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Kartoffelfest Von Spitzensuppen bis Amors Pfeil

Kein Kartoffelfest 2020 in Genthin wegen Corona. In dieser Pause erinnert die Volksstimme an vergangene Feste.

Von Mike Fleske 20.09.2020, 01:01

Genthin l Statt eines Kartoffelfestes im Volkspark gibt es in diesem Jahr nur Erinnerungen an die Höhepunkte und besonderen Begebenheiten aus 25 Jahren. „Das kann man gar nicht alles aufzählen“, sagen Sigrid Röthig und Marina Conradi von der Genthiner Touristinformation. Während Sigrid Röthig 26 mal verantwortlich für die Durchführung des Suppenwettbewerbes war, hatte Marina Conradi von Anfang an den Hut bei der Gesamtverantwortung auf.

Eher bescheiden nahm sich das erste Jahr aus. An einem Sonnabend im September 1994 ging es um 10 Uhr los. Gegen 18 Uhr war alles vorbei. Trotzdem waren 2000 Besucher vor Ort. Den Start bildete am Morgen ein Auftritt der Jagdhornbläser aus Mützel. Erster Stargast war der Niederländer Niek Boes, der als Robotermann und Stimmenimitator auf dem Gelände unterwegs war. Es sei eine total gemütliche Veranstaltung gewesen, erinnerte sich Boes vor einigen Jahren. Nach der Show hätten ganz viele Besucher ein Autogramm von ihm haben wollen. „Damit hatte ich nicht gerechnet und nicht genug Karten dabei.“

Kurios waren auch die gleichzeitig stattfindenden Wettbewerbe im Melken einer Kunstkuh, Gummistiefelweitwurf und eines Skatturniers im Hotel Müller. Aber schon im Premierenjahr wurde auf dem Kartoffelfest um die Wette Kartoffeln geschält und Kartoffelsuppe verkostet.

„Am Anfang gab es noch sehr moderne, eigenwillige Kreationen“, erzählt der Magdeburger Koch Christian Ulrich, der bei mehr als 20 Verkostungen dabei war. Da gab es Suppen mit pürierten Kartoffeln, mit Lachs, mit Aal. Später seien die Regularien strenger geworden und klassische Kartoffelsuppen verlangt worden. „Spannend ist, dass jeder Koch etwas anders kocht, Gewürze, Gemüsebeilagen oder Fleischeinlagen unterschiedlich einsetzt und dennoch eine sehr große Bandbreite an Geschmacksrichtungen angeboten wird.“ Für Ulrich haben die Köche in den vergangenen Jahrzehnten eine gute Arbeit gemacht, aber auch die zahlreichen Juroren – an die 500 müssen es gewesen sein. „Es hat meiner Meinung nach immer der beste Kartoffelsuppenkoch des Jahrgang gewonnen.“ 1996 war Ewen Potas mit seinerzeit zwölf Jahren der jüngste Gewinner aller Zeiten.

Bereits 1997 hatte sich das Kartoffelfest etabliert und es gab einen Besucherrekord und großen Hunger. Folge: Bereits um 12 Uhr waren alle Gulaschkanonen leer. Und auf dem Kartoffelfest gab es noch mehr, vom traditionellen Handwerk wie Korbflechten, Spinnen bis hin zum manuellen Kartoffelsortieren. Auf der Bühne reichte das Programm von Tanz, Sport bis hin zum Gesang.

Besonders spektakulär geriet 2006 der Auftritt der Gruppe City. „Vor der Bühne dürfen keine Sitzbänke stehen, das ist bei einem Rockkonzert nicht zulässig“, machte der damalige Polizeichef deutlich. Die Mitarbeiter des Organisationsteams baten jeden der Gäste aufzustehen und entfernten die Sitzbänke. Und dann gab es auch einige Pannen. „Wenn wir den großen Aufmarsch der regionalen Majestäten hatten, fehlten auch schon mal Namen oder sogar Majestäten, die angekündigt wurden“, erzählt Marina Conradi. 1996 musste die Band „The permanent cure“ aufgrund von Krankheit absagen, eine Gruppe namens „Emotion“ sprang kurzfristig ein. Im Jahr 1998 gab es eine Überraschung bei der Radio Brockenparty. Moderator Chris Derer erschien nicht.

Doch das Kartoffelfest war auch immer voller spektakulärer Aktionen. Von rasanten Motorrad-, Artistik- und Trommelshows bis hin zu Laservorführungen und Feuerwerken. Ein persönliches Feuerwerk war das Jahr 2010 für Anne Wahrenburg und Oliver Hofmann. Beim Kartoffelfest liefen sich die Beiden das erste Mal über den Weg. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Anne Wahrenburg. Bei Oliver Hofmann dauerte es noch einen kleinen Moment länger, nachdem er sie entdeckt hatte. „Ich stand mit einem Freund zehn Meter von einer Runde Frauen entfernt, unter denen auch Anne war.“ Sie drehte sich um und schaute sich diesen Mann, der ihr Herz im Sturm erobert hatte, noch einmal an, ein zweiter verstohlener Blick und noch ein dritter.

„Da hat Amor auch bei mir seinen Pfeil verschossen“, erinnert sich Oliver Hofmann. „Ich bin Anne“, sprach sie ihn an. Aus der Liebe wurde vor sieben Jahren eine Ehe, die auch im Jahr 2020 glücklich ist. „Hätte es ein Kartoffelfest gegeben, hätten wir im Volkspark gefeiert“, sagt Anne Wahrenburg.

Im Volkspark bleibt an diesem Wochenende alles ruhig. Aber so ganz ohne Aktion geht es auch in diesem Jahr nicht. Am 26. und 27. September und vom 1. bis 4. Oktober gibt es im Park ein Kinderland mit Fahrgeschäften. Dann ist zumindest Rummelplatzbetreiber Freddy Schmidt wie sonst im September vor Ort.