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Der Wald Forstbetriebsgemeinschaft: Gegen große Kosten für kleinen Wald

Die altmärkischen Privatwaldbesitzer sind meist in Forstbetriebsgemeinschaften organisiert. Um deren Sinn und Zweck geht es im letzten Teil der Serie „Der Wald“.

Von Stefanie Brandt Aktualisiert: 31.05.2021, 09:00
Försterin Simone Bruckert von der Revierförsterei Cröchern ist Ansprechpartnerin für die Waldbesitzer.
Försterin Simone Bruckert von der Revierförsterei Cröchern ist Ansprechpartnerin für die Waldbesitzer. Foto: Stefanie Brandt

Letzlingen - „Gemeinsam sind wir stark“ – dieses Motto gilt auch für Waldbesitzer. In Sachsen-Anhalt gibt es 141 Forstbetriebsgemeinschaften (FBG) mit circa 20 000 Mitgliedern, die zusammen rund 100 000 Hektar Fläche ihr Eigen nennen. Zehn Betreuungsforstämter mit angestellten Revierförstern stehen bereit, um sich um deren Anliegen zu kümmern. Unterstellt sind sie dem Landeszentrum Wald. Dabei ist im Regelfall jeder FBG ein Revier und damit ein Förster zugeteilt.

Simone Bruckert ist eine der Revierförsterinnen des Betreuungsforstamtes Letzlingen. Sie betreut seit 20 Jahren das Revier Cröchern und ist damit erste Ansprechpartnerin für die Forstbetriebsgemeinschaft „Am Diek“. „Ich habe 1860 Hektar Wald in der Betreuung, der 215 verschiedenen Besitzern gehört. Dabei gibt es solche, die 30 Hektar haben, und andere mit unter einem Hektar“, informiert die Försterin.

Gute Gründe für den Zusammenschluss

Damit diese Waldbesitzer, gerade jene mit sehr kleinen Flächen, in unserer globalisierten Welt überhaupt eine Chance haben, ihren Wald halbwegs wirtschaftlich vermarkten, bearbeiten und pflegen zu können, gibt es die Forstbetriebsgemeinschaften. „Das sind freiwillige Zusammenschlüsse von Waldbesitzern einer Region. Meist sind sie als wirtschaftliche Vereine mit einem Vorstand, der aus den Reihen der Mitglieder gewählt wird, organisiert“, so Bruckert.

Der Zusammenschluss hat unter anderem finanzielle Gründe. Die Försterin: „Auch bei den Waldbesitzern, die 30 Hektar haben, sind die Flächen oft auf viele verschiedene Flurstücke und Gemarkungen verteilt. Und selbst für zehn zusammenhängende Hektar kommt noch lange kein Unternehmer mit seinen Maschinen angereist und bewirtschaftet meinen Wald.“

Der Bezug fehlt zunehmend

Zudem gebe es immer mehr Waldbesitzer, die keinen richtigen Bezug mehr zu ihrem Bestand hätten, zum Beispiel weil die Grundstücke geerbt wurden, die neuen Besitzer aber längst ganz woanders wohnen. Teils wissen diese dann selbst nicht einmal mehr genau, wo ihr Wald eigentlich liegt. Trotzdem muss sich jemand darum kümmern. Da hilft die Organisation in den FBGs.

Zu deren Aufgaben gehören zum Beispiel die Verbesserung der Bewirtschaftung und der Ausgleich von Strukturnachteilen, die Planung der forstlichen Maßnahmen, das Verhandeln der Holzpreise und der Verkauf des Holzes, die Organisation des Einschlages, der Aufforstungen und Pflegemaßnahmen, die Ausschüttung des Reingewinns nach dem Holzeinschlag, die Bündelung von Fördermaßnahmen und die Organisation von Versammlungen und Exkursionen.

Da die Vorstände der FBGs auch nur ehrenamtlich arbeiten, nehmen viele der Gemeinschaften das Angebot zur entgeltlichen Betreuung durch die Forstämter des Landeszentrum Wald an. Dann erfolgen Arbeiten wie das Auszeichnen, Einsatz und Kontrolle von Firmen, die im Wald arbeiten, die Beantragung von Fördermitteln und ähnliches durch einen Revierförster.

„Wir erstellen dann Pläne, aber der FBG-Vorstand muss zum Beispiel sagen, wieviel Einschlag und Aufforstung gemacht werden soll“, erklärt Bruckert zur Aufgabenteilung. Auch bei den Fördermaßnahmen sei die Bündelung wichtig.

