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Baumpflege Neuer Schnitt für alte Obstbäume

Die Obstbaumallee des Pareyer Windparks ist seit Jahrzehnten nicht mehr gepflegt worden. Jetzt hat sich eine Firma der Aufgabe angenommen.

Von Bettina Schütze 02.02.2021, 00:01

Parey l „Hier stehen bis zu 100-jährige Obstbäume, die in ihrer Altsubstanz erhalten werden sollen“, erklärte Auftragnehmer Ralf Schönefeld. Die Obstbaumallee mit Apfel- und Birnenbäumen galt als Ausgleichsmaßnahme für die Errichtung des Windparks. Dabei wurde von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Jerichower Land festgelegt, dass die Bäume 25 Jahre lang gepflegt und erhalten werden müssen. Die Bäume stehen auf einem Flurstück der Gemeinde Elbe-Parey. Ralf Schönefeld: „Die Bäume wurden in den letzten 50 bis 60 Jahren nicht gepflegt.“ Insgesamt stehen in der rund 1,3 Kilometer langen Obstbaumallee 131 Altbäume im Alter von 50 bis 100 Jahren. „Wenn man Obstbäume pflanzt, müssen sie mindestens 15 Jahre gepflegt werden, damit sie auch Erträge bringen“, so Ralf Schönefeld.

Von den in der Obstbaumallee gepflanzten Sorten sind längst nicht alle bekannt, weiß Ralf Schönefeld. 70 Obstbäume wurden bereits neu gepflanzt. Nun hatten sich Mitarbeiter der Firma „Baumstamm“ aus Bad Gandersheim der Aufgabe angenommen, die Bäume fachgerecht zu beschneiden. Es sind alle ausgebildete Obstbaumpfleger. „Es wird unter den entsprechenden Sicherheitsvorschriften gearbeitet“, so Kai Bergengruen, Obstbaumeister Fachagrarwirt für Baumpflege und -sanierung. Von den alten Bäumen werden neue veredelt und dann neu gepflanzt. Dies muss regelmäßig umgesetzt werden.

Eigentlich, so Ralf Schönefeld, sind solche Obstbaumalleen auch für Schulklassen und Heimatvereine interessant. Sie könnten sich hier in verschiedenster Art und Weise einbringen und auch lernen.

Unter einer Veredlung versteht man die traditionelle Form der künstlichen vegetativen Vermehrung von meist verholzenden Pflanzen. Dabei handelt es sich um die Transplantation eines Pflanzenteiles auf eine andere Pflanze. Es können nur zweikeimblättrige Pflanzen und Nacktsamer veredelt werden. Die Technik der Veredelung erlaubt den Erhalt der Ursprungssorte als Klon.

Mit diesen Methoden können einzelne Individuen multipliziert werden oder über sehr lange Zeit erhalten werden. Ein Beispiel dafür ist die um etwa 900 Jahre alte Apfelsorte Edelborsdorfer, die durch stetiges Veredeln auf immer wieder neue Unterlagen erhalten werden konnte. Durch die Pflanzenveredelung können keine neuen Arten gezüchtet werden. Neue Arten können ausschließlich generativ aus Zufallssämlingen oder mit Hilfe von Züchtungen entstehen.

Die Kunst der Veredelung ist schon seit der Antike bekannt. Wo und wie sie erfunden wurde, kann nicht genau gesagt werden. Wahrscheinlich stammt sie aus dem Mittelmeerraum.

Die heute immer weniger angebaute Apfelsorte Goldparmäne, die wahrscheinlich aus der Normandie stammt und möglicherweise schon seit 1510 bekannt ist, ist eine der ältesten, heute noch angebauten Apfelsorten. Noch älter ist die ebenfalls aus Frankreich stammende Graue französische Renette, die seit 1500 kultiviert wird. Ein Gutteil der heutigen Apfel- und Birnensorten stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde seitdem durch Pfropfung vermehrt.

Die Sorte Cox Orange wurde zum Beispiel um 1825 von Richard Cox in England als Zufallssämling entdeckt. Die Sorte Golden Delicious wurde um 1890 ebenfalls als Zufallssämling in einem Garten in West-Virginia entdeckt.

Wenn Obstbäume in die Jahre kommen, lässt der Ernteertrag nach. Um das alte Gehölz wieder fit zu machen, hilft ein Pflegeschnitt in mehreren Etappen.

Ob jung oder alt, alle Obstgehölze profitieren von einem jährlichen Pflegeschnitt. Ziel ist dabei eine lockere und luftige Krone mit einigen kräftigen Trieben. Während bei einem jungen Obstgehölz die Äste relativ übersichtlich sind, findet sich bei den alten Exemplaren oft ein Gewirr von knorrigen Ästen und abgestorbenen Zweigen.

Ein bisschen Geduld wird benötigt, weil erst im zweiten Jahr nach den Schnittmaßnahmen alte Bäume wieder höhere Erträge mit verbesserter Fruchtqualität bringen.