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Kampfmittel Keine Angst, aber Respekt

Im Zerlegebetrieb bei Gardelegen werden Bomben, Geschosse und Munition aus ganz Sachsen-Anhalt gelagert und vernichtet.

Von Doreen Schulze 08.03.2019, 11:00

Hottendorf l Es knackt und rumort im thermischen Ofen. Es klingt so, als ob viele kleine Kugeln gegen die Wand springen. Rauch steigt aus der Esse auf. Im Inneren der Anlage befinden sich Stahlkugeln, die die Geschosse, Bombenteile und scharfe Munition umhüllen. In der Anlage bringt auf 500 Grad erhitzte Luft die Geschosse zur Explosion. Die gefährliche Munition wird so vernichtet. Aus einer Schütte fallen die Reste heraus. Von den Kampfmitteln bleiben nur noch Schrottteile übrig.

Wann immer eine Bombe, ein Blindgänger, Minen, Munitionsteile und Granaten in Sachsen-Anhalt entdeckt werden, rücken die Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes, der der Polizeidirektion Zentrale Dienste in Magdeburg unterstellt ist, an. „Vor Ort entscheiden wir, ob wir die Munition vor Ort entschärfen, ob wir vor Ort kontrolliert mit Hilfe von Sandsäcken und so weiter sprengen oder ob wir abtransportieren müssen“, berichtet Torsten Kresse, Einsatzleiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes. In jedem Fall kommen die Überreste in den Zerlegebetrieb am Rande der Colbitz-Letzlinger Heide. Es ist der einzige Zerlegebetrieb in Sachsen-Anhalt. „Die ganze Munition, die wir finden, kommt hier her, wird hier gelagert, bis sie vernichtet wird.“ Und das passiert im thermischen Ofen – umweltgerecht. In den Ofen kann aber nur Munition bis zu einer Größe von 15 Kilogramm vernichtet werden. Alles, was umfangreicher ist, wird unter großen Sicherheitsvorkehrungen per Computertechnik zersägt. Die einzelnen Teile kommen dann in den Ofen.

Vernichtet werden im Zerlegebetrieb Munition und Geschosse aus dem Zweiten Weltkrieg, aber auch Kampfmittel der sowjetischen Truppen, die in der DDR stationiert waren. Und noch immer ist kein Ende abzusehen. „Als ich 1989 hier anfing, habe ich noch so gedacht, ob ich hier wohl bis zur Rente Arbeit habe. Wir haben noch lange nicht alles gefunden. Wir haben noch Jahrzehnte zu tun“, schätzt Kresse ein.

Und gefunden wird auch heutzutage noch alles Mögliche – von der großen Fliegerbombe bis zu kleiner Munition. Und jedes Mal gilt es Obacht zu geben. „Unfälle passieren hauptsächlich mit kleinen Zündern, mit Munition, die etwa so groß wie ein Daumen ist“, berichtet Heino Schulz, Hilfstruppführer im Zerlegebetrieb. Er mahnt zur Vorsicht. Wenn Zivilisten diese Kampfmittel in der Erde finden, beispielsweise bei der Arbeit im Garten, werden diese von ihnen mitunter gar nicht als Kampfmittel wahrgenommen, oftmals ist Erde und Rost am Geschoss. Kommt es zur Berührung, kann dies aber enorme Folgen haben. Angst um Leib und Leben hat Schulz bei seiner Arbeit nicht. „Angst darf man nicht haben, aber Respekt“, betont er.