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Blumenstrauß Nach 40 Jahren zurück in der Heimat

Der Blumenstrauß des Monats Oktober geht an Giesela Volkmer. Seit zehn Jahren führt sie Besucher durch das Letzlinger Jagdschloss.

09.10.2015, 16:18

Letzlingen l Sie suchten die Ruhe und die Weite als sie vor elf Jahren zurück in die Altmark zogen. Hinter Giesela und Wilhelm Volkmer liegt eine lange Reise durch Deutschland. Giesela Volkmer (79) wurde in Hamburg geboren und floh nach dem schweren Luftangriff im zweiten Weltkrieg mit ihrer Mutter, die aus Jerchel stammte, nach Gardelegen. Damals war sie sieben Jahre alt. In Jerchel besuchte sie auch die Schule, begann anschließend eine Lehre als Verkäuferin und lernte ihren heutigen Ehemann Wilhelm (83) kennen.

„Er unterstützt mich wirklich sehr. Wenn es regnet, holt er das Auto aus der Garage, fährt mich zum Jagdschloss und holt mich auch wieder ab. Ich bin ihm sehr dankbar“, freut sie sich. 1955 kam es zur Hochzeit und in diesem Jahr im Juli bereits zur Diamanthochzeit. Neben der Arbeit und ihrer Familie absolvierte sie ein Fernstudium an den Universitäten Staßfurt und später Zwickau. „Ich musste meinen Arbeitsplan immer an das Studium anpassen, was damals noch wesentlich schwieriger war als es heute ist. Einmal in der Woche musste ich dann zu einem Seminar in Magdeburg fahren“, erinnert sie sich. In den Ferien fanden die Seminare sogar in den jeweiligen Universitätsstädten statt. Zusätzlich hatte das Ehepaar mittlerweile seinen ersten Sohn, um den es sich zu kümmern galt.

Nach ihrem Abschluss zur Unterstufen- und später zur Oberstufenlehrerin zogen die drei in die Landeshauptstadt nach Magdeburg. Dort sollten sie ganze 40 Jahre leben und ihren zweiten Sohn bekommen. Sie unterrichtete Geschichte an der ehemaligen Pablo-Neruda-Schule (heute Grundschule „An der Klosterwuhne“) und er wurde Direktor für Studienangelegenheiten an der Otto-von-Guericke-Universität in der Elbestadt.

Schon in Gardelegen organisierten Giesela und Wilhelm Volkmer das Jugendleben und so setzten sie es auch in Magdeburg fort. „Wir hatten ein Haus mit einem großen Garten in der Pablo-Neruda-Straße in Magdeburg. Ich bin also quasi direkt aus der Haustür in meinen Arbeitsplatz gefallen“, beschreibt Giesela Volkmer. Auf diese Schule ging auch ihr Sohn Bernd (59), der heute in Düren wohnt: „Ich hatte ihn sogar in Geschichte und eines Tages kam er zu mir und beschwerte sich, dass ich ihm in einem Test nur eine 2 gegeben hatte. Er hatte recht. Es hätte eine 1 sein müssen, aber ich wollte nicht, dass seine Mitschüler denken, ich würde ihn bevorzugen. Also ließ ich fortan die Klasse über seine Noten entscheiden und er bekam immer seine 1.“

Auf diese Schule ging auch ihr Sohn Bernd (59), der heute in Düren wohnt: „Ich hatte ihn sogar in Geschichte und eines Tages kam er zu mir und beschwerte sich, dass ich ihm in einem Test nur eine 2 gegeben hatte. Er hatte recht. Es hätte eine 1 sein müssen, aber ich wollte nicht, dass seine Mitschüler denken, ich würde ihn bevorzugen. Also ließ ich fortan die Klasse über seine Noten entscheiden und er bekam immer seine 1.“ Seit 2004 leben die Volkmers nun wieder in der Altmark. Sie wohnen in einem Haus in Letzlingen, ganz in der Nähe ihres geliebten Jagdschlosses. Ihre Söhne und Enkel sind mittlerweile in Düren und Mainz zu Hause.

„Wir haben immer gesagt, dass wir später einmal zurück in die Altmark ziehen werden und jeder, der es hörte, begann zu lachen. Am Ende haben wir jedoch Wort gehalten“, sagt Giesela Volkmer und lacht dabei. Seit 2005 führt sie ehrenamtlich Besuchergruppen durch das Jagdschloss von Friedrich Wilhelm IV in Letzlingen. Als ehemalige Geschichtslehrerin wusste sie natürlich bereits etwas über das Schloss und die Umgebung, jedoch musste sie sich auch noch eine ganze Menge neues Wissen anlesen. „Ich lerne auch heute noch etwas dazu. Beispielsweise wurden einige Türen im Schloss mit einer Bierlasur bestrichen. Als ich davon erzählte meldete sich ein Malermeister unter den Besuchern und erklärte mir, wie das überhaupt funktioniert. Da war ich natürlich ganz Ohr.“

In diesem Jahr führte sie bereits 18 Gruppen durch das Jagdschloss. Darunter Betriebsausflüge, Hochzeits- und Geburtstagsgäste oder Seniorengruppen. Aber nicht nur geistig, auch körperlich hält sich Giesela Volkmer fit. Sie ist Mitglied in einer Sportgruppe und macht Ausflüge in den Wald. Dabei hat sie vor kurzem sogar einen Wolf entdeckt: „Ich war unterwegs mit meiner Freundin, als wir einen Wolf sahen. Erst hielten wir es für einen Hund. Als wir aber dem Förster davon erzählten, bestätigte er, dass es hier ein Wolfsrudel gibt.“