Mit Gesang leichter durch den Alltag

Genthin l „Das Herz klopft ganz schön“, flüstert das Geburtstagskind Karla Waschke ihrer Tochter Edda Massanz leise und vertrauensvoll zu. Der große Tag bringt für die alte Dame viel Aufregung mit sich. Schon Tage vor dem Geburtstag bat die Jubilarin ihre Tochter, ihr für den großen Tag besonders schöne Garderobe zum Anziehen bereitzulegen. Eine Selbstverständlichkeit für Tochter Edda Massanz, die alles im Haushalt der Jubilarin managt.

Geburtstagsgäste geben sich seit den Vormittagsstunden die Klinke in die Hand, das Telefon klingelt. Der alten Dame fällt es schwer, den Trubel um sie herum zu verkraften. Ein Unfall im Oktober vergangenen Jahres hat sie hinfällig werden lassen. „Meine Mutter hat sich so sehr auf ihren 90. Geburtstag gefreut.“ Ihr gesundheitlicher Zustand ließe nun keine große Feier mehr zu, doch trotzdem wolle ihr die Familie einen schönen Tag bereiten, sagt Tochter Edda, die ihre Mutter rund um die Uhr aufopferungsvoll pflegt und so das Geburtstagsgeschehen fest im Griff hat.

Zum Gratulieren sind am Vormittag neben Nachbarn auch Wera und Lothar Haase gekommen. Sie sind gute alte Bekannte der Familie, die als ein Geschenk für Karla Waschke Zeit und Zuwendung mitbringen. Lothar Haase, Urgestein des Genthiner Waschmittelwerkes, erheitert die Geburtstagsrunde mit der Erinnerung an „allerhand schöne Feten“, die man früher miteinander gefeiert habe.

Im Jahr 1961 zog die Familie Waschke von Sandau nach Genthin, nachdem sie auf einem Grundstück unmittelbar am Kanal ein Haus gebaut hatten. Der Ehemann Karla Waschkes war als Werkstattmeister der Zentralwerkstatt des Straßen- und Tiefbaukombinats Magdeburg beruflich fest in Genthin verankert, so dass die Familie hier auch heimisch wurde. Als Verkäuferin in der Spowa wurde Karla Waschke vielen Genthinern zu einem bekannten Gesicht.

Als Tochter Edda dicht an die Seite ihrer Mutter rutscht und ihre Hände liebevoll streichelt, werden bei dem Geburtstagskind Erinnerungen wach: „Ich wusste schon sehr früh, dass ich einmal Verkäuferin werden wollte“, sagt sie, obwohl ihr das Sprechen mitunter schwer fällt. Ihre Mutter, weiß Tochter Edda zu erzählen, sei stets ein sehr lebenslustiger und lebensbejahender Mensch gewesen. Der kleine Garten am Haus sei ihr Ein und Alles gewesen.

Heute ist es ruhig um Karla Waschke geworden, die Tücken des Alters setzen ihr Grenzen. „Sie blättert noch ein wenig in der Zeitung, manchmal schaut sie noch fern, aber meistens nur ein Momentchen“, erzählt ihre Tochter. Die Freude am Singen begleitet Karla Waschke sie seit eh und je. Abends zum Einschlafen singe sie. Und obwohl gesundheitlich stark angeschlagen, singe sie gemeinsam mit ihren Enkeln und vier Urenkeln leidenschaftlich gern, erzählt die Tochter der Jubilarin. Das seien sehr schöne Momente im Familienleben.

Aufopferungsvoll und innig pflegt Edda Massanz ihre Mutter. „Ich mache das gerne, weil ich meinen Eltern sehr dankbar bin. Als Kind habe ich trotz schwieriger Zeiten alles bekommen, was ich wollte. Meine Eltern haben mir vieles ermöglicht, davon will ich heute meiner Mutter etwas zurückgeben“, sagt Edda Massanz, die inzwischen auch das Rentenalter erreicht hat.