Holzeinschläge „Noternten“ erzwingen Waldumbau
Lichte Kiefernbestände, Kahlschläge: Wie sieht die Zukunft der Wälder um Genthin aus?
Genthin l Nichts mit Ruhe in den Wäldern rund um Genthin. Die Holzernte wird hier auch in den nächsten Monaten auf vollen Touren laufen. Der verhältnismäßig radikale Holzeinschlag hinterlässt auch für den Laien sichtbar deutlich Spuren. Hauptsächlich alte Kiefernbestände haben sich deutlich gelichtet, aber auch eine Reihe von Kahlschlägen sind entstanden. Die Wälder um Genthin sind nicht unbedingt ein Hotspot des Baumsterbens wie etwa der Harz. Trotzdem hat der Holzeinschlag etwas von einer „Noternte“.
Denn der großflächige Einschlag ist wie fast überall den unterdurchschnittlichen Niederschlagsmengen der vergangenen Jahre geschuldet. 2018 fielen nur 371 Liter Niederschlag. Das entspricht gegenüber dem langjährigen Mittel nur 68 Prozent. Auch in den Jahren 2019 mit 72 Prozent und 2020 mit 88 Prozent war die Wasserversorgung der Wälder um Genthin zu gering. Hinzu kamen noch die Stürme, wie zum Beispiel „Herwart“, und die heißen Sommer. Forstamtsleiter Peter Sültmann spricht fachmännisch von „Komplexschäden“.
Gerade die Altkiefern konnten die anhaltende Trockenheit, die Zunahme von Pilzkrankheiten und den Schädlingsbefall nicht verkraften und sind zu großen Teilen abgestorben.
Die Folge: Auf einer Waldfläche von zirka 720 Hektar mussten so allein im Jahr 2020 in den Revieren Jerichow und Havemark des Betreuungsforstamtes 43 000 Festmeter Schadholz beseitigt werden.
Das Land Sachsen-Anhalt hat zur Bewältigung dieser Extremwetter-, Käfer- und Diplodiaschäden eine Förderrichtlinie auf den Weg gebracht. 2020 wurden so 37 Waldbesitzer vom Betreuungsforstamt Elb-Havel-Winkel bei der Beantragung und Auszahlung von zirka 230.000 Euro unterstützt.
Mit der massenhaften Entnahme von Schadholz verbindet sich zwangsläufig für die vielen privaten Waldbesitzer im Zuständigkeitsbereich des Betreuungsforstamtes die Frage nach dem Waldumbau. Denn der Klimawandel ist längst auch in den Wäldern angekommen. Sültmann zufolge sind allein 2020 von Waldbesitzern und Kommunen mit Unterstützung des Forstamtes und seiner Förster 14 Anträge zur Wiederaufforstung beziehungsweise zur Unterpflanzung von 18 Hektar der vom Schadholz beräumten Flächen beantragt und zum Teil bereits abgerechnet worden. Das Fördervolumen beliefe sich auf 126.000 Euro. Bedauerlicherweise, sagt Forstamtsleiter Peter Sültmann, würden bisher gerade die kleineren Waldbesitzer relativ wenig solche Förderungen in Anspruch nehmen.
Für sie würde sich, wenn es um Wiederaufforstung und Unterpflanzung ginge, eine Mitgliedschaft in einer Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) bezahlt machen. Denn solche Maßnahmen würden durch die FBG organisiert und abgerechnet, so dass auch der kleine Waldbesitzer in den Genuss forstlicher Fördermittel gelänge. Derzeit sind im Zuständigkeitsbereich des Betreuungsforstamtes 419 Eigentümer in Forstbetriebsgemeinschaften organisiert.
Forstamtsleiter Peter Sültmann meint: „Es ist leider so, dass wir uns wohl noch länger an den Anblick von Kahlschlägen gewöhnen müssen, obwohl wir bereits seit mehr als drei Jahrzehnten einen Waldumbau betreiben.“ Auch zukünftig müsse mit hohen Niederschlagsdefiziten gerechnet werden. Wissenschaftliche Klimamodelle prognostizieren für die nächsten 40 Jahre, dass die Niederschläge für das Gebiet um Jerichow und Genthin um zirka 250 Millimeter zurückgehen könnten. Das grenze, so Sültmann, die Auswahl der Baumarten, die für den Waldumbau im Territorium in Frage kommen, stark ein. Wobei die Kiefer, betont der Forstamtsleiter, aufgrund der vielen sandigen und trockenen Standorte in der Region die Hauptbaumart bleiben werde und da, wo es sich anbiete, über Naturverjüngung wiederhergestellt werden sollte.
Bei Neuaufforstungen wird auch zukünftig vom Forstamt empfohlen, zirka drei bis fünf Baumarten in Gruppen und Horsten zu pflanzen, um so das wirtschaftliche Risiko für die Waldbesitzer in Grenzen halten zu können. Neben Kiefern, Lärchen und Douglasien kommen für Sültmann Laubbäume wie Eichen- und Ahornarten, die Birke, die Linde oder auch Esskastanie und Baumhasel in Frage.
Wenn Sültmann nach positiven Beispielen sucht, bei denen schon vor Jahren der Waldumbau hin zu artenreicheren Wäldern angeschoben wurde, nennt er neben Hohenbellin, Scharteucke und Jerichow insbesondere auch den Genthiner Stadtwald und den Landeswald.