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Soldatenfriedhof Zum Mahnen, nicht zum Ehren

Vor Wiepke fielen im April 1945 16 deutsche Soldaten - kurz, bevor der Krieg in Gardelegen endete. Ihre Grabstätte soll saniert werden.

16.07.2020, 18:00

Wiepke l Nach und nach werden und wurden schon verschiedene Grabmäler von Opfern des Zweiten Weltkriegs in den Gardelegener Ortsteilen restauriert. Die meisten erinnern an die KZ-Häftlinge, die beim Todesmarsch vom 13. April umkamen oder ermordet wurden. Zwischen Wiepke und Estedt soll nun ein anderer Friedhof in Angriff genommen werden: der von 16 deutschen Soldaten, die am 14. April 1945 im Gefecht mit amerikanischen Truppen fielen.

Dieser Umstand bestimmte auch einen der wichtigsten Punkte bei einer Besichtigung am 14. Juli. Es geht um die angemessene Bezeichnung – ein Problem, das schon im Ortschaftsrat Thema war. Im Volksmund wird er oft als „Heldenfriedhof“ oder „Ehrenfriedhof“ bezeichnet. Mitglieder des Ortschaftsrates sehen das kritisch, geht es hier doch um Soldaten des Nazi-Regimes. Des Regimes, in dessen Namen nur einen Tag vorher das berüchtigte Massaker in der Isenschnibber Scheune begangen wurde.

Aber auch Wehrmachtssoldaten genießen das ewige Ruherecht, schreibt die Genfer Konvention vor. Dennoch solle der Friedhof nicht der Ehrung, sondern der Mahnung dienen – auch, um nicht versehentlich eine Pilgerstätte für Rechte zu schaffen, wenn er durch die Sanierung mehr in die Öffentlichkeit gerate, mahnt Ortsbürgermeister Michael Becker.

„Wir trauern nicht um die ‚Helden‘, wir trauern um die Menschen, die da ihr Leben verloren haben“, stellt Hans-Joachim Becker klar. Der Kreisvorsitzende des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge sprach sich bei der Besichtigung sowie bei einem Treffen des Landesverbandes am selben Abend für eine neutralere Bezeichnung aus.

Die offizielle Empfehlung lautet: „Kriegsgräberstätte: Soldatenfriedhof Günthersberg“, wie Becker informierte. Der Name des Hügels Günthersberg ist bislang eher unbekannt. Für andere Verschönerungen und Verbesserungen werden noch Wünsche zusammengetragen. Da sollen sich die Bürger einbringen können, „weil wir als Ortschaftsrat das nicht diktatorisch bestimmen wollen“, erklärt Michael Becker.

Einer der Wünsche: eine Infotafel. Bis jetzt sind nämlich nur Namen und Todestag der Soldaten auf dem Friedhof festgehalten. Mit der Tafel wäre er leichter auffindbar und informativer – zeigt etwa, wie jung manche der Männer waren.

Der Jüngste von ihnen war gerade mal 17 Jahre alt, der Älteste 39. Dies ermittelte der Lehrer Wilhelm Könecke (†), Chronist in Wiepke. Seine Chronik, die mit den Worten „Das durfte niemals geschehen!“ beginnt, hält unter anderem auch den Verlauf des Gefechts, die Suche nach den Toten und die Briefe fest, die er an ihre Angehörigen schrieb.

Die Vorschläge müssen noch in einem Konzept gesammelt werden, das Birgit Matthies aus der Stadtverwaltung an die zuständigen Ämter weiterleitet. Andere Wünsche sehen zum Beispiel eine neue Umzäunung aus Feldsteinen oder Ketten sowie einen Wasserwagen vor, um die Pflege zu erleichtern.

Wer sich um diese kümmert, soll dagegen schon zeitnah feststehen. Die Wiepker Feuerwehr unter der Leitung von Uwe Schlonsack wird einen Pflegevertrag abschließen, durch den sie unter die Verantwortung der Jugendfeuerwehr fällt.