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  7. "Eis frei" in Ferchland: 153 Mutige gehen baden

Zum 27. Mal treffen sich Winterschwimmer aus vielen Teilen Deutschlands am Feuerlöschteich. Von Sigrun Tausche "Eis frei" in Ferchland: 153 Mutige gehen baden

28.01.2013, 01:24

Er hat es wahr gemacht: Moderator Gerhard Fabian ist beim 27. Ferchländer Eisbaden mit ins Wasser gekommen. Nicht ganz, aber immerhin. Er war damit der 153. Teilnehmer beim diesjährigen großen Gaudi am Ferchländer Feuerlöschteich.

Ferchland l Pünktlich setzte sich der Umzug in Bewegung: Begleitet vom Fanfarenzug Lüderitz und "bewacht" von den Kameraden der Ferchländer Feuerwehr zogen die Teilnehmer und ihre Begleiter vom Elbehaus durchs Dorf zum Feuerlöschteich. Mit großem Hallo wurden sie hier begrüßt - wie jedes Jahr seit einem Vierteljahrhundert.

Zwar gibt es nicht immer wieder neue Teilnehmer- und Besucherrekorde, aber das Ferchländer Eisbaden hat seine Anziehungskraft nicht eingebüßt. Etwa so viele Zuschauer wie im Vorjahr waren dabei, zog Otto Schmidt, Vorsitzender des Ferchländer Angelvereins, Bilanz. Er ist zufrieden, auch mit dem Ablauf. Alles habe gut geklappt, bei der Organisation haben alle gut mitgezogen, und die Gäste hatten viel Spaß.

Wer glaubt, er habe alles schon gesehen und irgendwann wird\'s langweilig, der unterschätzt die "verrückten" Winterbader, die es aus vielen Teilen Deutschlands immer wieder hierher nach Ferchland zieht. Immer wieder neue, lustige Kostüm-Ideen bringen Farbe in dieses besondere Fest, und noch mancher andere Spaß sorgt für Überraschungen.

Zu den Teilnehmern mit den schönsten Kostümen gehören seit einigen Jahren die "Bielefelder Eisvögel". Ganz zärtlich trug Marco seine "Nixe" Sylvia ins Wasser, setzte sie auf eine Schwimmring und zog sie mit sich, um schließlich der Eiseskälte mit einem heißen Kuss zu trotzen.

Für Hitze ganz anderer Art haben die "Frosty Koalas" aus Kade gesorgt: Sie haben gleich zu Beginn ein Lagerfeuer in einer Schale angezündet und nahmen das dann auch noch mit ins Wasser - auf ihrem schwimmenden Tablett, gesäumt von Tassen mit heißer Wurstbrühe. Premiere hatte das schwimmende Feuer aus Kade übrigens zwei Wochen zuvor beim Eisbadertreffen der "Berliner Seehunde".

Zu den treuesten und größten Gruppen hier in Ferchland gehören die "Burger Ihleröwer", die diesmal Strandfeeling wie vor hundert Jahren verbreiteten, die "Tangermünder Wasserplumpser" und die "Madeburger Eisröwer". Von der etwa 25 aktive Mitglieder zählenden Gruppe aus der Landeshauptstadt waren etwa 20 hier, und wie immer mit ganz verschiedenen, phantasievollen Kostümen.

Eine Jahr für Jahr größer werdende Gruppe sind die "Saunis" aus Arendsee. Die Eisbadergruppe, die sich aus Bekanntschaften bei Saunagängen rekrutiert hat, feiert nächstes Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. Dann werde es eine zünftige Party am Arendsee geben, kündigte Uwe Walter, der Chef der "Saunis", an. Etwa 20 Mitglieder gehören derzeit zur Gruppe, 16 von ihnen waren hier, 14 im Wasser. Daheim treffen sie sich alle 14 Tage Sonntag um 14 Uhr beim Kloster zum Baden im Arendsee.

Die Mitglieder der Gruppe seien so zwischen 40 und 70 Jahre alt. "Jüngere hätten wir gern dabei, aber die wollen nicht. Das Eisbaden ist eben so eine Macke, die eher die Älteren haben", lacht Uwe Walter.

