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Kirche Geschichten hinter der Geschichte

Sie ist spannend wie ein Geschichtsbuch, die neue Chronik über die Jävenitzer Kirche. Doch hinter den Fakten steckt auch viel Menschliches.

Von Gesine Biermann 12.10.2017, 03:00

Jävenitz l Wie viele Konfirmationen, Gottesdienste und Trauungen in der Jävenitzer Kirche gefeiert wurden, ist wohl in den Kirchenbüchern von Jävenitz vermerkt. Von ihnen erzählen können aber nur jene, die dabei waren. So wie Elfriede und Bernhard Deike aus Jävenitz. Sie nämlich fanden sich vor wenigen Tagen in der neuen Chronik der Kirchengeschichte wieder, die Christian und Maik Matthies zum 100. Geburtstag ihres Gotteshauses vorstellten. Genauer gesagt ihr Hochzeitsbild. Und das ist mittlerweile fast genau 66 Jahre alt. Damit ist es zwar nicht das älteste Hochzeitsbild, den Rekord hält das Foto des Ehepaares von Bistram, die sich im November 1928 das Ja-Wort gaben.

Ein Denkmal wird in der neuen Chronik schließlich auch einer sehr bekannten Dame gesetzt, nämlich Christa Markert. 60 Jahre lang spielte die Kloster Neuendorferin nämlich auch in Jävenitz die Orgel. Erst vor wenigen Wochen war sie gestorben. „Leider hat sie die Chronik nun nicht mehr gesehen“, bedauerte Maik Matthies. Das Interview, das die beiden Autoren mit ihr führten, wird ihr allerdings ein Denkmal setzen.

Die berührendste Geschichte indes, kann wohl Inge Vetter erzählen. Denn in der Chronik finden nun auch ihre beiden Brüder Ulrich und Gerhard Beachtung. 16 und 17-jährig waren sie als junge Männer im zweiten Weltkrieg gefallen. Besonders ergreifend: Ulrich, der jüngere Bruder, ertrank im August 1944. „Er wollte unbedingt zur Marine und hatte als Schiffsjunge angeheuert“, erzählt Inge Vetter. Gerade war die Mutter über den Tod ihres Jüngsten informiert worden, da wurde, noch im selben Monat, Gerhard zur Wehrmacht eingezogen. Gemeinsam mit der Mutter fuhr er nach Stendal. Sie, um ihren jüngsten Sohn zu identifizieren. Er, um im den Krieg zu ziehen. Beide sahen sich an diesem Tag zu letzten Mal. Denn auch Gerhard kehrte nie aus dem Krieg zurück, ist bis heute vermisst. „Der Krieg hat so viel Unheil angerichtet“, sagt Inge Vetter bewegt.

Auf der Gefallenentafel in der Kirche sind ihre beiden Brüder indes nie genannt worden – wie auch drei weitere junge Männer aus Jävenitz, deren Namen dort bislang fehlen. Nun wird in der neuen Chronik auch an Ulrich und Gerhard Kerl, ebenso wie an Wilhelm Frommhagen, Walter Hermecke und Friedrich Köhn erinnert, die dem Krieg zum Opfer fielen.