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Gedenkstätten Ärger wegen des Wahlprogramms

Ein Punkt aus dem vorläufigen Wahlprogramm der AfD sorgt für Kritik. Es geht um die Gedenkstätten für die Kriegsopfer.

Von Cornelia Ahlfeld 23.03.2019, 04:00

Gardelegen l „Ehrenvolle Anerkennung der Kriegsopfer – wir setzen uns für eine bessere Pflege der Kriegsgräberstätten in und um Gardelegen ein. Während sich einige Gräberstätten durch Vereine und Schulgruppen in ständiger Pflege befinden, verkommen andere Gedenkstätten deutscher Kriegsopfer zunehmend. Hier bedarf es einer finan- ziellen Aufarbeit.“ Dieser Punkt im vorläufigen Wahlprogramm des AfD-Kreisverbandes Altmark West hat den Kreisverband Deutsche Kriegsgräberfürsorge – in Abstimmung mit dem Landesverband – zu einer Stellungnahme veranlasst. „Das Gedenken gilt dabei den Kriegstoten aller Nationen und in besonderer Weise den Opfern von Gewalt und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, stellt der Vorsitzende des Kreisverbandes, Hans-Joachim Becker, klar.

Ein Gedenken nur für die deutschen Opfer, wie es am Volkstrauertag auf den Schleifen von Vertretern der AfD und rechter Gruppierungen steht, zeigt, dass die Betreffenden aus der leidvollen Geschichte nichts gelernt hätten und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nicht kennen oder nicht respektieren wollen. „Die meisten Menschen, so glaube ich, sind sich darin einig, dass dem Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt gerade in der heutigen Zeit höchste Aufmerksamkeit zukommen sollte“, betont Becker. Nur durch die Erinnerung an die zahlreichen Opfer der Genozide und Gewaltverbrechen im Dritten Reich und die vielen Toten beider Weltkriege könnten Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und Menschlichkeit, Frieden und Völkerverständigung bewahrt werden.

Die Stadt Gardelegen habe seit der Wende in Zusammenarbeit mit dem Kultur- und Denkmalpflegeverein, dem Förderverein Isenschnibber Feldscheune, den Schulen und Kirchen der Region, der Deutschen Kriegsgräberfürsorge und vielen anderen Partnern viel geleistet und eine nachhaltige Gedenkkultur gefördert. „Wer Menschen wie Alexander Gauland und Björn Höcke folgt, die behaupten, dass die Verbrechen der Nazidiktatur und der Zweite Weltkrieg nur ein ‚Vogelschiss in der tausendjährigen erfolgreichen deutschen Geschichte‘ seien und die deutsche Geschichte gänzlich umgeschrieben werden müsste, den muss man fragen, ob es ihm bei seinem Einsatz für die Pflege deutscher Kriegsgräberstätten um die Anerkennung des Leids aller Opfer von Krieg und Gewalt geht oder nur um die Wiederbelebung nationalistischer Denkmuster und alter Ressentiments“, so Hans-Joachim Becker.

„In unserem Wahlprogramm steht: Ehrenvolle Anerkennung der Kriegsopfer, womit wir alle Kriegsopfer meinen“, stellt AfD-Kreisverbandsvorsitzender Sebastian Koch gestern auf Volksstimme-Anfrage klar. „Mit keinem Atemzug“ habe man seitens der AfD die bisherige Arbeit der Kriegsgräberfürsorge kritisiert, „auch nicht in irgendeiner Form den Verdacht gegeben, wir wollten andere auslassen“.

Der AfD scheine es allerdings so, dass die „eigenen Kriegstoten oftmals vernachlässigt werden.“ So würden unter anderem Schulklassen die Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe pflegen, eine AG Stolpersteine gründen, und es würden Patenschaften für die Gedenksteine vergeben. Wenn sich auf der anderen Seite die Dorfbewohner nicht um ihre eigenen Gedenkstätten kümmern würden, gebe es dort de facto keine Pflege.

„Zum Beispiel die Grabstätte in Wiepke, wo der Zaun baufällig scheint, oder das Fliegergrab in Ziepel, wovon nur noch ein stiller Grashügel eines einst schönen Grabes übrig ist“, zählte Koch auf. Er sei bereit, mit dem Kreisverband Deutsche Kriegsgräberfürsorge ins Gespräch zu kommen, um „kritische Punkte abzuarbeiten“.

Ob das passieren wird, bleibt abzuwarten, denn in der Stellungnahme des Kreisverbandes Deutsche Kriegsgräberfürsorge betont Becker: „Auf diese Helfer können wir bei der Pflege unserer Gedenkstätten verzichten.“