Stadtpolitik Kein Disziplinarverfahren gegen Genthiner Bürgermeister
Kommunalaufsicht des Landkreis Jerichower Landes weist Dienstaufsichtsbeschwerde in weiten Teilen zurück. Aber der Stadtrat möchte einen eigenen Verweis.

Genthin. - Genthins Bürgermeister Matthias Günther (parteilos) muss sich keinem Disziplinarverfahren stellen. Eine Prüfung der Kommunalaufsicht ergab insgesamt kein größeres Fehlverhalten des Stadtchefs, der sich dennoch weiter der Kritik ausgesetzt sieht.
Hintergrund war eine Hauptausschusssitzung im Mai, die der Bürgermeister im nichtöffentlichen Teil abgebrochen hatte. In diesem Ausschuss obliegt dem Stadtchef die Sitzungsleitung. Laut mehreren anwesenden Stadträten sei eine Diskussion um den fehlenden Haushalt „eskaliert“. Günther sei nicht bereit gewesen, einen Brief des Landkreises vorzulesen, der sich mit dem Genthiner Haushalt beschäftigte.
Der Bürgermeister soll versucht haben, einem der hartnäckig weiter fragenden Räte das Wort zu entziehen und sein Hausrecht zu nutzen, um diesen des Saales zu verweisen. Schließlich hätte Günther die Sitzung einfach abgebrochen.
In den Reihen der Stadträte war danach der Unmut so groß, dass Grünen-Fraktionschef Lutz Nitz eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Genthiner Bürgermeister bei der Kommunalaufsicht des Landkreises gestellt hatte. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass der Bürgermeister das Recht der Räte auf Anfragen und Anträge verletzt habe, indem er diese Möglichkeiten nicht im notwendigen Umfang eingeräumt habe. Allerdings äußerte sich der Landkreis schon im Sommer gegenüber der Volksstimme eher vorsichtig: „Aus dem Informations- beziehungsweise Unterrichtungsrecht folgt nicht unmittelbar ein Anspruch auf Überlassung einer Abschrift des Schreibens zugunsten der Stadtratsmitglieder. Im Ergebnis der Prüfung blieb der Landkreis bei seiner abwägenden Haltung.
Stadtrat nicht bewusst an Tätigkeit gehindert
Demnach könne man nicht erkennen, dass ein Stadtrat bewusst an der Ausübung seines Mandates gehindert worden sei, indem der Bürgermeister in der Sitzung Fragen nicht zugelassen habe. Der Landkreis wertete es sogar als zulässig, dass der Bürgermeister als Sitzungsleiter bei Zwischenrufen einen sogenannten Ordnungsruf erteile und einem Stadtrat mit dem Ausschluss aus der Sitzung gedroht habe, nachdem dieser wiederholt Zwischenfragen getätigt habe.

Auch eine Vernachlässigung der Informationspflicht sah der Landkreis aufseiten des Bürgermeisters nicht. Allerdings kritisierte man den Abbruch der Sitzung. Eine solche Maßnahme sei nur in ganz besonderen Fällen zulässig. An dieser Stelle sei es aber ein Bagatellvergehen des Bürgermeisters gewesen, das keine weiteren Folgen nach sich ziehe.
Stadtrat bringt Missbilligung auf den Weg
Der Landkreis hat dem Stadtratsvorsitzenden mitgeteilt, von weiteren Maßnahmen abzusehen und kein Disziplinarverfahren einzuleiten. Allerdings räumte die Kommunalaufsicht dem Stadtrat das Recht ein, dem Bürgermeister eine Missbilligung auszusprechen.
Ein Antrag auf eine solche Missbilligung ist am Donnerstag im nichtöffentlichen Teil der Stadtratssitzung angenommen worden. Unter anderem waren als Begründung nicht fristgerechte Antworten auf Anfragen, die veränderten Ausschreibungsmodalitäten für die Stelle des Kämmerers und der Abbruch der Hauptausschusssitzung im Mai angeführt worden.
Auf Volksstimme-Anfrage bestätigte der Bürgermeister den Sachverhalt und teilte mit, dass er den Antrag auf eine Missbilligung in der Stadtratssitzung, so wie sie ausgesprochen wurde, entgegengenommen habe.
Enttäuschung bei Grünen-Fraktionschef
Der Stadtratsvorsitzende Gerd Mangelsdorf (CDU) sieht keine weiteren Folgen für den Bürgermeister. „Die Missbilligung ist als schwächste disziplinarische Maßnahme ein Fingerzeig und hat in erster Linie einen moralischen Wert.“ Auch gäbe es keine Grundlage, dass Maßnahmen verhängt werden können.
Enttäuscht zeigte sich Stadtrat Lutz Nitz: „Ich weiß, dass die meisten Stadträte dem Inhalt der Dienstaufsichtsbeschwerde folgen können, aber wenn sich die Kommunalaufsicht nun in dieser Form äußert, halte ich das für sehr bedenklich.“ Die Antwort der Kommunalaufsicht sei seiner Meinung nach nicht hilfreich.