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Fundhund Ausgesetzt und im Stich gelassen

Hund Jack wurde in Gardelegen an eine Laterne angebunden. Ein Zeitungsleser erkannte den Hund. Jetzt droht der Besitzerin eine Anzeige.

Von Petra Hartmann 04.04.2019, 19:00

Gardelegen l Der kleine hellbraune Herzensbrecher wuselt zwischen den Beinen der Tierheimmitarbeiter herum. Manche rufen ihn „Nando“, manche „Speedy“, aber der Name „Jack“ wird wohl hängen bleiben an dem quirligen Hündchen. Auf den hört er nämlich, haben die Helfer herausgefunden. Inzwischen ist der drei bis vier Jahre junge Rehpinscher wieder vergnügt und äußerst beweglich. Nicht zu vergleichen mit dem Tier, das am Montagmorgen, 18. März, in der Otto-Nuschke-Straße gefunden wurde. Allein, angebunden an einer Laterne und von seinem Herrchen verlassen.

Anwohnern war er schließlich aufgefallen, weil er bellte, und das über einen längeren Zeitraum hinweg, ohne dass sich ein Mensch um ihn kümmerte. Schließlich holte das Ordnungsamt den Vierbeiner ab und brachte ihn ins Tierheim nach Satuelle, kurz danach, als das Gardeleger Tierheim bereit zur Neueröffnung war, kehrte er zurück in die Hansestadt. Er wurde der erste Neuzugang des am Montag dieser Woche offiziell wieder eröffneten Tierheimes.

„Er war vollkommen verstört“, berichtet Tierheimleiterin Carmen Koch, „wir mussten ihn ja notgedrungen erstmal draußen im Zwinger einsperren. Sobald wir uns umgedreht haben, hat er sich schon die Seele aus dem Leib geheult.“ Die Quarantäne hatte er bereits in Satuelle überstanden, eine Tierärztin hat ihn inzwischen entwurmt, gechippt und wird ihn in der nächsten Woche impfen.

„Ich kann es nicht verstehen, dass jemand einem Tier so etwas antun kann“, sagt Carmen Koch. Vor allem, weil der verspielte junge Pinschermischling sich so schnell in die Herzen der Tierheimmitarbeiter hineingeschmust hat.

Aber man sieht sich immer zweimal im Leben. Denn als die Volksstimme ein Foto des Fundhundes veröffentlichte, hatte ein Leser den Kleinen ihn wiedererkannt. Und damit stellte sich auch heraus, wer der Besitzer war. Es soll sich um eine Frau aus Gardelegen handeln, und sie soll den kleinen Hund wohl auch schon einmal ausgesetzt haben, hatten Mitarbeiter des Tierheimes in Erfahrung gebracht.

Eigentlich ein Grund, die Frau anzuzeigen. Tierheimleiterin Carmen Koch hat allerdings bisher von der Anzeige abgesehen. Ihr ist vor allem daran gelegen, dass die Besitzerin freiwillig auf ihren Hund verzichtet, damit dieser neu vermittelt werden kann. Fundhunde dürfen laut Gesetz erst nach sechs Wochen vermittelt werden. Wenn die Besitzer Ansprüche geltend machen und es womöglich zu einem Gerichtsprozess kommt, verzögert sich die Angelegenheit – zum Nachteil des Tieres. Darum möchte Carmen Koch in Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt das Gespräch mit der Frau suchen und Jack ohne gerichtliche Auseinandersetzungen übernehmen.

Der Fundhund will ganz bestimmt nicht zurück. Denn inzwischen hat der quirlige Pinscher längst seine neue große Liebe gefunden: Die Gardelegerin Christina Wagner hat ihn bei einem Besuch im Tierheim kennengelernt, und der Funke sprang sofort über.

Inzwischen ist sie bereits mehrfach vorbeigekommen und hat ihn zu einem gemeinsamen Spaziergang abgeholt. Und sie hat auch schon ausprobiert, wie Speedy und ihre beiden eigenen Hunde mit einander klarkommen. Sie besitzt nämlich bereits eine Chihuahua-Dame und einen Jack-Russel-Rüden. „Die drei verstehen sich sehr gut“, erzählt sie, und ihre Augen leuchten. Bereits seit dieser Woche wohnt Jack nun bei ihr, und sie hat offiziell die Pflegschaft übernommen. Was sie und ihre Familie angeht, steht einem Happy End für den traurigen Fundhund nichts mehr im Wege.