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Freispruch Schlägerei am Neujahrstag

Ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung in Gardelegen wurde eingestellt. Die Zweifel an der Schuld des Angeklagten waren zu groß.

Von Ilka Marten 17.11.2016, 18:12

Gardelegen l Mit einem Freispruch endete für einen 33-Jährigen aus einem Klötzer Ortsteil ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Gardelegen. Angeklagt war der Mann, weil er am Neujahrstag zwei Personen bei einer Schlägerei verletzt haben soll.

„Er kann es, muss es aber nicht gewesen sein“, sagte Strafrichter Axel Bormann. Und wenn es Zweifel gebe, dann folge ein Freispruch aus tatsächlichen Gründen, so der Richter. Er ließ jedoch auch durchblicken, dass schon einiges dafür spreche, dass der 33-Jährige einer der zwei Täter gewesen sei.

Am 1. Januar soll der Mann zusammen mit einem weiteren Täter gegen 5 Uhr in einem Klötzer Ortsteil einen 22-Jährigen geschlagen haben. So schilderte es zumindest die Freundin des Opfers. Sie gab an, dass der 33-Jährige der Täter ist. Auf ihn gekommen war sie durch Bildrecherchen ihrer Mutter bei Facebook.

Der 22-Jährige, der die Schläge und Tritte abbekam, konnte ihn am Tattag nicht eindeutig identifizieren. „Ich lag da zusammengekauert und habe nur eine große Gestalt mit Bart und Kapuze gesehen.“ Erst als seine Freundin ihn mit Piercing und Bart beschrieb, fiel ihm der mögliche Täter ein: „Mir fiel nur einer ein“, sagte der 22-Jährige auf Nachfrage des Richters, wie er den Mann im Nachgang identifizieren konnte. Bei der Schlägerei fielen zudem Sätze wie: „Am Konsum kannst du stehen, aber deine Schulden nicht bezahlen.“

 Am Konsum hatten der Angeklagte und der 22-Jährige mehrfach zusammengestanden und Bierchen mit anderen getrunken. Dass es bei der Schlägerei um irgendwelche Schulden ging, bezeugten die Freundin und die andere junge Frau.

Entzündet hatte sich der Streit an diesem Abend, weil der 22-Jährige seine letzten Böller in Richtung einer Bushaltestelle geworfen hatte. „Was man halt so macht, wenn man getrunken hat“, fügte er fast entschuldigend hinzu. Als dann von Leuten an der Haltestelle, die er nach eigener Aussage zuvor nicht gesehen hatte, eine Antwort kam, habe er gesagt: „Wenn was ist, kommt doch.“ Und dann kamen die zwei Täter. Er habe einen Schlag bekommen und sei dann zu Boden gegangen, erinnerte sich der 22-Jährige.

Eine Zeugin berichtete von einem Tritt in die Seite. Der zweite Täter aus dieser Nacht wurde bisher nicht ermittelt. Die Freundin des 22-Jährigen, die ihm helfen wollten, wurde von einem der Täter derb zurückgeschubst, so dass sie mit dem Kopf gegen eine Wand schlug. Die junge Frau nahm das Geschehen am Neujahrstag extrem mit, auch vor Gericht war sie noch sehr nervös und ängstlich.

Der Angeklagte blieb von Beginn an bei seiner Version der Silvesternacht: er war bei einer Silvesterfeier, ging um halb zwei allein nach Hause, trank mit Ehefrau und Schwiegermutter noch etwas und verschwand ins Bett. Ehefrau und Schwiegermutter bezeugten das vor Gericht, erinnerten sich teilweise sogar, was sie getrunken hatten.

Die Aussagen der drei Zeugen, die ihn als möglichen Täter belasteten, nahm der Angeklagte mit stoischer Ruhe hin. „Sie müssen sich doch vorkommen wie im falschen Film! Aus Ihrer Sicht muss doch das boshaft sein“, wandte sich der Richter an den Angeklagten, als die zweite junge Frau als Zeugin ausgesagt hatte. Sie identifizierte den Mann als Täter – sie hatte von der Freundin des Opfers ein Facebook-Bild zugeschickt bekommen und ihn erkannt.

Die unterschiedlichen Aussagen der Zeugen bei den genannten Piercings beim Täter, die „ungeeignete Bildrecherche“ bei Facebook ließen den Staatsanwalt am Ende Zweifel haben. Er beantragte einen Freispruch. Der Richter sprach den Mann nach zwei Verhandlungstagen frei.

Ärger hätte sich fast der 22-jährige Zeuge eingehandelt. Er war trotz Ladung nicht zum ersten Verhandlungstag erschienen. „Das fand ich frech und unverschämt“, sagte Richter Axel Bormann. Der Mann dazu: „Ich habe nicht mehr dran gedacht. Es tut mir leid.“ Allerdings waren seine Freundin und seine Schwiegermutter zur ersten Verhandlung erschienen. Bormann merkte noch an, dass er den Zeugen auch von der Polizei an seinem Betrieb hätte abholen lassen können. „Das hätte Gesprächsstoff gegeben“, so der Richter.