Tatsächlich waren diesmal gar keine Kinder mit im Wasser. Die inzwischen zwölfjährige Cora von den Warener Eisvögeln, die das Eisbaden praktisch in die Wiege gelegt bekam, konnte krankheitsbedingt diesmal nicht mit ins Wasser. Und Thurid Stielau schaute auch vom Ufer aus zu, obwohl sie sonst ohne weiteres ins eisige Wasser geht. Jedoch sind die Gastgeber, die "Ferchländer Schwäne", immer die letzten. Und die Zuschauer können es sicherlich nachempfinden: Je länger man in der Kälte stillsteht, desto mehr kühlt man aus - für Eisbader eigentlich gar keine guten Voraussetzungen, insbesondere nicht für Kinder.

Die letzten Gruppen beim Eisbaden sollten also umso mehr die Anerkennung der Zuschauer bekommen, vor allem bei mehreren Grad unter Null wie am Sonnabend. "Und die Sonne ist auch immer schon weg, wenn wir ins Wasser gehen", beklagten sich scherzhaft die "Schwäne".

Wer nur das Ferchländer Eisbaden kennt, dem sei aber gesagt: Es geht noch härter! Winterbaden in der Ostsee braucht mit Sicherheit noch viel mehr Überwindung. Einige Ferchländer und auch etliche "Frosty Koalas" haben das schon mitgemacht und fahren auch immer wieder zu Veranstaltungen dorthin.

Zu denen, die fast täglich in der Ostsee baden, gehört der "Rügener Zitteraal" Hartmut Kuse aus Sellin. Er kümmert sich seit etwa eineinhalb Jahren um die Internetseite "Winterschwimmen.de", auf der über alle Gruppen, Termine und vieles andere rund ums Eisbaden informiert wird. "Die Seite hat Rolf Reichel aus Pirna aufgebaut und sie etwa zehn Jahre betreut. Jetzt mache ich es weiter", berichtet er. Entstanden sei die Seite mal als Vereinsseite der "Pirnaer Eisbrecher". Nun ist sie praktisch das Info-Portal für alle Eisbade-Fans.

Hartmut Kuse, der zum wiederholten Male als Neptun in den Ferchländer Feuerlöschteich stieg, betreibt das Eisbaden seit 1998 intensiv. "Früher bin ich Ultra-Langstrecke gelaufen", erzählt er. "Dabei ging\'s gelegentlich auch mal durchs Wasser." Schon in den 80er Jahren sei er so hin und wieder mal in die eisige Ostsee gesprungen. Jetzt macht er es täglich. Sein Stamm-Badeplatz ist direkt neben der Seebrücke Sellin. "Dort war die Wassertemperatur jetzt minus 0,6 Grad, berichtete er von seinem letzten Bad daheim. Das Salzwasser macht\'s möglich, dass die Temperatur tatsächlich auch unter null sein kann. Dazu kommt noch der Wellengang, der immer neues kaltes Wasser an den Körper spült.

Genau in die entgegengesetzte Richtung, nach Oberwiesenthal, fahren Henry und Berit Stielau und noch viele andere Eisbader in zwei Wochen. Dort wird der traditionelle Schifasching veranstaltet, bereits zum 31. Mal verbunden mit dem Eisbaden. Dort wird diesmal auch der Wanderpokal für den "Coolsten Winterschwimmer" weitergegeben. Das verriet Ronald Hanns von den Leipziger Pinguinen, der ihn zur Zeit besitzt. Der Auserwählte, an den er ihn weitergeben will, war in Ferchland nicht dabei. Wer es ist, verriet er natürlich noch nicht. Henry Stielau hatte den Pokal natürlich auch schon mal.

Ein großer Teil der Eisbader kam anschließend zum Kaffeetrinken ins "Elbehaus". Ferchländer Frauen hatten insgesamt 16 leckere Kuchen gebacken und jede Menge Kaffee, Tee und Kakao gekocht. Darauf freuen sich viele immer schon ganz besonders und langen tüchtig zu. Da kann dann schon mal eine vorsichtige Frage wie dieses Mal von einem Rostocker kommen: "Muss ich noch was extra bezahlen? Ich hab einen ganzen Teller Kuchen gegessen!"