Hausärzte Die Patienten brauchen ihn noch
Warum Dieter Sauer nach 50 Jahren als Hausarzt mit (s)einem Rentner-Dasein hadert
Güsten
Ruhestand? Daran dachte er schon am 1. April vor fünf Jahren nur sehr ungern, als Dieter Sauer mit Patienten und Praxisteam auf sein 45. Dienstjahr in Güsten die Sektgläser klingen ließ.
„In einem Vierteljahr vielleicht...“, ließ der Facharzt für Allgemeinmedizin da als 77-Jähriger wissen, wie er über (s)ein Rentner-Dasein denkt.
Daran hat sich nun auch nach fünf Jahren nichts geändert. „Die Arbeit macht mir noch Spaß. Warum soll man da aufhören?“ sagt Dieter Sauer, als wär’s das Selbstverständlichste der Welt.
Die Arbeit macht mir noch Spaß. Warum soll man da aufhören?
Dieter Sauer, Facharzt für Allgemeinmedizin
Auch heute wüsste der gebürtige Thüringer nicht so recht, was er als Rentner machen soll. Ja, da wären die Zwillinge (fast 11). Sie halten ihn auf Trab. Und seine gut drei Jahrzehnte jüngere Frau.
Aber wie der Mediziner sagt, gebe es auch noch viele Patienten, die ihn nicht missen möchten. Hans-Joachim Siebert ist so einer. Seit 30 Jahren vertraut er Dieter Sauer seine Gesundheit an. Warum? „Einfach, weil er ein guter Arzt ist“, kommt die schlichte Antwort des Patienten.
Einfach, weil er ein guter Arzt ist.
Hans-Joachim Siebert, seit 30 Jahren treuer PatientJa, Dieter Sauer hatte schonmal Gedanken, seine Praxis zu übergeben. Das war mit 62/63. Aber da habe kein Bedarf bestanden. Man fand niemanden, der übernehmen wollte.
So blieb der Doc an Bord. Nicht, dass er nicht weiter ans Aufhören gedacht hätte. Immer wieder verschob der gebürtige Eisenacher die Ankündigung von einem Jahres-Ende auf das nächste.
Die treuen Patienten, die noch immer in die Neue Straße kommen, geben ihm jedenfalls Kraft.
Das Umfeld trieb bereits den jungen Dieter an, Wege zu gehen, die er selbst kaum für möglich gehalten hätte. „Ein Freund hat mich überzeugt, Arzt zu werden“, erzählt der erfahrene Mediziner auf die Frage, wie er auf die Idee kam, Arzt werden zu wollen.
Zu jener Zeit hatte er nach acht Klassen Schule eine zweijährige Ausbildung zum Werkzeugmacher hinter sich. „Wir waren mit 15 fertig“, erinnert er an die Zeit im Eisenacher Motorenwerk.
So ging’s erstmal für zwei Jahre zur damaligen Arbeiter- und Bauern-Fakultät nach Halle. Nach dem Abitur dann das Studium an der Humboldt-Uni Berlin und an der Akademie in Erfurt.
Schließlich bekam er mit 22 Jahren seine erste Arztstelle am damaligen Wismut-Bergarbeiterkrankenhaus im erzgebirgischen Erlabrunn.
So weit kam sein Freund, der ihm zuvor Mut gemacht hatte, und man es gemeinsam allen beweisen wollte, übrigens nicht.
Ich habe am Anfang nie geglaubt, dass man das schafft.
Dieter Sauer„Ich habe jedenfalls am Anfang nie geglaubt, dass man das schafft.“ Dieter Sauer schaffte es.
Ihn verschlug es schließlich nach Güsten, wo er sich bei Dr. Busse beworben hatte. Nicht zuletzt auch, weil der junge Arzt eine Wohnung suchte.
1971 – vor nunmehr sage und scheibe 50 Jahren – fand er sein neues Betätigungsfeld im damaligen Ambulatorium der Ränzelstecherstadt. An der Stelle, wo heute am Anhaltinerring übrigens eine neue Arztpraxis steht.
Mit den Sprechzeiten ist das Team um Dieter Sauer mittlerweile „etwas runtergegangen“, schließlich seien es auch weniger Patienten geworden, erklärt der Mediziner.
Und er gönnt sich mittlerweile auch öfters mal Urlaub, in dem es ihn und seine Familie meist ins „Dörfle“ nach Baden-Württemberg zieht. In diesem Ferienkomplex von Andrea Berg mit seinen Holzhäusern finde man bestens Ablenkung.
Und Kraft im Alltag tankt der Dienst-Jubilar mit seinen 82 Lenzen nach wie vor im eigenen Garten.