Musicalstar Mark Seibert bittet zum Interview, und die Damen sind sich einig: "So schön kann doch kein Mann sein"
"So schön kann doch kein Mann sein": Diese Liedzeile, die einst von einer gewissen Gitte Hænning gesungen wurde, sie scheint wie für ihn geschrieben. Doch Mark Seibert sieht nicht nur aus wie einer griechischen Heldensage entsprungen, er beeindruckt vor allem mit künstlerischen Qualitäten. Kurz vor seinem Auftritt beim Sachsen-Anhalt-Tag in Gardelegen gewährte er der Volksstimme ein Interview.
Gardelegen. An dem Kleinbus, der da hinter der Gardeleger Außenstelle der Kreismusikschule steht, perlen die Regentropfen ab. Darin soll er sitzen, der Mann, der als einer der größten Stars der deutschsprachigen Musicalszene gehandelt wird - wobei das mit der Größe sowohl für Körpermaß als auch für Erfolg gilt.
Dann öffnet sich die Fahrzeugtür. Und das Lächeln von Mark Seibert öffnet einem das Herz. Der Künstler bittet darum, auf dem Sitz hinter ihm Platz zu nehmen. So ein Kleinbus kann verdammt eng sein.
Das ist er also, der Ranger aus "Der Schuh des Manitu", der Galileo aus "We Will Rock You". Diese Musicals haben bereits unzählige Besucher im Theater des Westens in Berlin zu Begeisterungsstürmen hingerissen. Und Mark Seibert mag beide Stücke, "wobei die gesanglichen Herausforderungen bei Queen doch deutlich größer sind", wie er sagt.
"We Will Rock You" ist allerdings nur noch bis zum 21. Oktober zu sehen. Dann wird es vom "Tanz der Vampire" abgelöst. Und der gebürtige Frankfurter Mark Seibert wird seine Wahlheimat Berlin vorerst wieder verlassen, um deutschlandweit die Rolle des Todes im Musical "Elisabeth" zu spielen. Mit Tourneeproduktionen kennt sich der 32-Jährige inzwischen aus. Er ist in Elton Johns "Aida" als Radames aufgetreten. 2010 hat er in den Arenen der Republik neben Pia Douwes auf der Best-of-Musical-Bühne geglänzt.
Pia Douwes, die als der weibliche Star der Branche gilt und die auch in der Jury der "Tarzan"-Castingshow saß, ist ohnehin eine Kollegin, die Mark Seibert inspiriert. Ansonsten muss er bei der Frage nach Vorbildern lange überlegen. Längst gilt er anderen selbst als ein solches.
Den ganz großen Ruhm, wie ihn Popstars erleben, den verspricht sich Seibert allerdings nicht. Wer sich für das Genre Musical entscheide, habe einen ganz anderen Anspruch, sagt der Mann, der am Lee-Straßberg-Institut New York und am Konservatorium in Wien ausgebildet wurde. Er ist also schon ein bisschen herumgekommen. Seinen festen Wohnsitz hat er aber momentan in Berlin. Die Stadt, so sagt Mark Seibert, überrasche ihn jeden Tag neu. Immer wieder entdecke er Ecken, die er vorher noch nie gesehen habe. Zudem genieße er es, mittags in einem Straßencafé zu sitzen und den Menschen zuzusehen. Die Arbeit ermöglicht ihm das lange Ausschlafen. Sie fordert dafür aber an anderer Stelle ihren Tribut. Es bedürfe, das gibt Mark Seibert zu, schon eines gewissen organisatorischen Talentes, sich auch ein Leben außerhalb der Bühne aufzubauen, Privates zu pflegen. Schließlich stehen Musicaldarsteller bis zu sieben Mal die Woche auf den Brettern, die für sie die Welt bedeuten - und auf denen sie angehimmelt werden.
Zumindest dann, wenn sie Mark Seibert heißen. Der Mann hat einen eigenen Fanclub. Und dessen Mitglieder haben es auch in Gardelegen bis in die erste Reihe vor der Holzmarkt-Bühne geschafft. Dort soll er gleich auftreten, der Vagabund Galileo, der im Musical "We Will Rock You" jene Schlüsselfigur darstellt, die den Rebellen die musikalische Individualität zurückbringen soll. Die ist nämlich durch die Machenschaften der Killerqueen abhanden gekommen.
In der Rolle dieser bösen Diva glänzt in Gardelegen und ansonsten im Theater des Westens Brigitte Oelke. Während sie für ihre Maske anderthalb Stunden benötigt, braucht Seibert nicht einmal zehn Minuten. Ein bisschen schwarzer Kayal, die abgewetzte Lederjacke und das alte T-Shirt - fertig ist der perfekte Galileo.
Lampenfieber kennt der Künstler zwar noch. Aber er ist mittlerweile ein Vollprofi, der nicht einmal dann aus dem Konzept gerät, wenn er mal den Text vergisst. Es sei schon vorgekommen, dass er eine Zeile einfach vernuschelt habe, weil ihm die Worte nicht eingefallen seien. Wenn man ein Stück, so wie er, aber Abend für Abend spiele und manchmal sogar zweimal am Tag damit auftrete, dann setze ein gewisser Automatismus ein, der ihm eine zusätzliche Gelassenheit beschere, so Seibert.
Gelassenheit ist das Stichwort. Denn plötzlich ist es damit vorbei. Die Pressebetreuerin bittet zum Aufbruch. Vom Holzmarkt her klingen die Songs der Clogs, die für "We Will Rock You" den musikalischen Teppich bereiten. Außerdem wollen noch andere Kolleginnen mit Mark Seibert sprechen. Doch am Ende sind sich alle einig: "So schön kann doch kein Mann sein."