Wo bleibt das öffentliche WC? Keine Toilette auf dem Bahnhof
Wer kennt das nicht? Man steht auf dem Bahnhof und will vor Reiseantritt noch einmal zur Toilette. Die Bahn hat Verspätung, ihre Mitarbeiter befinden sich im Streik etc. - solche Szenarien sind nicht selten, auch diese Zeit nutzt manch Reisender gerne, um noch einmal ein WC aufzusuchen. Was auf anderen Bahnhöfen kein Problem ist, wird in Genthin schwierig. Hier gibt es nämlich keine öffentliche Toilette. "Warum?", fragt unsere Leserin Ute Schulze aus Tucheim.
Genthin/Tucheim. "Ich fahre jede Woche mindestens einmal mit der Bahn", erzählt Ute Schulze. "Und jede Woche ärgere ich mich aufs Neue, dass es dort keine einzige Toilette gibt." Sie geht dann in die naheliegende Eisdiele. "Da muss ich aber bezahlen, und Sinn der Sache kann das ja nicht sein", so die Tucheimerin. Auch im Bahnhofsimbiss hat sie schon nachgefragt.
"Für die Benutzung öffentlicher Toiletten würde ich gerne bezahlen"
Dort gibt es zwar eine Toilette, die sei aber "eine Zumutung" und eben auch nicht öffentlich. Das heißt, die Inhaber sind nicht verpflichtet, die Reisenden ihr WC nutzen zu lassen. "Dass sie es trotzdem tun, ist nett, aber es muss doch andere Möglichkeiten geben", sagt Ute Schulze. "Für die Benutzung öffentlicher Toiletten auf dem Bahnhof würde ich auch gerne Geld bezahlen."
Auf Volksstimme-Nachfrage erklärt Änne Kliem die Schwierigkeiten: "Es wäre wünschenswert, auf allen Bahnhöfen Toiletten zu haben, allerdings ist das mit hohen Kosten verbunden", so die Pressesprecherin der Bahn, die für die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständig ist. Außerdem seien die Toiletten auf kleineren Bahnhöfen häufig von Vandalismus betroffen, würden beschmutzt und beschädigt. In jedem Fall müsste man eine Firma bezahlen, die die Toiletten betreibt, wie das auf größeren Bahnhöfen auch praktiziert wird. Auf dem Genthiner Bahnhof seien der Bahn aber die Hände gebunden. "Das Bahnhofsgebäude wurde bereits 2008 an eine andere Firma verkauft." Demnach gehört der Genthiner Bahnhof dem Main Asset Management, welches seine Niederlassung in Leipzig hat.
Ein Mitarbeiter der Firma, der namentlich nicht genannt werden möchte, erklärte auf Volksstimme-Nachfrage: "Im Zuge der weiteren Sanierung wird darüber nachgedacht, Toiletten zu berücksichtigen." Große Hoffnungen macht er allerdings nicht. "Toiletten sind teuer und Genthin ist eine relativ kleine Stadt." Da sei es nicht unüblich, auf dem Bahnhof kein öffentliches Toilettenangebot zu haben. Das Main Asset Management sieht hier die Stadt Genthin in der Verantwortung. "Wir haben der Stadt bereits vor einiger Zeit ein Angebot gemacht."
Dies bestätigt auch Dagmar Turian, Bauamtsleiterin der Stadt Genthin. "Die Unterhaltung wäre für eine Kommune unserer Größe nicht zu verkraften gewesen." Es scheitert also an der Finanzierung, der sich weder die Stadt noch der Besitzer des Bahnhofs gewachsen fühlen. Dagmar Turian verweist auf die Toiletten in der Touristinfo und der Bibliothek, beide Einrichtungen liegen nahe am Bahhnof. Ansonsten könne auf die öffentlichen Toiletten auf dem Marktplatz zurückgegriffen werden.
"Befriedigend ist die gegenwärtige Lösung natürlich nicht"
"Befriedigend ist das alles natürlich nicht", räumt Turian ein und verweist auf Bemühungen, gemeinsam mit dem Personennahverkehr bei der Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes Toiletten zu errichten. Konkrete Informationen gibt es dazu allerdings nicht. Also heißt es wohl bis auf weiteres: Zähne zusammen beißen und warten, bis der Zug kommt. "Alle unsere Züge sind nämlich mit Toiletten ausgestattet", so die Pressesprecherin der Bahn.