1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. 30-Euro-Bonus für Eltern

Stadtrat 30-Euro-Bonus für Eltern

Wer wegen systemrelevanter Arbeit auf die Notbetreuung angewiesen war, erhält 30 Euro als Dank. Den anderen wird der Kita-Beitrag erstattet.

Von Cornelia Ahlfeld 22.06.2020, 19:30

Gardelegen l Er habe die Beschlussvorlage zum 30-Euro-Bonus bestimmt 20 mal gelesen und noch immer nicht verstanden, räumte Linke-Stadtrat Andreas Höppner ein. Und ließ sich das Ganze noch einmal kurz mündlich erklären, um danach dann doch im Stoff zu stehen und entscheiden zu können.

In der Tat, ganz einfach formuliert war die Vorlage mit der Bezeichnung „Projekt zur Stärkung der Gastronomie – Rückerstattung von 30 Euro für die Eltern, deren Kinder im Mai 2020 in der Notbetreuung waren“ nicht. Die Vorlage wurde nach den ersten Diskussionen in den Fachausschüssen erweitert um Friseur, Kosmetik und Einzelhandel mit bis zu fünf Mitarbeitern.

Alle Eltern sollen den 30-Euro-Bonus erhalten, wenn sie in sogenannten systemrelevanten Berufen tätig waren und aus diesem Grund die Notbetreuung für ihre Kinder in den städtischen Kindertagesstätten und Horten in Anspruch nehmen mussten. Denn damit hätten auch die Eltern in der schwierigen Corona-Zeit „unser Land am Laufen gehalten“, heißt es in der Vorlage.

Die Verfahrensweise soll ganz unbürokratisch und einfach sein. „Die Eltern gehen essen, lassen sich eine Quittung ausstellen, reichen sie in der Verwaltung ein, und dann bekommen sie ihr Geld zurück“, erläuterte Gardelegens Bürgermeisterin Mandy Schumacher in der jüngsten Sitzung des Stadtrates.

Wie bei den Diskussionen in den Fachausschüssen gab es auch im Stadtrat erneut Debatten über mögliche Ungerechtigkeiten mit Blick auf die Eltern, die im Homeoffice gearbeitet haben und auf die Eltern, die nicht systemrelevant tätig waren und deren Kinder die Kitas nicht besuchen durften. Denn offiziell waren die Einrichtungen in der Corona-Krise geschlossen. Angeboten wurde eben nur die Notbetreuung. Welche Berufsfelder dabei systemrelevant waren, hatte das Land in seinen Corona-Verordnungen festgelegt.

„Warum nur die Eltern mit Notbetreuung? Wir hatten auch andere Eltern in systemrelevanten Berufen, die im Homeoffice tätig waren und ihre Kinder allein zu Hause betreut haben“, kritisierte AfD-Stadträtin Stefanie Ahlfeld. „Und was ist mit den Kita-Mitarbeiterinnen? Auch denen sollte man eine Anerkennung schenken, denn die mussten ja alles umsetzen“, so Ahlfeld weiter.

Auch SPD-Stadtrat Florian Henke übte Kritik. Die Situation sei für alle schwierig gewesen. Er könne nicht verstehen, dass hier nur eine Gruppe bedacht werden soll, andere aber nicht.

Mandy Schumacher verwies erneut auf eine Vorlage, die vor den 30-Euro-Boni beschlossen worden war, nämlich die Rückerstattung der Beiträge für Kindereinrichtungen für den Monat Mai. „Alle anderen Eltern bekommen ihr Geld komplett zurückerstattet, die Eltern mit Notbetreuung aber nicht“, erläuterte Schumacher.

Die anderen Eltern hätten ja auch keine Leistung für ihre Beiträge erhalten, warf Stefanie Ahlfeld ein. „Ja, genau deswegen soll es ja den Bonus geben“, so Schumacher. Denn die Eltern mit Notbetreuung hätten ihre Beiträge komplett bezahlen müssen und würden, auch wenn sie die zeitlich mögliche Betreuung für ihre Kinder nicht voll in Anspruch genommen haben, nichts zurückbekommen.

Und was die Mitarbeiter in den städtischen Kindereinrichtungen anbelangt, da habe die Stadt bereits reagiert. Die durften am vergangenen Wochenende kostenfrei gemeinsam mit einer Begleitperson eine Autokino-Aufführung besuchen.

Die Stadträte quittierten diese Form der Anerkennung mit Beifall. Es sei sehr gut, Zeichen zu setzen. „Das ist für mich ganz wichtig“, betonte Höppner. Der 30-Euro-Bonus sei so ein Zeichen in schwierigen Zeiten. Und das in doppelter Hinsicht: als Dank für die Eltern und zugleich eine Möglichkeit, die heimische Wirtschaft zu stärken. „Das ist auch die einzige Möglichkeit, die wir haben als Stadt“, so Höppner.

Die Verfahrensweise wurde dann im Stadtrat mehrheitlich beschlossen.

Für den Mai waren 591 Anträge auf eine Notbetreuung gestellt worden. Durchschnittlich seien 370 Betreuungsplätze in Anspruch genommen worden. Ersten Berechnungen zufolge werden es um die 500 Kinder sein, so dass die Gesamtsumme für den 30-Euro-Bonus bei etwa 15 000 Euro liegt.

Etwa 70 Prozent aller Kinder konnten in der Corona-Krise die Kitas und Horte in städtischer Trägerschaft nicht besuchen. Aufgrund einer entsprechenden Landesregelung, festgeschrieben in einem Erlass vom 30. April, erhalten betroffene Eltern für den Monat Mai ihre bereits abgebuchten Elternbeiträge zurück.