme. Einige hundert Meter entfernt von den noch sehr kleinen Bäumen und Sträuchern befindet sich ein Gebiet mit einer Laubwaldaufforstung. Dort stehen einige Eichen, die immerhin schon einige Meter hoch sind. Der Boden ist hier sehr sandig und hat eine geringe Wasserspeicherfähigkeit. Doch allzu sehr wollen Müller und Bauling nicht eingreifen. Zwar sei Bewässerung von frisch gepflanzten Bäumen ein Thema, besonders seit der seit einigen Jahren herrschenden Trockenheit, aber ansonsten möchten sie der Natur doch möglichst viel selbst überlassen. Auch wenn diese durchaus einige Unterstützung gebrauchen kann. Zum Beispiel in Form einer Streuobstwiese.

Diese ist die nächste Station im Revier. Vor dem Auto flattert plötzlich ein hellbrauner Vogel mit prägnanter schwarz-weißer Musterung auf. „Ein Wiedehopf“, bestimmt Bauling geübt. Mit den Tieren der heimischen Natur kennt er sich aus. Einem sei er allerdings noch nicht begegnet: „Ich arbeite ja jetzt schon länger in einem Gebiet, in dem es Wölfe gibt, und dennoch habe ich bisher keinen gesehen“, bedauert er. Die meisten seiner Kollegen hätten bereits das prominente Raubtier gesichtet. „Aber vor mir scheint er sich irgendwie zu verstecken“, lacht er. Dafür sei ihm einmal ein ziemlich neugieriger Sperrlingskauz begegnet. „Ich war auf der Jagd, und der Vogel saß erst auf dem Sitzbrett des Hochsitzes, auf den ich wollte. Nach der Jagd hüpfte er dann sehr interessiert hinter mir her, wie um zu überprüfen, was ich denn da gemacht habe. Buchstäblich ein komischer Kauz.“

Viele Tiere bevölkern die Streuobstwiese. Grillen zirpen, Schmetterlinge flattern herum und Vögel zwitschern in den Ästen. Zahlreiche Apfelbäume, Kirsch- und Birnenbäume sind hier zu finden. Die letzte Station ist ein Feuchtbiotop, das angelegt wurde, um den Bestand der Schwarzstörche zu halten. Das Anlegen des Feuchtbiotopes sei eigentlich keine typische Forstaufgabe, unterstreicht aber die Vielfältigkeit des Fachbereiches. „Ich finde, das ist eine spannende Aufgabe, wenn ich mir ansehen kann, wie sich die Flächen entwickeln, und ich lerne immer wieder etwas dazu“, resümiert Bauling. Sein neuer Mitarbeiter kann ihm nur zustimmen: „Alles, was ich mir von meinem neuen Job erhofft habe, ist eingetreten.“