Forstschädling Gifteinsatz im Revier Jerchel
Ein von der Kiefernbuschhornblattwespe befallenes Waldgebiet ist am Wochenende großflächig mit Insektiziden aus der Luft besprüht worden.
Jerchel l Es war eine konzertierte Blitzaktion, von deren Erfolg alle Beteiligten überzeugt sind: Am Sonnabend wurden 402 Hektar Kiefernwald südlich von Ipse und Ziepel sowie nördlich von Potzehne aus der Luft mit „Karate“ bekämpft. So nämlich heißt das Kontaktinsektizid, das der Kiefernbuschhornblattwespe den Appetit verderben soll. Nach dem Besprühen sterben deren Larven nämlich ab. Eine ganze Invasion dieser kleinen Raupen hatte sich in den vergangenen Wochen durch die Kiefern gefressen. Der Baumbestand war damit bedroht. Ohne die Aktion würden vermutlich alle Bäume absterben und lediglich als Brennholz vermarktet werden können. „Wir schützen damit das Eigentum der Waldbesitzer“, machte Doktor Pavel Plasil deutlich. Der Mitarbeiter der Norddeutschen Forstlichen Versuchsanstalt Göttingen war am Sonnabend für die Aktion verantwortlich.
Mit dabei waren zudem Dietmar Specht, Direktor des Landeszentrums Wald Halberstadt, und seine Kollegin, die Waldschutzbeauftragte Sylke Mattersberger sowie Claus Baum, Leiter des Betreuungsforstamtes Letzlingen, und einige seiner Mitarbeiter. Ausgeführt wurden die Arbeiten von einer Spezialfirma. Per Helikopter wurde das Insektengift über die zuvor genau festgelegten Gebiete ausgebracht. „Der Pilot hat eine digitale Karte. Wo er sprüht, wird außerdem aufgezeichnet“, erläuterte Plasil. So könne im Nachhinein die Aktion auch genau belegt werden. Gemischt wurde das Insektenschutzmittel am Sonnabend auf dem Hohen Feld nahe Jerchel. Dort wurde auch der Helikopter betankt – Arbeiten, die von der Spezialfirma ausschließlich in Schutzbekleidung ausgeführt werden durften.
Zum Schutz der Bevölkerung war das gesamte Gebiet zuvor abgesperrt worden. „Es wurde heute morgen aber noch mal alles kontrolliert“, betonte Dietmar Specht. Zudem würden die Piloten darauf achten, ob sich Menschen in der Nähe aufhalten, ergänzte Plasil. Lebensgefahr bestehe im Ernstfall jedoch für keinen Betroffenen, solange er keine Schmetterlingsart sei, fügte Plasil hinzu. Allerdings könnten bei empfindlichen Menschen Allergien oder Hautirritationen hervorgerufen werden. Bis zum 3. Oktober dürfen in den betroffenen Gebieten nun keine Pilze oder Beeren gesammelt werden. Schutzmaßnahmen gab es nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Ameisen. „Die Randgebiete der Wälder werden zum Beispiel ausgespart“, informierte Plasil. Dort gebe es die meisten Ameisenhügel.
Plasil lobte ausdrücklich die Schnelligkeit, mit der die Entscheidung für die Aktion getroffen wurde – die übrigens rund 100 000 Euro kostet und vom Land bezahlt wird. Innerhalb von nur wenigen Tagen war sie im Ministerium gefallen. Das sei in anderen Bundesländern oft nicht der Fall, aber absolut wünschenswert. Denn nur durch das schnelle Eingreifen können die Bäume ausreichend geschützt werden, so der Wissenschaftler.
Auch für die Mitarbeiter der Behörden war eine solche Aktion, wie sie am Sonnabend stattfand, nichts Alltägliches. „Das letzte Mal haben wir so etwas vor drei Jahren in Klietz gemacht“, erinnerte sich Sylke Mattersberger. Dass das Besprühen überhaupt notwendig wurde, sei mehreren Faktoren geschuldet, die niemand beeinflussen könne. Insbesondere monatelange Trockenheit schon zu Beginn des Sommers sorgte dafür, dass sich innerhalb eines Jahres eine zweite Generation des Schädlings entwickeln konnte. „Die Klimaerwärmung ist definitiv bei uns angekommen“, machte Specht deutlich.