1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. Keiner holt den toten Dachs

Wildunfall Keiner holt den toten Dachs

Vor mehr als einer Woche hat ihn ein Autofahrer erwischt. Seitdem liegt ein Dachs auf der der B 71 bei Gardelegen.

Von Gesine Biermann 16.09.2020, 01:01

Gardelegen l Der Anblick sorgt für Verwunderung, denn der Ort mutet seltsam an: Eine Straßenüberführung ist schließlich ein ziemlich ungewöhnlicher Aufenthaltsort für ein so scheues Tier. Weit und breit kein Wald in der Nähe, warum er dort spazieren gegangen ist, ist unklar. Und doch liegt ein Dachs dort oben auf der Brücke am Straßenrand – und zwar schon seit mindestens zehn Tagen.

Und das stinkt mittlerweile vielen Autofahrern, die täglich daran vorbeifahren müssen – im wahrsten Sinne des Wortes. Bei geöffnetem Autofenster ist der Verwesungsgeruch überdeutlich, sogar bei zügigem Tempo. Gleich mehrere Volksstimme-Leser haben sich in den vergangenen Tagen erkundigt, was denn nun mit dem Kadaver passiert. Der locke ja auch Raubvögel an, und wenn diese plötzlich auffliegen würden, könne das auch schnell mal zur Unfallgefahr werden, macht ein Leser am Telefon seinem Ärger Luft. „Ich sehe den jeden Tag, wenn ich von der Arbeit komme: Ist denn dafür keiner zuständig?“, will ein anderer wissen.

Ein Anruf bei der Straßenmeisterei in Gardelegen ergibt: Zuständig ist der Jagdpächter, der diesen Bereich bewirtschaftet. Informiert werden müsste die Untere Jagdbehörde.

Doch dem ist offensichtlich nicht so, wie Kreissprecherin Birgit Eurich auf Nachfrage klar macht: „Der Jagdpächter ist nicht zuständig.“ Unfallwild dürfe sich der Jagdausübungsberechtigte zwar aneignen. Es gebe indes keine Aneignungspflicht und erst recht keine allgemeine Räumungspflicht. „Diese Pflicht trifft vielmehr die zuständige Straßenbehörde im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht.“ Lediglich moralisch sei der Jagdpächter verpflichtet, informiert Eurich und wirft den symbolischen Ball, in diesem Fall den toten Dachs, zurück zur Straßenmeisterei.

Deren Leiter Wolfgang Loose muss fast schon lachen. „Bleibt also immer noch die moralische Pflicht des Jagdpächters“, sagt er. Und: „Wir hatten bis jetzt noch nie so viele Diskussionen um ein totes Wildtier, wie um diesen Dachs.“ Obwohl, einmal habe es mal ein totes Schaf gegeben, das auch keiner abholen wollte. Bei einem Nutztier sei die Sache aber klarer geregelt.

Denn im Fall des Dachses ist die Zuständigkeit offenbar tatsächlich etwas schwierig. Nach Jagdgesetz ist er ein jagdbares Tier, gehört also dem Jagdpächter. Der kann ihn abholen, muss er aber nicht.

Und auch die Polizei geht der Dachs nichts an, denn er liegt ja nicht auf der Fahrbahn. Weil er an einer Bundesstraße außerhalb des Stadtgebietes starb, ist auch die Stadt aus dem Schneider. Denn die wäre nur für Ortsdurchfahrten zuständig.

Dennoch will sich der Straßenmeisterei-Chef nun kümmern. Möglicherweise könne der Dachs von einer Tierkörperbeseitigungsfirma abgeholt werden, verspricht Loose.

Aber vielleicht erübrigt sich die Aktion ja schon vorher. Wie sagte doch einer der Leser am Telefon: „Wenn man Glück hat, läuft er schon bald selbst wieder weg ...“

Wer auf den Straßen der Einheitsgemeinde Gardelegen ein verendetes Tier findet, kann sich mit Hinweis auf den Fundort an das städtische Ordnungsamt wenden, betont Fachgebietschef Florian Kauer.