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Jagd Zahl der Jägerinnen im Bereich der Einheitsgemeinde Gardelegen nimmt zu

An einem friedlichen Ort die Ruhe genießen, den Sonnenauf- und untergang beobachten, frische Luft und leckeres Essen – all das bietet die Jagd als Hobby. Wen wundert es, dass sich auch immer mehr Frauen im Gardelegener Bereich dafür begeistern.

Von Stefanie Brandt Aktualisiert: 16:40

Gardelegen. Rund 300 Mitglieder hat die Jägerschaft Gardelegen. 25 von ihnen sind Frauen. „Und die Zahl hat zugenommen“, weiß der Vorsitzende Gerhard Henke. In den Lehrgängen zur Jungjägerausbildung seien von den 20 bis 25 Teilnehmern teilweise immerhin fünf bis sechs Frauen mit dabei. Oftmals sind deren Väter oder Männer auch Jäger. „Es gibt aber auch einige, die kommen von ganz allein auf die Idee“, weiß Henke.

Einen familiären, jägerlichen Hintergrund hat zum Beispiel Britta Homm, deren Vater Jäger ist. Schon vor 23 Jahren, damals selbst erst 17, legte die Jävenitzerin die Prüfung ab. „Ich wollte immer einen grünen Beruf erlernen, also etwas mit Pflanzen, Tieren, Natur machen. Bei der Jungjägerausbildung werden solche Themen behandelt. Man sagt nicht umsonst, dass die Prüfung zum Jagdschein das grüne Abitur ist. Ich dachte, das ist eine gute Vorbereitung auf das Berufsleben“, denkt Homm zurück. Ihr Plan ist voll aufgegangen. Heute, nach Forstwirtlehre und Studium, ist sie Försterin und geht regelmäßig zur Jagd.

Wildfleisch als gesunde Alternative zur Massentierhaltung

Ein Vorteil ihres Jagdrevieres im Landeswald sei der fehlende Handyempfang. „Man hat Ruhe, kann entspannen, ohne Zeitdruck die Umgebung wahrnehmen, beobachten. Das ist für mich das Beste an der Jagd“, sagt die Mutter zweier Kinder. Mit ihrem Hobby will sie auch einen Beitrag dazu leisten, den Wald zu schützen. „Den Förstern sagt man oft nach, dass für sie jedes tote Reh ein gutes Reh ist. So ist das aber nicht. Wir möchten eine gesunde und eine an den Wald angepasste Wilddichte schaffen. Ein Wald ohne Rehe ist kein Wald. Das Reh gehört wie alle anderen Wildarten dazu.“ Ein weiterer Pluspunkt ihres Hobbys ist das Wildfleisch. „Das Wild lebt ohne Zwänge im Wald und Feld. Wenn ich mir dagegen die Massentierhaltung und alles, was damit zusammenhängt, anschaue, ist Wildfleisch eine gesunde Alternative.“

Dass sich immer mehr Frauen für die Jagd begeistern, freut Britta Homm, die früher von älteren Herren auch gern an den Herd geschickt worden wäre und Sätze zu hören bekam wie: Frauen sollen Leben schenken und kein Leben nehmen. „Die meisten sind inzwischen aufgeschlossen. Ich bin Försterin und auch davon gibt es inzwischen mehrere. Warum auch nicht?“

Jagd ist auch Hege und Pflege

Das dachte sich vor vielen Jahren auch Carmen Bohndick. „Zur Jagd wollte ich schon von Kindesbeinen an. Ich bin in einem Jägerhaushalt aufgewachsen, mein Vater ging zur Jagd.“ Dabei stellt sie klar, dass es für sie eben nicht nur um das Schießen von Tieren geht. „Die Jagd ist auch Hege und Pflege und draußen sein in der Natur. Wer das nicht mag, der macht keinen Jagdschein.“ Die schönsten Momente erlebt die Jävenitzerin in der Dämmerung: „Den Morgenansitz genieße ich am meisten. Erst fangen ein paar Vögel an zu singen, dann werden es immer mehr. Auch den Geruch des Waldes mag ich. Ich könnte niemals in der Stadt wohnen.“

Zu Beginn hatte Bohndick allerdings leichte Bedenken. „Schweine und Füchse schießen, ja, aber auf Rehe? Das kann ich nicht“, dachte sie. Auch vor dem Aufbrechen hatte sie Respekt, stellte dann aber doch fest, dass sie es kann.

Einen Jagdschein zu machen war jedoch nicht so einfach. „Zu DDR-Zeiten bin ich in keinen Kurs gekommen.“ In den 90er Jahren versuchte sie es wieder. „Erst beim dritten Versuch hat es 1995 geklappt. Ich dachte, wenn ich es jetzt nicht mache, dann wird es nichts.“

Jagdfieber schon in die Wiege gelegt bekommen

Es „wurde was“ und inzwischen ist sie gestandene Jägerin und Schatzmeisterin der Jägerschaft Gardelegen. Ein Erlebnis aus ihrem Jagdleben, dass ihr in Erinnerung geblieben ist, ist mit einem Ausflug in den Spreewald verbunden. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen, denen das Jagdfieber mit in die Wiege gelegt wurde, nahm sie dort an einer mehrtägigen Jagd teil.

Am ersten Tag sei sie fast verzweifelt, mehrere Schüsse gingen ins Leere. Als am nächsten Tag ältere Jäger vorschlugen, dass ihr Sohn ihre Waffe einschießen sollte, ärgerte sie sich etwas, da sie sonst eine sichere Schützin ist. Es stellte sich heraus, dass an der Waffe die Optik verstellt war, wodurch die Schüsse viel zu tief angesetzt waren.

„Am gleichen Tag habe ich drei Schweine und ein Reh geschossen“, berichtet sie von ihrer Erleichterung und dem Stolz, den sie verspürte, als beim Auswerten der erlegten Strecke vier Mal ihr Name aufgerufen wurde und sie an der versammelten Jägerschaft vorbei nach vorne ging.

Die Vorurteile haben aber abgenommen. „Heute wissen wir, dass auch Frauen gut schießen und Strecke machen können. Der Zusammenhalt ist gut, auch unter den Frauen freut man sich, wenn man eine andere Jägerin sieht.“