Rosemarie Thielen, Tochter von Josef Krock, recherchiert in ihrer früheren Heimatstadt Kalbe Auf der Suche nach den Werken des Vaters
Zeitlebens hat Josef Krock, der von 1945 bis 1962 in Kalbe wohnte, hunderte Bilder gemalt. Doch sie sind bislang nirgends erfasst. Das will seine Tochter Rosemarie Thielen nun ändern. Dafür hat sich die heutige Erfurterin auf eine Reise in ihre frühere Heimatstadt und in die eigene Jugend begeben.
Kalbe l "Ich bin den Kalbensern wirklich sehr dankbar. Egal, wen ich angesprochen habe: Ich wurde von niemandem abgewiesen", erzählt Rosemarie Thielen begeistert. Sie befindet sich derzeit auf der Suche nach Bildern, die ihr Vater Josef Krock gemalt hat. Die Familie geht davon aus, dass es mehr als 400 Werke sein müssen. Rund 100 davon besitzt sie selbst. Doch wo ist der große Rest? Und wie sieht dieser aus?
Das sind Fragen, denen Rosemarie Thielen derzeit nachgeht. Die heutige Erfurterin ist dafür in ihre alte Heimatstadt Kalbe gereist, in der sie, ihre Eltern und ihre beiden Geschwister von 1945 bis 1962 gelebt haben, bevor die Familie nach Karl-Marx-Stadt zog. "Viele erinnern sich hier noch an uns", hat Rosemarie Thielen bei ihren Kontakten zu alteingesessenen Kalbensern festgestellt.Dabei sind ihr nicht nur einige Bilder ihres Vaters überlassen worden, sondern aus den Gesprächen hat sich auch mancher Hinweis darauf ergeben, wo sich noch Werke von Josef Krock befinden könnten. 14 davon hat Rosemarie Thielen in der kurzen Zeit, in der sie jetzt in Kalbe ist - sie ist erst am Sonntag angereist - bereits ausfindig machen können. Ziel ist es, diese Bilder professionell zu fotografieren und anschließend zu katalogisieren. Auf diese Weise soll das Werk des Vaters für die Nachwelt erhalten bleiben.
Thielen plant, auch der Milde-Stadt einen dieser Kataloge zur Verfügung zu stellen, "wenn das gewollt ist". Schließlich war ihr 1989 verstorbener Vater in seiner Kalbenser Zeit besonders kreativ, hat zahllose Auftragsarbeiten ausgeführt. Bei den meisten handelte es sich um Ölgemälde. Doch auch Aquarelle hat Josef Krock gemalt. Zudem hat er so manchen Gebrauchsgegenstand verschönert.
So sei ihr, erzählt seine Tochter, zum Beispiel von einem Lampenschirm berich- tet worden, auf dem ihr Vater Motive aus Kalbe abgebildet habe. Leider sei bislang nicht klar, ob es diesen Lampenschirm noch gäbe und wo er sich befinde, so Rosemarie Thielen. Sie hofft, im Zuge ihrer Recherchen aber noch auf weitere Werke ihres Vaters zu stoßen. Bis morgen ist sie dafür noch in Kalbe und Umgebung unterwegs.
Und dabei wird bei ihr so manche Kindheitserinnerung wach. Denn aufgewachsen ist Rosemarie Thielen an der Rathausstraße. Ihre Mutter Hedwig Krock, geborene Pansch, war eine waschechte Kalbenserin. Und so kam die Familie nach dem Krieg in die Altmark. Rosemarie Krock war damals zwei Jahre alt und das jüngste von drei Kindern. Das Licht der Welt hatte sie hingegen in der oberschlesischen Heimat ihres Vaters erblickt.
Dieser malte nicht nur in seiner Freizeit. Zeitweise war er als Handwerker bei der Bahn beschäftigt, später auch bei der SED-Kreisleitung und dann bei der Handelsorganisation, kurz HO, wo er den Beruf des Gebrauchswerbers ausübte.
Dank seines künstlerischen Talents hatte die Familie auch in den Jahren unmittelbar nach dem Krieg ihr Auskommen. Denn nicht selten wurde Josef Krock für seine Auftragsmalereien mit Naturalien bezahlt. Rosemarie Thielen erinnert sich an eine glückliche Kinderheit, in der sie und ihre Geschwister auch oft bei Bauern ausgeholfen haben. Und natürlich ist ihr auch die eigene Schulzeit in Kalbe noch sehr präsent.
"Eigentlich habe ich mit der Suche zehn Jahre zu spät begonnen."
Zu ihren damaligen Klassenkameradinnen zählte auch die Mutter des heutigen Bürgermeisters Karsten Ruth. Dies, so berichtet die 70-Jährige lachend, habe sie fest- gestellt, nachdem sie Ruth angeschrieben und ihn um Unterstützung bei der Suche nach den Bildern ihres Vaters gebeten habe. Sie habe auch ein Antwortschreiben aus dem Rathaus erhalten, freut sich Rosemarie Thielen. Bei ihren Recherchen, bei denen sie sich unter anderem auf der Suche nach ihr bekannten Namen durch das Kalbenser Telefonverzeichnis gewühlt hat, ist sie auch immer wieder auf den Hobbyhistoriker Henning Krüger gestoßen. Er ist ihr inzwischen ebenfalls ein guter Ansprechpartner geworden, mit dessen Hilfe sich auch schon das eine oder andere Krock-Werk angefunden hat.
"Eigentlich habe ich mit der Suche zehn Jahre zu spät begonnen", erzählt Rosemarie Thielen bedauernd. Erst in diesem Sommer sei sie überhaupt auf die Idee gekommen, nachdem sie einer Bekannten einige Bilder des Vaters gezeigt habe und anschließend von ihr gefragt worden sei, ob die Werke denn überhaupt irgendwo erfasst seien. Ihr sei natürlich aus heutiger Sicht klar, so Thielen, dass längst nicht mehr jedes Bild auffindbar sei. Dennoch hoffe sie, dass sich der eine oder andere Besitzer eines solchen Werkes noch bei ihr melde. Sie wolle ja nichts zurückhaben. Sie wolle lediglich die Gemälde dokumentieren.
Aber vielleicht, so überlegt die Frau, die das künstlerische Talent ihres Vaters nicht nur geerbt, sondern es auch an den eigenen Nachwuchs weitergegeben hat, ließe sich ja auch mal eine Ausstellung bestücken. Noch ist dies allerdings Zukunftsmusik.
Bei ihrer Reise in die eigene Vergangenheit hat Rosemarie Thielen in den zurückliegenden Tagen hingegen so manches Déjà-vu erlebt. Denn einiges in Kalbe ist in seiner Ursprünglichkeit erhalten geblieben, anderes wiederum nicht. So hat die frühere Kalbenserin zum Beispiel Probleme mit dem heutigen Erscheinungsbild der Astrid-Lindgren-Grundschule. Aber das, so sagt sie, sei wahrscheinlich eine Generationenfrage.
Um den nachfolgenden Generationen der eigenen Familie etwas mitzugeben, wird Rosemarie Thielen weiter recherchieren. Wer ihr bei ihrer Suche helfen und ihr Hinweise zum Verbleib weiterer JosefKrock-Bilder geben möchte, kann sie kontaktieren:
Telefonnummer (0177) 4311138, Mailadresse rosthie@web.de