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Altwerden Wie lebt es sich im Altersruhesitz Kalbe?: Lehrforschungsprojekt ist abgeschlossen

Aktuell kann Kalbe noch als guter Altersruhesitz angesehen werden. Für die Zukunft müsste aber an wichtigen Parametern gestellt werden. So müsste der Fokus auf altersgerechtem Wohnen, der Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr und aufs Ehrenamt gelegt werden, macht ein Lehrforschungsprojekt klar.

Von Doreen Schulze 19.10.2021, 13:22
Anne Marie Schulz (rechts) übergab die Ergebnise des Forschungsprojektes über das Altwerden in Kalbe an Vertreter der  Kooperationspartner. Das waren unter anderem  Einheitsgemeinde-Bürgermeister Karsten Ruth und Marion Dunkert vom Künstlerstadt-Verein.
Anne Marie Schulz (rechts) übergab die Ergebnise des Forschungsprojektes über das Altwerden in Kalbe an Vertreter der Kooperationspartner. Das waren unter anderem Einheitsgemeinde-Bürgermeister Karsten Ruth und Marion Dunkert vom Künstlerstadt-Verein. Foto: Doreen Schulze

Kalbe - Lässt es sich in Kalbe gut alt werden und welche Rolle spielt dabei das Ehrenamt? Mit dieser Fragestellung setzte sich die Studentin Anne Marie Schulz im Rahmen eines Lehrforschungsprojektes im Masterstudiengang „Soziale Arbeit in der alternden Gesellschaft“ der Hochschule Magdeburg-Stendal im Fachbereich Soziales, Gesundheit und Medien auseinander. Initiiert wurde dieses Projekt von Professorin Josefine Heusinger.

Anfang des Jahres erhielten dazu 65- bis 85-jährige Kalbenser einen Fragebogen. Mit den darin angegebenen Daten von 72 Teilnehmern stellte Schulz eine Erhebung auf rund um die Lebenssituation der Senioren. Zusätzlich führte die in Kerkau aufgewachsene Studentin Interviews mit Kooperationspartnern vor Ort. Das waren Einheitsgemeinde-Bürgermeister Karsten Ruth, Renate Friedenreich von der Tagespflege der Arbeiterwohlfahrt, Christina Strick von der Sozialstation und ambulanten Pflege, Andrea Hanke und Erika Schwarzbach von der Volkssolidarität-Ortsgruppe Kalbe sowie Corinna Köbele, Vorsitzende des Künstlerstadt-Vereins.

Im Ergebnis lassen sich laut Schulz zwei Hauptkomponenten herausfiltern, die für den Erhalt guter Lebensqualität im Alter in Kalbe in Angriff genommen werden müssten. Das ist zum einen die Beförderung im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und zum anderen der steigende Bedarf an altersgerechten Wohnungen. Darüber hinaus wünschen die Befragten mehr Barrierefreiheit in der Stadt und mehr Freizeitangebote, so Schulz. Und das Ehrenamt soll erhalten bleiben.

Thema Wohnen im Alter: Wie bei der Auswertung der Daten deutlich wurde, „wünscht die Mehrheit, weiter im bisherigen Haushalt allein oder mit dem Partner zu leben. Die Relevanz dieser Kategorie ergibt sich daraus, dass 62 Prozent der Befragten Hauseigentum besitzen“, so Schulz. Auch 26,7 Prozent der Personen, die zur Miete wohnen, möchten zu Hause bleiben. Mit Stand Mai 2021 wohnen in Kalbe 591 Personen zwischen 65 und 85 Jahren, davon lebt der überwiegende Teil noch im häuslichen Umfeld. Aus diesen Ergebnissen lasse sich schlussfolgern, dass mittelfristig der Bedarf an „mehr altersgerechtem Wohnungen beziehungsweise Umbauten am eigenen Haus und ein Ausbau der Betreuungsstrukturen der pflegerischen Leistungen, um den möglichst langen Verbleib im eigenen Heim gewährleistet zu können, im Fokus liegen müssen.“

Ein Konzpt für Kalbe soll entstehen

In einer forschungsbezogenen Masterarbeit wird Anne Marie Schulz ab November dieses Jahres ein auf Kalbe bezogenes Konzept zu altersgerechten und barrierefreien Wohnformen entwickeln. Eingehen möchte sie dann auch darauf, wie Investoren gewonnen werden könnten.

Auch die Stadt befasst sich bereits mit dieser Problematik. So sei sie in Gesprächen mit den Wohnungseigentümern, insbesondere der Mietwohnungen, bestrebt, auf die Notwendigkeit und den Bedarf von seniorengerechtem Wohnraum hinzuweisen. „Tatsächliche rechtliche oder finanzielle Steuerungsmechanismen haben wir hier allerdings nicht in der Hand“, wie Bürgermeister Karsten Ruth mitteilt. Insofern sehe er das zu erwartende Konzept aus der Masterarbeit als „wertvolle Argumentationshilfe“ an, die dieses Marktinteresse nachdrücklich dokumentiere.

Die Anbindung an den ÖPNV „empfinden insgesamt 63 Prozent der Befragten als befriedigend oder schlecht. In diesem Bereich scheint das größte Potenzial einer Verbesserung zu liegen“, so Schulz. Insbesondere, nachdem seit dem vergangenen Jahr nach einer Evaluierung vonseiten des Nahverkehrsservices Sachsen-Anhalt GmbH (NASA) die Buslinie 100 nicht mehr direkt die Stadt anfährt. Dennoch habe die Anpassung der Buslinie zu einem Mehrwert für die Bevölkerung geführt, heißt es in einer Stellungnahme von Landrat Michael Ziche zu diesem Thema, die Schulz in ihre Studie einbezieht. So wäre als Fazit denkbar, eine Kampagne anzuregen, „um das Rufbusmodell bekannter zu machen und den Umgang damit zu vereinfachen“. Denn dieses Angebot sei für Senioren eine Erleichterung im Alltag, ist Schulz überzeugt.

Stichwort Ehrenamt: Am häufigsten werden ehrenamtliche Angebote von der Personengruppe der 65- bis 74-Jährigen, und somit etwa der Hälfte aller Befragten, wahrgenommen. Diese Altersgruppe engagiert sich auch stark im Ehrenamt. Aufgrund dieses Alters ist es unumgänglich, dass bereits jetzt jüngere Mitstreiter nachrücken müssten, um das ehrenamtliche Angebot auch in den Folgejahren zu gewährleisten.

Das Ergebnis des abgeschlossenen Lehrforschungsprojekts überreichte Anne Marie Schulz gestern in Kalbe den Kooperationspartnern.

Nähere Informationen zur Studie können bei ihr unter der E-Mail-Adresse anne.m.schulz@stud.h2.de erfragt werden.