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Mützel Ein Dorf im Traktor-Fieber

19.03.2021, 11:57

Mützel (sm)

So manchem fällt beim Stichwort Trecker zuerst Otto Walkes legendärer Witz ein. Ein Versicherungsvertreter kommt aufs Land. Da kommt ihm ein kleiner Junge entgegen. „Na mein Kleiner, ich hätte gern deinen Vater gesprochen. Wo isn der?“ „Der is vom Trecker überfahrn!“ „Aber das ist ja schrecklich! Und deine Mutter, wo is'n die?“ „Die is vom Trecker überfahrn!“ „Aber du hast doch sicherlich noch Geschwister und Großeltern, wo sind'n die?“ „Die sind vom Trecker überfahrn!“ „Aber dann bist du ja ganz alleine, was machst du denn dann den ganzen Tag?“ „Trecker fahr'n!“

Die ausgeprägte Leidenschaft fürs Treckerfahren haben die Mützeler Treckerfreunde mit Ottos kleinem Jungen ganz sicher gemein. Aber sie überfahren natürlich niemanden. Im Gegenteil: sie sind jetzt auf der Suche nach möglichst vielen neuen Mitgliedern. Denn die Traktor-Liebhaber, die seit vier Jahren mit der Organisation des Mützeler Treckertreffens immer am Samstag nach Christi Himmelfahrt für Aufmerksamkeit weit über die Grenzen ihres Ortes hinaus Aufsehen erregen, haben einen Verein gegründet. Und sie haben einen Jahresbeitrag festgelegt, der lediglich zehn Euro beträgt. Aus finanziellen Gründen solle jedenfalls keiner von einer Mitgliedschaft abgehalten werden.

Verein hat schon 20 Mitglieder

Mit ihrem Trecker-Fieber haben Vereinsvorsitzender Sven Grütter, seine Frau Beatrice, Sohn Dominique und Bettina Wolle immerhin schon einen waschechten Berliner angesteckt. Der, so Bettina Wolle, besitze zwar selbst nicht einmal einen Trecker, habe die Idee aber so gut gefunden, dass er spontan Mitglied geworden sei. Momentan zähle der Verein immerhin schon 20 Mitglieder. Während Dominique Grütter das Treckerfahren inzwischen als Landwirt zum Beruf gemacht hat, pflegen Sven und Beatrice Grütter einfach als Hobby einen „kleinen“ John Deere, Baujahr 1973.

Moderne und historische Trecker-Marken

John Deere war ein Schmied in Vermont, USA. Als die amerikanische Wirtschaftsblase in den 1830-er Jahren platzte, ging er nach Westen und fing in Illinois von vorne an. Er erfand einen neuartigen Pflug für den dort lehmigen Boden und baute darauf sein Unternehmen auf. Heute, knapp zwei Jahrhunderte später, ist das Unternehmen weltweit vertreten. Mit einem Umsatz von 4,914 Milliarden Euro (1. November 2020) ist John Deere nach eigener Aussage auch der größte Landtechnikhersteller in Deutschland - mit Werken unter anderem in Mannheim, Bruchsaal, Zweibrücken und Stadtlohn. Als direkter Konkurrent in Deutschland gilt die 1913 als Familienunternehmen gegründete Claas-Gruppe, die sich ebenfalls als einer der weltweit führenden Hersteller von Landtechnik sieht und ihren Hauptsitz nach wie vor im westfälischen Harsewinkel hat.

So richtig gehe ihr (Trecker)-Herz aber auf, bekennt Bettina Wolle, wenn die alten Modelle von Hanomag, Deutz und Co. durchs Dorf knattern. „Dieses Geräusche sind einfach unbeschreiblich.“ Aus einer Kneipenlaune heraus haben sie und ihre Mitstreiter vor fünf Jahren im Garten ihres Schwagers ein privates Treckertreffen auf die Beine gestellt. Im Jahr darauf, beim zweiten Mützeler Treckertreffen, sei der Garten dann schon zu klein gewesen, so groß war der Zuspruch. Das Trecker-Treffen nahm dann auf dem Dorfplatz vor dem Reitgelände schon mit Treckerumzug durch das Dorf die Ausmaße eines Volksfestes an - maßgeblich unterstützt vom Heimatverein und später von den Kameradinnen und Kameraden der freiwilligen Feuerwehr. Das nächstfolgende Mützeler Treckertreffen im Jahr darauf wurde erst recht ein Volksfest. Vom vierten Treffen mit rund 40 durch Mützel blubbernden Traktoren gibt es ein wunderbares Fotobuch mit vielen im Bild festgehaltenen Eindrücken.

Kooperation mit anderen Treckervereinen

Das geplante fünfte Trecker-Treffen im vergangenen Jahr fiel dann den Umständen der Corona-Pandemie zum Opfer. Der Vorstand hofft nun jetzt (noch), dass dieses am 15. Mai 2021 über die Bühne gehen kann. Wenn denn Corona den MützelerTreckerfans diesmal eine Chance dazu gibt. Die Vereinsgründung, so Bettina Wolle, mache es jedenfalls auch leichter, mit anderen Trecker-Vereinen im näheren und weiteren Umfeld zu kooperieren. „Wir bereichern mit unseren Treckern sehr gern deren Veranstaltungen und sie kommen mit ihren Treckern natürlich ebenso gern zu unseren“, sagt Bettina Wolle abschließend dazu.