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Baugenehmigung für neuen Markt an der Genthiner Friedenstraße / Bauausschuss legt keinen Widerspruch ein Eine Klage hat keine Aussicht auf Erfolg und kann teuer werden

Von Simone Pötschke 16.08.2011, 06:27

Wie kann es sein, dass es in einer Stadt wie Genthin im Umkreis von einem Kilometer gleich fünf Nahversorger gibt, fragt unser Leser Cord-Jürgen Jehle und erhebt schwere Vorwürfe gegenüber dem Bürgermeister, diese Entwicklung zu dulden. Auslöser der Debatte ist der vom Landkreis genehmigte Bau eines Marktes auf dem Gelände der ehemaligen Brauerei.

Genthin. Die Stadt Genthin wird "an jeder Ecke mit einem nichtgewollten Verkaufsmarkt zugepflastert", ärgert sich Volksstimme-Leser Cord-Jürgen Jehle. Für ihn steht fest: Das ist so, weil Bürgermeister und Bauamt nicht ihre Hausaufgaben gemacht haben.

Jehle hält für diesen Vorwurf eine Reihe von Argumenten parat, die erwartungsgemäß beim Bürgermeister auf heftigen Widerspruch treffen. Es ist bekannt, dass beide nicht gerade eine Freundschaft verbindet und Jehle ein Freund der öffentlichen Kritik ist.

Es sei "ein Skandal", dass bei einer eventuellen Schließung einer Verkaufsstätte kein Rückbau der Anlage vertraglich festgeschrieben wurde, geht Jehle mit Bernicke ins Gericht. Bernicke sieht in dieser allgemeinen Feststellung "reinen Populismus". Die Stadt, hält er gegen, könne eine solche Forderung nicht stellen, weil sie weder als Baugenehmigungsbehörde noch als Grundstückseigentümer an der Vertragsgestaltung mitwirke. Gegenstand der Meinungsverschiedenheiten zwischen Jehle und dem Bürgermeister ist in diesem Fall die Genehmigung für den Bau eines neuen Marktes auf dem ehemaligen Brauereigelände. Die Aussage des Bürgermeisters, dass sich der Kreis über das Votum der Stadt hinweggesetzt habe, sei, sagt Jehle, für ihn "unglaublich und naiv". Scharfzüngig fragt er deshalb, ob die Stadt noch nichts von kommunaler Selbstverwaltung gehört habe, ob sie das Recht ihrer Planungshoheit wahrnehme.

Bei kleingliedrigen Versorgungseinrichtungen bis zu 800 Quadratmetern, wie es der zukünftige Markt an der Friedenstraße ist, wird durch die zuständigen Genehmigungsbehörde von der Stadt lediglich ein sogenanntes gemeindliches Einvernehmen eingeholt, erklärt auf Volksstimme-Nachfrage Bauamtsleiterin Dagmar Turian. Im Falle des zukünftigen Marktes, sagt sie, habe sich der Bau- und Vergabeausschuss des Stadtrates auch für eine Versagung dieses gemeindlichen Einvernehmens ausgesprochen.

Begründet habe er dies mit einer zu erwartenden Lärmbelästigung, die vom Markt, etwa durch Be- und Entladen und durch den Lieferverkehr ausgeht. Aber der Landkreis konnte diese Argumentation durch ein Lärmschutzgutachten, vorgelegt von einem unabhängigen Fachmann, entkräften. Die Genehmigungsbehörde kam zu dem Ergebnis, dass mit dem neuen Markt keine Verschlechterung für die Wohnsituation in diesem Bereich eintreten werde und kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vorliege.

Die Behörde bestätigte auf Volksstimme-Anfrage, nach Gesetzeslage das Einvernehmen der Stadt Genthin ersetzt zu haben. "Gegen diese Ersetzung des Einvernehmens hätte die Stadt Genthin gegenüber dem Landkreis innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen können. Da sie das nicht getan hat, ist die Baugenehmigung rechtskräftig", hieß es in der Mitteilung des Landkreises.

Der Bau-und Vergabeausschuss habe sich gegen eine solche Klage entschieden, weil das Verfahren kaum Aussicht auf Erfolg versprach, sagte Turian. Verliert die Stadt eine solche Klage, müsste sie neben Gerichtskosten auch noch Schadensersatzansprüche bedienen, gibt die Bauamtsleiterin zu bedenken.

Weist eine Verkaufseinrichtung mehr als eine Grundfläche von 800 Quadratmeter auf, gilt sie als Großhandelseinrichtung und ist ohne B-Plan in Ortsüblichkeit nicht genehmigungsfähig.

Im Zusammenhang mit der Bebauung des alten Brauereigeländes hegt Cord-Jürgen Jehle auch Bedenken, ob der Flächennutzungsplan zeitgemäß weiterentwickelt worden sei. Dagmar Turian kann dies insoweit mit dem Hinweis entkräften, dass gegenwärtig an einem Flächennutzungsplan für Genthin inklusive der Ortsteile gearbeitet werde. Als vorbereitende Bauleitplanung könne ein Flächennutzungsplan jedoch "seine Rechtswirksamkeit nicht im Innenstadtbereich entfalten", entgegnet Turian.

Auch ob die Aufstellung eines B-Planes ein probates Mittel gegen den Bau eines Marktes sein könne, zieht die Bauamtsleiterin in Zweifel. "Richtigerweise geht Herr Jehle davon aus, die Planungshoheit einer Gemeinde einzufordern, doch die Kommune darf auch keine Verhinderungsplanungen aufstellen".