1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. Abschied nach mehr als 4000 Geburten

Mit Erika Rentsch und Ute Müller gehen die zwei dienstältesten Hebammen in den Vorruhestand Abschied nach mehr als 4000 Geburten

Von Ilka Marten 06.10.2012, 03:13

Ingesamt waren sie bei mehr als 4000 Geburten dabei - die beiden dienstältesten Hebammen am Gardeleger Klinikum, Erika Rentsch und Ute Müller. Nun gehen sie in den Vorruhestand.

Gardelegen l Sie hat mehr als 2000 Kindern auf die Welt geholfen, werdende Mütter ermuntert und unterstützt und manchmal auch werdende Väter beruhigt. Morgen wird der letzte Tag in ihrem Arbeitsleben sein, in dem Hebamme Erika Rentsch (59) einem Baby im Kreißsaal des Gardeleger Altmark-Klinikums auf die Welt helfen könnte.

Um 13.30 Uhr beendet sie ihren Dienst und übergibt an ihre Kollegin Ute Müller (59), die am 1. Dezember ebenfalls in den Vorruhestand geht. Bei einem kleinem Empfang zur Verabschiedung von Rentsch waren gestern bei den beiden dienstältesten Hebammen im Gardeleger Klinikum und auch bei ihren Kollegen schon feuchte Augen zu sehen.

1969 begannen Rentsch und Müller ihre Ausbildungen in Gardelegen im Krankenhaus, die eine als Krankenschwester, die andere als Kinderkrankenschwester. Anschließend absolvierte Rentsch die Hebammen-Ausbildung in Magdeburg in der Landesfrauenklinik. Ihre erste Geburt als Hebamme in Gardelegen erlebte sie im Februar 1974. "Da hat das Herz geflattert", erzählt sie. Ihre Entscheidung für den Hebammenberuf stand für die ehemalige Oebisfelderin von Beginn an fest. Denn in der Allerstadt wohnte sie gegenüber vom Entbindungsheim. "Und da ging immer eine Hebamme mit ihrer Tasche rein, das hat mich schon als kleines Mädchen fasziniert", erzählt die Gardelegerin.

Ute Müller ist seit 1980 in Gardelegen auf der Entbindungsstation aktiv. "Unser Beruf ist eine Berufung", sagt Müller. Im Laufe der Jahrzehnte haben die beiden viel erlebt, glückliche Mütter, aber auch sich sorgende Eltern. "Heute muss immer alles perfekt sein, aber das Leben ist es manchmal nicht", so Müller.

Ihre eigenen Kinder entbanden Rentsch und Müller auch in Gardelegen, im Beisein der Kolleginnen. Die eigene Geburtserfahrung habe durchaus verändert. "Man kann es den Frauen nachempfinden", sagt Müller. Und Rentsch ergänzt, dass es gerade heute, wo im Fernsehen gefühlt in einer halben Stunde entbunden werde, immer wieder für die Frauen erstaunlich sei, "dass die Natur etwas vordiktiert, was man aushalten muss". Die Qualitäten, die eine Hebamme braucht sind, Geduld und "unheimlich viel Liebe und Einfühlungsvermögen", sagt Ute Müller überzeugt.

Mit den Frauen bei den schmerzhaften Wehen mitzuleiden, sei in Ordnung, aber "man darf halt nicht vor Mitleid zerfließen", so Rentsch. Und irgendwann kommt er dann, der Satz kurz vorm Ziel nach stundenlanger Anstrengung: "Augen zu, Kopf auf die Brust und Pressen." Da sei im Eifer des Gefechts auch durchaus mal zu "Kopf zu und Augen auf die Brust" geworden.

Ganz bedauerlich finden beide die steigende Anzahl an Kaiserschnitten. "Die Hebammenkunst leidet darunter", so Müller. Pflegedienstleiterin Sandra Bothe dankte Erika Rentsch gestern für die vielen Dienstjahre: "Bewahren Sie sich die Glücksmomente." Wenn auch Ute Müller im November das Team verlässt, werden weiterhin sechs Hebammen auf der Station tätig sein, denn mit Christina Bressel (23) und Anna Emilia Kerkow (22) sind zwei junge Hebammen bereits eingearbeitet.

So ganz kann Erika Rentsch aber noch nicht von den Schwangeren und Babys lassen, denn in der Vor- und Nachsorge wird sie weiterhin tätig sein. Und daher sicherlich auch mal auf der Station vorbeischauen: "Ich brauche die Luft noch ein bisschen", merkt sie schmunzelnd an. Mehr Zeit bleibt aber nun für ihre zwei Töchter, drei Enkelkinder und natürlich für ihren Mann. So ganz fernab von Schichtdiensten und Arbeit an Feiertagen. Mehr Zeit fürs Lesen und für Reisen wird sein.

Auf mehr Zeit für ihren Mann, für Sohn und Tochter sowie ihre drei Enkelkinder freut sich auch Ute Müller schon. Aber bis dahin wird sie noch einigen Kinder im Kreißsaal auf die Welt helfen.