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Brandeinsatz Brandmelder wird zum Lebensretter

Die Wohnung brennt, der Fluchtweg abgeschnitten - der Alptraum wurde für eine Miesterin und ihre vier Kinder Realität.

Von Elke Weisbach 08.01.2020, 18:06

Mieste l „Die Kinder waren im obersten Stock und kamen nicht raus. Ich habe eine Frau jämmerlich schreien gehört. Der Flur war voll Qualm. Ich wollte hoch zu den Kindern, aber der Rauch stand wie eine Wand.“ Wilhelm Kipker, der unverletzt blieb und nach dem Feuerwehreinsatz wieder in seine vier Wände zurückkehren konnte, wird diese Brandnacht nie vergessen. Er wohnt im Erdgeschoss in dem Mehrfamilienhaus an der Heinrich-Heine-Straße, in dem es in den frühen Morgenstunden in einer der oberen Wohnungen brannte. Um 3.40 Uhr wurde das Feuer gemeldet.

Wie die Polizei mitteilt, brach das Feuer nach dem bisherigen Ermittlungsstand in der betroffenen Maisonettewohnung im Wohnzimmer aus. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die 39-jährige Bewohnerin und ihre vier Kinder, die 15, 13, 9 und 5 Jahre alt sind, in der Wohnung. Der Familienvater arbeitete.

Der Brandmelder, der noch lange nach Einsatzbeginn piepte, wurde schließlich zum Lebensretter. Durch das Signal wurde die Mutter alarmiert. Beim Versuch, zu ihren Kindern vorzudringen, die in ihren Zimmern unterm Dach schliefen, wurde sie jedoch selbst schwer verletzt. Sie erlitt laut Polizei Brandwunden im Gesicht und an den Händen.

Der Fluchtweg nach unten war durch den beißenden und dichten Rauch im Treppenhaus für die Kinder abgeschnitten. Sie blieben in ihren Zimmern an den Fenstern – und „sie blieben ruhig“, lobte Miestes Ortsbürgermeister Andy Neubauer, der zum Einsatz mit vor Ort war. Die Älteren seien bereits in der Jugendfeuerwehr und wussten, was zu tun sei. Zwei der Kinder mussten mithilfe von Steckleitern durch das Dachfenster gerettet werden.

Die Bewohner aus einer der Nachbarwohnungen wurden ebenfalls mithilfe von Leitern von ihrem Balkon gerettet, auf den sie sich geflüchtet hatten. Und ihnen ist es gestern im Gespräch mit der Volksstimme ein Bedürfnis, den Feuerwehrleuten zu danken, die ihnen durch ihre ruhige Art zu helfen, die große Angst genommen haben.

Zum Brandzeitpunkt befanden sich insgesamt zwölf Personen im Haus. Es gab keine weiteren Verletzten. Alle wurden durch die Feuerwehren – aus Mieste, Dannefeld, Gardelegen, Miesterhorst, Solpke, Sachau und Köckte mit insgesamt 74 Kameraden auf 14 Fahrzeugen – evakuiert. Sie wurden zunächst erstmal anderweitig untergebracht.

Auch der Rettungsdienst war mit mehreren Fahrzeugen vor Ort. „Als wir alarmiert wurden war die Lage noch unklar“, berichtete Notfallsanitäter und Organisationsleiter für die Rettungsdienste, Robert Bent. „Vor Ort stellte sich heraus, dass in der brennenden Dachgeschosswohnung vier Kinder gefangen waren. Sie hatten sich vor dem starken Rauch auf einen Balkon und an ein Dachfenster gerettet. Wir haben umgehend die Alarmstufe 1 ausgerufen. Dies ist für uns der Massenanfall an Verletzten.“

Die schwer verletzte 39-Jährige Mutter wurde von den Rettungskräften sofort ins Gardelegener Krankenhaus gebracht. Und auch ihre vier Kinder, die zum Glück keine schweren Verletzungen aufwiesen, wurden dort für weitere Untersuchungen und die Betreuung in den nächsten Tagen stationär aufgenommen.

Das Feuer, das die Kameraden schnell löschen konnten, beschränkte sich zwar auf das Wohnzimmer, und hier hauptsächlich auf Möbel und Inventar, dennoch ist die Wohnung derzeit unbewohnbar und alles in ihr nicht mehr zu gebrauchen. Denn die gesamte Wohnung war stark verqualmt, der schwarze, ölige Ruß hat sich auf alles gelegt. Davon sind auch das Treppenhaus und Teile der anderen beiden oberen Wohnungen betroffen.

Für die betroffene Familie haben die Wobau und die Stadt Gardelegen gestern schnell und unbürokratisch eine Ersatzwohnung in der Nähe ihres Zuhauses zur Verfügung gestellt. Die Stadt startete zudem einen Spendenaufruf. Und auch der Miester Ortschaftsrat wollte sich in einer kurzfristig anberaumten Runde beraten, wie der jungen Familie, die nicht mit Reichtümern gesegnet ist, geholfen werden kann. Die unteren Wohnungen blieben weitgehend unbeschädigt und konnten wieder bezogen werden. Die Brandursachenermittler der Polizei haben ihre Arbeit aufgenommen.