Bündeln für mehr Fördergelder

Als Beispiel führt sie eine kleine Rechnung an: „Wenn zum Beispiel Gras in einer Kultur gemäht werden muss und das 500 Euro kostet, weil die Fläche klein ist, stellt der Waldbesitzer einen Antrag auf Förderung. 425 Euro würden ihm zustehen, er liegt damit aber unter der Mindestsumme, ab der man überhaupt erst einen Antrag stellen darf. Bei der Aufforstung liegt die Grenze zum Beispiel bei 1000 Euro Antragssumme.“ Der Waldbesitzer allein würde also gar kein Geld erhalten. Zudem haben die Kleinstwaldbesitzer meist auch nicht die besten Böden und damit nicht das beste Holz, so dass ihre Verkaufserlöse am geringsten wären, ihre Kosten aber am höchsten.

Die FBGs funktionieren hier nach einem solidarischen Prinzip, die „Großen“ tragen die „Kleinen“ in gewisser Weise mit. Finanziert wird die Arbeit der FBG „Am Diek“ aus 15 Prozent der gemeinsamen Erlöse aus dem Holzeinschlag, Fördermitteln und Aufnahmebeiträgen. In anderen Fällen gibt es auch FBGs, die zum Beispiel Mitgliedsbeiträge erheben.

Durch die Mitgliedschaft in einer FBG werden aber keine Arbeiten über den Kopf der Waldbesitzer hinweg ausgeführt. „Jeder Waldbesitzer wird zu jeder Maßnahme angeschrieben und kann sich äußern“, stellt Bruckert klar. So könne ein Waldbesitzer durchaus sagen, wenn er trockene Bäume erst im nächsten Jahr herausholen, oder wegen der schlechten Preise in einem Jahr mal gar kein Holz verkaufen wolle.

Arbeiten nach einem solidarischen Prinzip

Nur in ganz seltenen Fällen, wenn sich Waldbesitzer auf Dauer gegen einen Holzeinschlag in ihrem Wald verwehren und damit nichts zu den genannten 15 Prozent Erlös, durch den die Arbeiten finanziert werden, beitragen, kann es Konsequenzen geben. „Es ist eine Solidargemeinschaft und die Pflege und der Erhalt des Waldes stehen im Vordergrund. Über Konsequenzen bis zur möglichen Kündigung als letztes Mittel, entscheidet im Endeffekt dann die Mitgliederversammlung der FBG.“ Generell gebe es aber eigentlich keine Diskussionen, zumal im Geschäft mit dem Wald ohnehin langfristig gedacht werden muss. „Wenn einer eine ganz neue Kultur anlegt, ist klar, dass in den nächsten 30 Jahren nichts reinkommt“, weiß Bruckert.

Sie ist bei allen fachlichen Fragen Ansprechpartnerin und versucht auch bei Versammlungen und Exkursionen – ob ins Zellstoffwerk nach Arneburg oder zu einem Harvester-Einsatz – die Waldbesitzer gründlich zu informieren und mit Klischees aufzuräumen. Fragen zur Preisentwicklung des Holzes, Waldschutzproblemen oder zur Aufforstung – das alles beantwortet sie und kennt auch die Wünsche der Waldbesitzer.

Dazu zählen zum Beispiel die Anerkennung der vielfältigen unentgeltlichen Leistungen des Waldes wie CO2-Bindung, Wasserspeicherung, Erholungsmöglichkeiten. „Sie wollen aber auch, dass der Wald nicht als Müllkippe benutzt wird, dass die Waldbesucher sich vernünftig verhalten“, so Bruckert weiter.

Waldumbau kann nur langfristig geplant werden

Wichtig sei auch ein Verständnis der Bevölkerung für einen langfristigen Waldumbau in stabile Mischbestände. „Denn selbst mit Fördermitteln sind diese Maßnahmen sehr kostenintensiv. Der Eigenanteil für Aufforstung und Pflege ist erst nach 50 Jahren gedeckt. Die ersten Erlöse gibt es zwar ,schon’ nach 30 Jahren, aber die Kosten für den Wald, also Steuern, Waldbrandversicherung, Berufsgenossenschaft, Beförsterung, Boden- und Wasserverbände, sind ständig da.“

Gerade weil mit dem Wald also nicht das große Geld zu machen ist, freut es die erfahrene Försterin, dass dennoch viele kleine Waldbesitzer an ihren Beständen festhalten: „Ich finde es schön, weil sich dadurch viele Menschen mit dem Thema beschäftigen müssen. Bei Ackerland ist es ja oft so, dass es an Landwirte verpachtet ist und die Leute gar keinen Bezug mehr dazu haben.“