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Borstenvieh Rudi- Herkunft unbekannt - ist seit Wochen der Liebling aller Mitarbeiter Gardeleger Tierheim hat jetzt Schwein

Von Gesine Biermann 29.08.2012, 05:15

Seit einigen Wochen dringt im Gardeleger Tierheim neben Miauen und Bellen deutliches Grunzen aus einem der Zwinger: Grund für die außergewöhnlichen Geräusche ist Rudi Rüssel. Seit kurzem wohnt das Schweinchen hier und ist schon der Liebling der Mitarbeiter.

Gardelegen l Wäre Rudi ein Hund, man könnte ihm nur die nettesten Eigenschaften attestieren. Denn Rudi hat ein sanftes Wesen, kläfft nicht laut herum, hat ganz liebe Augen und ist total verschmust. Am liebsten hat er es, wenn er ordentlich gekrabbelt wird. Dann macht er seine Äuglein zu und schmatzt ein bisschen. Auch an der Leine würde er wohl nicht zerren. Denn selbst das tägliche Gassi gehen mit Rudi fällt flach. Nur stubenrein, zugegeben, wird er wohl nie werden. Rudi ist eben ein Schwein. Und zwar ein echtes.

Seit gut vier Wochen wohnt das mehrfarbige Borstenvieh nun schon im Gardeleger Tierheim. Rasse unbekannt. Herkunft unbekannt. "Im April haben wir ihn zum ersten Mal gesehen", erzählt Tierheimchefin Petra Gewasda. Da trieb sich Rudi immer nahe des Tierheimgrundstückes an der Lüffinger Chaussee herum. Einfangen ließ er sich nicht. Füttern dafür um so lieber. "Wir haben ihm dann hier gleich am ehemaligen Schweinestall (einst die Quarantänestation des Isenschnibber Gutes) immer was hingestellt", erzählt Gewasda. Und Rudi ließ es sich schmecken. Hereinkommen wollte er allerdings nicht. Sämtliche Versuche, ihn zu locken, schlugen fehl.

Eines Tages dann war Rudi plötzlich wieder verschwunden. Warum, das weiß ebenfalls niemand. Schon kurz darauf kam dann allerdings ein Anruf: Ein Gardeleger, der im nahen Gewerbegebiet ein Geschäftsgrundstück hat, berichtete, dass er ein Schwein bei sich eingefangen habe. "Wir wussten sofort, das ist unser Rudi", versichert Petra Gewasda. Ihr Mann Kurt und Mitarbeiterin Sabine Schenk holten Rudi dann ab. "In einer Hundebox" ließ er sich schließlich im Tierheimauto chauffieren. Seither gehört ihm ein Zwinger ganz allein. "Wir haben ihn auch schon beim Veterinäramt angemeldet und uns über notwendige Impfungen erkundigt", versichert Gewasda.

"Wir haben bis jetzt noch nicht herausgefunden, ob Rudi überhaupt männlich ist"

Schließlich habe hier noch nie jemand mit einem Schwein zu tun gehabt. Doch ganz offensichtlich machen die Tierheimmitarbeiter alles richtig. Denn Rudi fühlt sich augenscheinlich sauwohl hier.

Apropos Sau: "Wir haben noch nicht herausgefunden, ob Rudi überhaupt männlich ist", gibt Petra Gewasda zu. Rudi könnte also möglicherweise auch eine Rudiline sein. Den Mitarbeitern ist das allerdings egal. Sie haben ihren neuen Bewohner schon fest ins Herz geschlossen. Und auch die anderen Tiere scheinen ihn zu akzeptieren. Als er mal aus dem Zwinger weggelaufen sei - die Tür war wohl nicht richtig zu, Rudi nutzte seine Chance und Kurt Gewasda musste ihn mit dem Lasso wieder einfangen - sei er eine ganze Nacht stundenlang durchs Gelände gestromert. Und zwar völlig unbehelligt von Wachhund Paul, der auch frei auf dem Gelände herumläuft. "Er hat ihm nichts getan", freut sich Gewasda. "Wahrscheinlich weiß auch er, dass Rudi jetzt hierher gehört."

Vielleicht liegt das mit dem friedlichen Miteinander aber auch daran, dass Rudi seinen vierbeinigen Kollegen futtertechnisch so gar nicht in die Quere kommt. Denn er ist mit ein paar gedämpften Kartoffeln und eingeweichtem Brot glücklich. Ein Speiseplan, den Gewasda einfach mal zum Anlass nimmt, um an die Gardeleger zu appellieren: "Getrocknetes Brot, natürlich ohne Schimmel" sei nämlich wegen Rudi im Tierheim derzeit immer willkommen. Kartoffeln natürlich auch. Die bräuchten auch keine 1a Qualität zu haben. "Vielleicht", so Gewasda, "hat ja auch ein Landwirt hier aus der Gegend ein paar Kartoffeln für Rudi übrig."

"Vielleicht kriegen wir ihn zahm, dann könnte er ein Maskottchen im Tierheim sein"

Der nämlich liebt die Knollen. Aber: Obwohl laut Lehrbuch ein Allesfresser, alles fresse Rudi dann allerdings doch nicht, versichert Gewasda. "Ich habe es mal mit Kartoffelschalen versucht, die hat er einfach liegenlassen." Die kleine Kotelettlokomotive ist also offensichtlich ein Feinschmecker.

Indes: Das Wort Kotelett hört Petra Gewasda gar nicht so gern, wenn es um Rudi geht. Deshalb soll das Schwein auch nicht vermittelt werden. "Die wollen ihn doch nur alle aufessen!", befürchtet die Tierheimleiterin. Und das will sie sich gar nicht erst vorstellen.

Selbst die wohl eher scherzhaft gemeinten Vorschläge ihres Teams, den Rudi auf dem Ende Oktober geplanten Tag der offenen Tür im Tierheim den Gästen anzubieten - vielleicht mit Sauerkraut und Brot - findet Gewasda gar nicht witzig. "Dann besorgen wir dafür ein anderes Schwein", versichert sie. Denn wenn man so einen kleinen Kerl einmal gefüttert, ihm in die Augen geschaut und gekrault habe, könne man doch wohl nicht mehr an Schwein am Spieß denken, protestiert sie, krault Rudi liebevoll hinter seinen Schweinohren... und als ob der versteht, was die Chefin da gerade erzählt, grunzt er zweimal, schmatzt zufrieden und drängt sich liebevoll gegen ihre Hand.

So viel Charme kann sich schließlich niemand entziehen. Rudi darf also bleiben. "Vielleicht kriegen wir ihn ja auch zahm, dann könnte er so etwas wie Maskottchen im Tierheim sein", hofft Gewasda. Ein bisschen Schwein kann schließlich auch das Tierheim immer mal gebrauchen.