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Gesperrt  Stilles Aus für Bunker-Führungen

Die Bunkeranlage unter dem Genthiner Marktplatz wurde durch die Stadtverwaltung gesperrt.

Von Simone Pötschke 02.07.2018, 01:01

Genthin l Eine Schulklasse des Genthiner Bismarck-Gymnasiums findet sich kurz vor den Ferien zu einer Führung durch die Stadt auf dem Marktplatz ein. Stadtführer Heinz Köppe holt in einem Vortrag aus, geht auf die Geschichte des Rathauses ein, erwähnt die Neugestaltung des Marktplatzes vor einigen Jahren und deutet dann auf das grüne Info-Häuschen mit den Veranstaltungshinweisen. Ein kleines Seufzen kommt ihm an dieser Stelle über die Lippen. Dort befinde sich der Eingang zur Bunkeranlage, die sich unter dem Marktplatz befinde, fährt er fort. Doch die, erwähnt er eher beiläufig, sei gegenwärtig für Besucher gesperrt.

Schon seit dem Frühjahr sei das Betreten des Bunkers für die Öffentlichkeit tabu, wird er später auf Anfrage sagen. Alles andere als eine gute Nachricht.

Weder die Touristinformation noch die Stadtverwaltung haben die Bunkerschließung bisher offiziell mitgeteilt. Gründe, warum die Stadt den Zutritt zur Bunkeranlage untersagt hat, wurden bisher öffentlich nicht bekannt.

Die letzten Führungen wurden durch die Touristinformation zum Tag des offenen Denkmals im September vergangenen Jahres organisiert.

Kurios: Eigentlich hätten zu diesem Zeitpunkt schon längst keine Führungen mehr angeboten werden dürfen. Dies geht aus einem internen Papier der Verwaltung hervor, das der Volksstimme vorliegt. Datiert ist es vom Mai des vergangenen Jahres. In dem Dokument werden eine Reihe Sicherheitsmängel aufgelistet, die eine weitere Besichtigung des Bunkers unmöglich machten. Aufgezählt werden unter anderem das Nichtvorhandensein eines zweiten Fluchtweges und die fehlende Kennzeichnung der Fluchtwege. Es fehle eine Belüftung, es gebe keine persönlichen Schutzmaßnahmen für Besucher. Bemängelt wurde außerdem, dass es vor Beginn einer Führung keine Sicherheitseinweisung gebe.

Den Empfehlung des zuständigen Fachamtes vom Mai 2017, den Bunker „dicht zu machen“, ist man allerdings erst ein Jahr später nachgekommen. Zu den Gründen der zeitlichen Verschleppung äußerte sich die Verwaltung nicht.

Alexandra Adel, Abwesenheitsvertreterin des Bürgermeisters, versicherte jedoch gegenüber der Volksstimme, dass die Stadt wieder Führungen durch die Bunkeranlage ermöglichen wolle. Dazu würden gegenwärtig kleinere Reparaturen vorgenommen. Außerdem liefen im Bunker Untersuchungen hinsichtlich der immer wieder eintretenden Nässe.

Einen Termin, ab wann die Bunkeranlage wieder für öffentliche Führungen zugänglich sein wird, nannte Alexandra Adel jedoch nicht.

Zur Bunkeranlage gehören neun Räume in einer Größe zwischen 3,4 bis 10,6 Quadratmetern, die eine Raumhöhe von 1,90 und 2,10 Metern aufweisen. Decken und Fußböden entstanden aus 50 Zentimeter starkem so genannten Ortbeton.

Relativ spät im Verlauf des Krieges, im Dezember 1943, beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Genthin im Angesicht des totalen Luftkrieges den Bau dieser Bunkeranlage als eine „Luftschutz-Befehlsstelle“.

Der Bau der Anlage erfolgte im Frühjahr 1944 durch den Reichsarbeitsdienst unter der Führung der Organisation Todt, eine paramilitärische Bautruppe. Erst kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges, etwa im Februar 1945, war die Anlage fertiggestellt. Vieles in der Geschichte der Bunkeranlage lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren, denn wichtige Unterlagen sind mit dem Kriegsende verschwunden.

Von diesem Bunker aus sollte lediglich der Luftschutz organisiert werden, er sollte der Bevölkerung nicht zum Schutz dienen.

Seit dem Jahr 2003 kann der Bunker auch Dank der Initiative des Genthiner Fördervereins für Stadtgeschichte von der Bevölkerung besichtigt werden. Der Förderverein hat in seiner Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt eine Broschüre über die Bunkeranlage herausgebracht, die im Museum und in der Touristinformation erhältlich ist.