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TestergebnisseCorona-Odyssee für Familie in Gardelegen

Oliver Stegert aus Parleib findet drastische Worte für die Odyssee, die er und seine Familie aufgrund ihrer Corona-Infektion haben.

Von Stefanie Brandt 21.01.2021, 00:01

Parleib l Rund 180 Kilometer Fahrstrecke, Tests an drei verschiedenen Orten und sieben Tage Wartezeit hatte die vierköpfige Familie Stegert hinter sich gebracht, ehe alle Mitglieder ihr positives Testergebnis hatten.

Erste Symptome wie bei einer Erkältung, mit Geruchs- und Geschmacksverlust, seien am 9. Januar aufgetreten, woraufhin er am 10. Januar versucht habe, über die Hotline des Altmarkkreises Test-Termine zu bekommen, berichtet Vater Oliver Stegert. „Dort wurde aber gesagt, dass sonntags gar nicht getestet wird und wir uns bitte am Montag an den Hausarzt in Mieste wenden sollen.“ Seine Frau Conny, die die stärksten Symptome aufwies, habe dann einen Testtermin am Dienstag in Mieste erhalten.

„Damit wollte ich mich nicht zufriedengeben, also habe ich beim Kinderarzt in Haldensleben angerufen, um für unsere Kinder Termine zu bekommen“, berichtet Stegert. Da seine Tochter bereits 18 Jahre alt ist, sei sie dort nicht getestet worden, immerhin aber der Sohn. Am Mittwoch erhielten Mutter und Sohn ihre Ergebnisse. Beide fielen positiv aus. Dann sei der Anruf vom Gesundheitsamt gekommen, mit der Frage, ob Tochter und Vater sich auch testen lassen möchten. „Das ist für mich ein Unding. Wenn ich mich nicht freiwillig testen lassen hätte, wären meine Kontakte auch nicht informiert worden“, erklärt Stegert kopfschüttelnd. Die Tests, die dann in Salzwedel vorgenommen wurden, erfolgten am Donnerstag. Am Freitag habe er selbst sein positives Ergebnis erhalten, am Sonnabend die Tochter.

„Mir fehlt es da an Struktur. Wenn alle in der Familie mit Symptomen umliegen, dann müssen auch alle getestet werden. Ich bin selbständiger Schornsteinfegermeister, bearbeite jeden Tag 20 Haushalte. Außerdem hätte ich Fraktions- und Ausschusssitzungen gehabt. Was wäre passiert, wenn ich mich nicht freiwillig in häusliche Quarantäne begeben hätte?“, fragt Stegert, der Mitglied im Gardelegener Stadtrat ist. Da sich seine Familie verantwortungsvoll verhalten habe, habe es nur zwei Kontakte gegeben, die dann auch in Quarantäne gemusst hätten.

Am Dienstag habe die Familie ihre Quarantäne-Bescheide erhalten. Demnach könnte seine Frau theoretisch ab Mittwoch wieder das Haus verlassen, sie habe aber noch Symptome und würde das deshalb nicht tun. Ein weiterer Test als Nachweis, ob man noch positiv ist, sei nicht vorgesehen.

„Ich habe an dem Sonntag bei der Hotline gefragt: Was soll ich denn nun machen? ‚Das ist ihre Entscheidung‘, haben sie gesagt. Ohne unser eigenes Bemühen wären wir nicht getestet worden und noch lange nicht in Quarantäne gewesen. Das kann nicht sein, auch nicht, dass vier Personen zum Test an drei verschiedene Stellen müssen“, fasst Oliver Stegert noch einmal seine Kritikpunkte zusammen.

Dabei ist ihm aber wichtig zu erwähnen: „Es hat sich jeder, mit dem wir bei den Tests zu tun hatten, Mühe gegeben. Die Tests in Salzwedel wurden in nur fünf Minuten gemacht. Jeder handelt nach bestem Wissen und Gewissen. Aber: Es fehlt an Struktur. Es ist ein heilloses Durcheinander.“

So habe seine Frau anfangs auch keine Medikamente erhalten, trotz Schüttelfrost und Husten. Der Hausarzt habe geraten, ins Krankenhaus zu fahren, was die Familie aber abgelehnt habe. Erst Donnerstag habe sie dann nach einem Telefonat ein Rezept bekommen.

Seine Verbesserungsvorschläge: „Es muss einen festen Fahrplan geben. Wenn ich sage, die ganze Familie hat Symptome, dann muss es sofort häusliche Quarantäne geben und es muss getestet werden“, so Stegert.

Ein weiteres Ärgernis ist für die Parleiber die Corona-App, welche die Familienmitglieder bereits seit Monaten auf dem Handy haben. Bei einem Urlaub im Sommer habe das auch gut funktioniert. Beim Test am Flughafen habe man damals einen QR-Code erhalten, den man dann mit dem Handy einlesen konnte. Vom Altmarkkreis Salzwedel habe es so etwas nicht gegeben.

„Bis jetzt kann ich da nichts eingeben, so dass meine Kontakte gewarnt werden. Auch ich habe laut der App keinen Kontakt zu Infizierten gehabt“, was in Anbetracht der Tatsache, dass er mit drei Infizierten in einem Haushalt wohne, verwunderlich sei. „Diese App hat so viel Geld gekostet. Und ich habe keine Risikobegegnung? Dann kann man sich das sparen! Das ist leider mein Fazit“, so ein enttäuschter Oliver Stegert.

Birgit Eurich von der Pressestelle des Altmarkkreises Salzwedel weist darauf hin, dass die Eingabe in die Warn-App nicht in der Zuständigkeit des Landkreises liegt.

Wenn aufgrund auftretender Symptome ein PCR-Test durchgeführt werden solle, könne dies nur auf Grundlage einer medizinischen Indikation erfolgen, so Eurich. Diese könne nur ein Arzt – in der Regel der behandelnde Hausarzt – erteilen. Den Hausärzten sei es überlassen, ob diese selbst den erforderlichen Abstrich vornehmen würden, oder ob ein Termin im Fieberzentrum Salzwedel vereinbart werde. In Salzwedel werde dienstags, mittwochs und freitags getestet. Sollte eine hausärztliche Praxis im Fieberzentrum einen Termin vereinbaren wollen, geschehe dies stets zeitnah, in der Regel am selben oder am Folgetag. „Bei unaufschiebbaren Zwängen zum Test wird ein Abstrich auch am Montag oder Donnerstag direkt am Gesundheitsamt vorgenommen“, so Eurich weiter.

Eine Quarantäne für positiv Getestete und/oder für die direkten Kontaktpersonen könne erst dann angeordnet werden, wenn ein amtliches Ergebnis des positiven Tests vorliege. Eurich resümiert: „Im vorliegenden Fall werden die Testergebnisse der Abstriche vom Dienstag am Mittwochnachmittag vorgelegen haben. Daraufhin erfolgte folgerichtig der Anruf des Gesundheitsamtes. Kontaktpersonen, also die anderen beiden Familienmitglieder, können, müssen jedoch nicht getestet werden – daher das Angebot. Es kann an keiner Stelle ein Versäumnis des Gesundheitsamtes festgestellt werden. Im Gegenteil: Alle“, so Eurich, „haben schnell und absolut korrekt gehandelt.“