Ferienfreizeit im Letzlinger Jagdschloss Kinder basteln Spielzeug des 19. Jahrhunderts
Neun Kinder waren gestern im Letzlinger Jagdschloss und nahmen das Angebot der Stiftung Dome und Schlösser wahr, einen Tag lang das Leben der Menschen von vor 200 Jahren zu erkunden. Die Mädchen und Jungen bastelten sich Spielzeug, wie es damals nicht nur von Kindern benutzt wurde, wie sie lernten. Zudem berichtete ihnen die Museums- pädagogin Annette Fischer über die Gepflogenheiten im Jagdschloss und zeigte ihnen, was damals für Kleidung getragen wurde.
Letzlingen. Keine Spielkonsole, kein Kino, kein Fernsehen - das 19. Jahrhundert schien für die Kinder, die gestern ins Jagdschloss zu einer "Reise durch die Zeit" gekommen waren, zunächst einmal relativ langweilig gewesen zu sein. "Aber das war überhaupt nicht so", sagte ihnen die Museums- pädagogin Annette Fischer. "Es gab zahlreiche Möglichkeiten, sich zu beschäftigen. Und die machen heute immer noch Spaß."
So waren die Kinder, welche zum großen Teil der Gruppe des Letzlinger Hortes angehörten, ganz überrascht, was Fischer da mit ihnen bastelte. Aus Papier, zwei Gummibändern und mit ein paar Stiften erstellten die jungen Forscher Drehbilder. Diese haben auf beiden Seiten ein Motiv. Dreht man sie mit Hilfe der beiden Gummibänder schnell genug, scheinen die beiden Bilder miteinander zu verschwimmen. "Ich demonstriere das immer am liebsten mit der Scheibe, auf der ein Käfig und ein Vogel gemalt sind. Beim Drehen sieht es so aus, als würde der Vogel dann im Käfig sitzen."
Verkleidet durch alle Räume
Nicht nur diese eine optische Spielerei stellten die Kinder her, sondern sie bastelten auch ein Daumenkino. "Hier kommt derselbe Effekt zum Tragen", erklärte Fischer den Besuchern. "Und am Ende sieht es aus wie ein kleiner Film."
Nach so viel Bastelei war es Zeit für ein wenig Bewegung. Die Kinder folgten der freundlichen Frau durch das große Schloss. Die Pädagogin gab den Kindern andere Kleidung, die diese gern anzogen. "Das ist die Mode des 19. Jahrhunderts", berichtete sie. Könige und Edelmänner trugen reich verzierte Kleidung, die dazugehörenden Frauen ebenfalls, lernten die Grundschüler. Wer nicht so reich war, habe nur einfache Kleidung getragen.
So verkleidet erkundete die Gruppe das Jagdschloss weiter. Sie besah die vielen Räume mit den hohen Decken, die prunkvollen Gemälde, zu denen Fischer immer etwas zu berichten wusste.
So erzählte sie, dass es außer einigen Bediensteten keine Frauen auf dem Schloss gab. Früher, so erfuhren die Kinder, sei Jagen eine reine Männersache gewesen und daher das Jagdschloss auch nur das Domizil der hohen Herren.
Beeindruckt waren die Kinder von den beiden ausgestopften Wildschweinen, deren Fell und bedrohlichen Hauern.
Nach der Führung durch das Schloss stand dann wieder basteln auf dem Plan. "Dieses Mal erstellen wir ein Kaleidoskop", sagte Fischer. Mit buntem Papier, Pappe und einer Spiegelfolie konnten die Rohre gefertigt werden. "Nicht nur Kinder haben sich früher an den Kaleidoskopen erfreut", sagte die Pädagogin. "Es war auch ein Zeitvertreib für Erwachsene. Beim Kaleidoskop geht es um schöne Farben und Bilder, die immer neu entstehen. Das Patent dazu wurde Anfang des 19. Jahrhunderts angemeldet und passt daher gut zu unserem Thema", erklärte Annette Fischer. Für den Nachmittag hatte sie Anker-Steine vorbereitet. "Das ist eine Art Vorgänger von Lego", beschrieb sie den Baukasten. Denn mit den verschiedenen Steinen kommt auch eine Anleitung, welche Bauten mit diesem Satz Steine möglich sind.
"Bis zum Zweiten Weltkrieg erfreuten sich diese Steine hoher Beliebtheit", sagte sie. Insbesondere, weil sich aus dem festen, schweren, steinernen Material, aus welchem die Bauteile gefertigt sind, bessere und komplexere Gebilde als aus dem vergleichsweise leichten Holz bilden lassen. So wurde das 19. Jahrhundert für die Kinder nicht langweilig, sondern spaßig und spannend.