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Serie: Der Wald Der Wolf im altmärkischen Wald: Mufflons sind eine leichte Beute

Wildschwein, Wolf und Co: Teil zwei der Wald-Serie der Volksstimme ist den Tieren der altmärkischen Wälder gewidmet, die eine wichtige Rolle im Ökosystem einnehmen.

Von Stefanie Brandt Aktualisiert: 3.5.2021, 14:15
Mufflons sind leichte Beute für Wölfe.  Symbolfoto:
Mufflons sind leichte Beute für Wölfe.  Symbolfoto: dpa

Gardelegen. Ein weißes Hinterteil, das schnell, in großen Sätzen den Weg kreuzt und auch schon wieder verschwunden ist, bevor man es richtig erkannt hat - so sehen wohl die meisten Begegnungen von Spaziergängern mit Wildtieren im Wald aus. Der weiße Po, der Spiegel, gehört zum Rehwild, das in der hiesigen Region häufig vorkommt. Bei anderen Wildbeständen gab es in den vergangenen Jahren Veränderungen im Bestand.

Glück muss man haben, wenn man das Rot- oder das Damwild mit seinen großen Schaufeln sehen will, denn beide sind nicht mehr flächig verbreitet. Rothirsche sind vor allem noch in der Colbitz-Letzlinger-Heide und Damhirsche im Klötzer Forst zu finden. Mit einer Kopf-Rumpf-Länge bis über zwei Meter und einer Schulterhöhe bis 1,50 Meter zählen die Rothirsche zu den Riesen im Wald.

Mufflons verschwinden

Beinahe verschwunden ist inzwischen das Muffelwild. Ralf Pieper, Revierförster in Wannefeld, benennt den Grund: „Mufflons haben dort, wo sie ursprünglich herkommen, keine natürlichen Feinde. Ihnen fehlt die Fähigkeit, sich auf Raubwild schnell einzustellen und ein Fluchtverhalten zu entwickeln. Damit waren sie leichte Beute für den Wolf.“ Innerhalb weniger Jahre habe dieser Rückkehrer den Bestand heruntergesetzt, berichtet der Förster. Restvorkommen gibt es noch in der Gegend um Arendsee und Winterfeld.

Es gebe allerdings auch Meinungen, die ohnehin fanden, dass die Mufflons nicht in die Altmark gehören. Ursprünglich kommen die Tiere, die zur Art der Wildschafe zählen, nämlich von den Mittelmeerinseln Korsika und Sardinien. „Die Mufflons sind in den 70er Jahren hier angesiedelt worden und haben die Wildbahn bereichert, ohne massive Schäden zu verursachen. Jäger waren hocherfreut, wenn sie welche in ihrem Revier hatten“, weiß Pieper. Allerdings hatte sich zum Beispiel bei Arendsee der Bestand stärker entwickelt, so dass der Populationseinbruch durch den Wolf nicht so negativ bewertet wird. „Aber auf Null wollte den Bestand keiner haben. Da hat der Wolf aber nicht danach gefragt.“

Fuchs als Fressfeind

Bei anderen Wildarten habe man gemerkt, dass sie sich erst an die Rückkehr des Wolfes gewöhnen mussten. Dieser hat aber auch bestimmte Vorlieben, würde eher selten ein großes, wehrhaftes Tier jagen, sondern mehr junge oder schwache. Selbst der Fuchs, ein Nahrungskonkurrent, wird gefressen.

Neben dem Wolf setzt vor allem die Trockenheit den Tieren im Wald in den vergangenen Jahren zu. „Es gibt hier in der Gegend, zum Beispiel um Potzehne und Jerchel herum, sehr arme Bereiche mit Sandböden. Wasserstellen, Gräben und Bäche sind knapp. Aufgrund der extremen Trockenheit sind viele Kleinstgewässer trocken gefallen. Dadurch haben sich für Wildtiere, Vögel und Insekten, die auf Wasser angewiesen sind, massive Probleme ergeben“, weiß der Förster.

Größenordnung muss stimmen

Im fein abgestimmten Zusammenspiel der Natur reguliert und beeinflusst sich alles gegenseitig. Wo es nur arme Sandböden und wenig Vegetation gibt, dort gibt es auch weniger Wildbestand, weil weniger Futter vorhanden ist. Pieper: „Wild gehört zum Wald, aber es muss eine angepasste Größenordnung haben.“ Ein Problem sei bei zu großem Bestand, zum Beispiel von Rehwild, sonst der Verbiss an jungen Bäumen, denn Triebe und Knospen schmecken den Tieren. „Da kommen wir in eine Konfliktzone, wenn man waldbauliche Ziele verfolgt und sieht, dass der Wald im Zuge der Klimaprobleme ohnehin in keinem guten Zustand ist. Es ist wichtig, dass man ihn stabilisiert und über diverse Pflanzbemühungen stabile Waldbestände schafft.“

Hier greifen die Jäger ein, die ein Zuviel an Tieren reduzieren sollen. Wichtig ist diese Aufgabe seit Kurzem auch, wenn es um das Verhindern der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest geht. „Die breitet sich über große Bestände schneller aus, deshalb muss reduziert werden. Wir haben hier in Sachsen-Anhalt bisher Glück, aber in Brandenburg und Sachsen gab es schon erhebliche Vorkommen“, weiß Pieper.

Reduzierung erwünscht

Wildschweine, das Schwarzwild, gibt es dank milder Temperaturen, Eichelmast und großer Maisanbauflächen reichlich. „Früher hat sich ein Jäger gefreut, wenn er mal einen Maisschlag in seinem Gebiet hatte. Heute ist es mitunter so, dass das halbe Revier nur noch aus Maisacker besteht und man gar nicht weiß, wo man anfangen soll mit dem Aufpassen“, macht Pieper auf das Problem aufmerksam. Denn die Jäger müssen Schäden, welche die Tiere in ihrem Gebiet verursachen, ersetzen. Mehr Mais bedeutet mehr Futter, das wiederum bedeutet, die Wildschweine vermehren sich mehr. So wachsen die Probleme.

Die Komplexität im Zusammenspiel sei vielen nicht so klar, sagt Pieper, der schon Kinder bei Waldfuchsprojekten und Waldjugendspielen dafür zu sensibilisieren versucht: „Jedes Tier spielt eine Rolle: die Pflanzen-, Fleisch-, Aas- und Allesfresser. Hier ist das Wildschwein wichtig, denn es nimmt auch Kadaver auf, genauso wie Rabenvögel.“

Für die Bekämpfung von Schädlingen wie Eichenprozessionsspinner oder Kiefernbuschhornblattwespe sind auch die Singvögel im Wald wichtig, die viele dieser Insekten vertilgen. Forstarbeiter bauen deshalb Nisthilfen für sie.

Unliebsame Gäste

Weniger gerngesehene Gäste im Wald sind die Neozoen, also Neubürger wie Waschbär, Marderhund, Mink oder Nutria. Als Pelzlieferanten eingeführt, haben sie sich über die vergangenen Jahre ausgebreitet. „Waschbären tauchen in Ortschaften auf, kontrollieren die Mülltonnen. Mitunter verdrängen sie sogar den Fuchs, der hier seit Urzeiten beheimatet ist. Jedes Kind kennt mittlerweile den Waschbären. Er sieht auch niedlich aus, wirkt aber nur harmlos. Man muss über den Tellerrand hinausschauen. Diese Tiere verändern den Lebensraum Wald massiv“, warnt Pieper.