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Eiserne Hochzeit Donnerstags ist Familientag

Die Genthiner Eheleute Ruth (87) und Alfred (86) Grabig feierten das Fest ihrer eisernen Hochzeit.

Von Simone Pötschke 30.12.2016, 05:00

Genthin l Die Klingel der Haustür schellt. Nach nur kurzer Zeit hört man schnelle Schritte die Treppe herunter kommen. Dann öffnet freundlich die eiserne Braut die Tür. Ruth Grabig empfängt an ihrem Ehrentag alle Gäste höchstpersönlich - und nimmt dabei den Weg über die Treppe runter an die Haustür und wieder hoch zur Wohnung mit erstaunlicher Bravour.

Die 87-Jährige hat auch den Empfang der Gäste voll im Griff. Der Kaffee ist vorbereitet, die Sektflasche ist geöffnet und die Häppchen geschmiert, als Landrat Steffen Burchhardt und Alexandra Adel von der Stadtverwaltung zur Gratulationscour kommen.

Das Ehepaar Ruth und Alfred Grabig genießt es sichtlich , ihr Alter in den vertrauten vier Wänden erleben zu können. Obwohl Alfred Grabig seit einer Hüftoperation Anfang der 1990er Jahre körperlich eingeschränkt ist, haben sich beide in ihrer Häuslichkeit eingerichtet. Der Landratbesuch bot dem Paar Anlass, in Erinnerungen zu kramen, bevor es um punkt 12 Uhr mit der Familie zur Feier ins Café Nicole ging. Nein, ein Hochzeitsbild vom 20. Dezember gibt es nicht. Seinerzeit sei das nicht so wichtig gewesen. „Doch so haben wir in etwa damals ausgesehen“, kramt der Jubilar ein Bild hervor.

Seit 1976 lebt das Paar in Genthin. Etliche berufliche Stationen brachten den gebürtigen Chemnitzer und die junge Frau aus Bertingen schließlich in die Kanalstadt. Alfred Grabig arbeitete bei der Gewerkschaft der Land-, Nahrungsmittel- und Forstwirtschaft, seine Frau ging dem Beruf einer Schneiderin nach.

Zunächst war Alfred Grabig bei der Polizei, dann bei der Nationalen Volksarmee und setzte sich mit 40 Jahren noch einmal auf die Schulbank, als er in Bernburg Landwirtschaft studierte. Viel hat er aus dieser Zeit zu erzählen. Gut und verlässlich ist bis auf den heutigen Tag sein Erinnerungsvermögen. Klar, dass dem Paar auch ihr Hochzeitstag in bester Erinnerung geblieben ist. Die Sonne strahlte, als sie mit der Kutsche nach Mahlwinkel zur standesamtlichen Trauung unterwegs waren, erzählt Ruth Grabig. Und Ehemann Alfred weiß es noch ganz genau: „Der Bürgermeister, der die Trauung vorgenommen hat, hatte verschlafen und wir mussten ihn wecken.“ Für den Bürgermeister sei es die erste Trauung gewesen, die er vollzogen habe.

Über ihre 65-jährige Ehe will das Paar bei Feierlaune nicht lange sinnieren. Alfred Grabig macht es deshalb kurz. „Auch durch eine Ehe muss man sich kämpfen. Es verläuft nicht alles glatt .“

Das Paar hat sich das Glück ihrer Zweisamkeit in vielen Ehejahren bewahrt, so begleitete es zwei Töchter hinaus in das Leben und freut sich mittlerweile über fünf Enkel und acht Urenkel. Familie ist den Beiden bis auf den heutigen Tag wichtig. Jeden Donnerstag ist im Hause Grabig Familientag. Auch zu Weihnachten stand Ruth Grabig am Herd für ihre Lieben. „Aber meine Tochter hat mich unterstützt“, sagt die eiserne Braut.

Als gelernte Schneiderin sieht sich Oma auch heute noch in der Pflicht, Reißverschlüsse einzunähen, Hosen zu kürzen und kleine Reparaturarbeiten an der Garderobe vorzunehmen.

„Wir versuchen, die Arbeit im Haushalt so gut es geht gemeinsam zu erledigen. Das ist wichtig“, sagt Alfred Gabrig. Meine Frau wäscht ab, ich trockne ab und dann ist eine Stunde Mittagspause. Danach lesen wir gemeinsam die Zeitung.“

Trotz körperlicher Behinderung hat sich der eiserne Bräutigam einen wachen Geist bewahrt. Dass die neue Henkelbrücke nach vielen Monaten immer noch nicht fertiggestellt ist, kann er partout nicht verstehen. Er könne sich jedenfalls noch gut daran erinnern, wie die Fußgängerbrücke über die Uhlandstraße montiert wurde - an einem Tag. Und überhaupt gab es im Altkreis Genthin eine starke Landwirtschaft - Alfred Grabig konnte dem Landrat dazu manches Wissenswertes erzählen.