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Leseförderung Was macht der Hund in der Bibo?

Vorlesen ist vor allem für Kinder nicht einfach. Wie schön, wenn der Zuhörer über Fehler hinweg sieht. Hunde sind da ideale Partner.

Von Elke Weisbach 01.06.2019, 07:00

Gardelegen l Ganz entspannt liegt Hündin Ria in der Kinderbuchabteilung der Gardelegener Bibliothek auf dem Podest. Neben ihr auf der einen Seite ihr Frauchen Kerstin Kramp aus Mieste, auf der anderen Marie Mumm von der Gardelegener Wander-Förderschule für Geistigbehinderte. Und das Mädchen strahlt, wie auch ihre Klassenkameraden vor und nach ihr. Denn Marie hat gerade einige Seiten aus einem Buch vorgelesen, was manchmal nicht so einfach ist. Doch es hat wunderbar funktioniert. Die Ruhe, die Ria ausstrahlt, hat sich auch auf das Mädchen übertragen. Die Nervosität war wie weggeblasen. Und als Dankeschön erhält Ria nicht nur ein Leckerli, sondern auch ganz viele Streicheleinheiten.

Normalerweise dürfen Hunde nicht in die Bibliothek und müssen vor der Tür auf Frauchen oder Herrchen warten, das machte Romy Topf, stellvertretende Bibliotheksleiterin, noch einmal deutlich. Doch für Ria hat das Bibliotheksteam eine Ausnahme gemacht. Denn sie ist die Hauptakteurin eines neuen Pilotprojektes zur Leseförderung, das die Bibliothek in Anlehnung an die deutschlandweite „Woche der Sprache und des Lesens“ startete. Die Idee einer außerschulischen Förderung leseschwacher Kinder mit dem Einsatz eines „Lesehundes“ kommt laut Topf aus den USA und findet in Deutschland immer mehr Verbreitung.

Kinder, die unsicher im lauten Vorlesen sind und schon negative Erfahrungen, zum Beispiel im Klassenzimmer, damit verknüpfen, haben in einem anderen Umfeld ein anderes Empfinden. Und Hunde, denen die Kinder vorlesen, bieten den Vorteil, dass sie dem Kind auf gleicher Ebene begegnen, erläutert Topf. „Sie bewerten und diskriminieren die Kinder nicht. Das Lesen steht nicht im Vordergrund, dadurch haben die Kinder weniger Hemmungen laut vorzulesen.“ Von der Idee begeistert waren auch Doreen Weber und Christian Köhler von der GB-Schüler, die mit sechs ihrer Schüler zwischen zwölf und 18 Jahren am Projekt teilnehmen. Im Vorfeld hatten sie sich gemeinsam darauf vorbereitet, in dem sie altersgerechte Bücher zum Thema Hund in der Bibliothek ausgeliehen wurden, in die sich die Schüler einlassen.

Über den Hundesportverein Gardelegen konnte Kerstin Kramp aus Mieste für das Projekt begeistert werden. Ihre Hündin Ria hat bereits viel Erfahrung in der Gesellschaft von Kindern. Die Miesterin stellte beim ersten Treffen den Schülern ihre dreijährige Gebirgsschweißhündin Ria erst einmal kurz vor. Diese Rasse wird für Förster und Berufsjäger gezüchtet und kommt, wie der Name schon sagt, vorwiegend im Gebirge zu Einsatz. Ria wird nicht für die Jagd gebraucht. Deshalb fordert Kerstin Kramp ihre Hündin anderweitig, um die natürlichen Instinkte zu erhalten und die Hündin auszulasten.

Den Pilotstart werteten alle als gelungen. Es soll weiter gemeinsam gearbeitet werden. Der Erfolg eines solchen Programms steht und fällt mit Kontinuität. Das weitere Vorgehen wird noch besprochen. Sollten auch andere Lehrer Interesse an diesem Angebot für leseschwache Schüler haben, können sie sich in der Bibliothek Gardelegen, Telefon 03907/70 20 melden.