Fürs künftige Uhrschlagwerk im Kirchturm soll ein Ersatzanschlag anstelle der wertvollen Glocken verwendet werden Kleinere Bergzower Glocke bekommt neue Aufhängung
Bergzow l Am Montag hat Andreas Kupsch von der Firma Schmidt Glockentechnik Turmuhren aus Berlin die kleine Glocke im Turm der Bergzower Kirche abgenommen. Sie wird eine neue Aufhängung und einen neuen Klöppel bekommen. Parallel dazu wird ein Läutewerk installiert, das halbstündlich die Uhrzeit bekannt gibt (Volksstimme berichtete).
Als Anschlag für den Uhrschlaghammer soll jedoch nicht eine der wertvollen alten Glocken verwendet werden, sondern dafür ein zunächst seltsam anmutender, jedoch bereits in zahlreichen Kirchtürmen verwendeter Ersatz geplant: eine alte Lkw-Felge! "Der Glockensachverständige hat uns das empfohlen und versichert, das klinge von weitem genauso, als ob eine Glocke angeschlagen wird", erklärte Friedrich Schwarz, Vorsitzender des Kirchspielrats. In manchen Kirchen gebe es eigens dafür Klangschalen, jedoch tue es eine Felge auch.
Diese will Landwirt und Ortschaftsratsmitglied Jörg Schulze-Wext bereitstellen. Er hat einige Teile in verschiedenen Größen vorrätig, aus denen nach dem gewünschten Klang eine ausgewählt werden kann.
Die Sanierung der Glockenanlage kann jetzt aber nur begonnen werden. Die große Glocke, die längst nicht mehr geläutet wird, soll zunächst gar nicht angefasst werden. Denn ihre Reparatur wäre sehr aufwändig und teuer, ließ Christoph Schulz, Glockensachverständiger des Landeskirchenamts, in einem Gutachten bereits anklingen.
In diesem Gutachten schreibt Schulz: "Die große, sehr alte Glocke hat die typische Form einer Übergangsglocke von Zuckerhut zur gotischen Rippe. Sie kann man als Blütenkelchform, besser noch als tulpenförmig beschreiben." Das genaue Alter habe er noch nicht bestimmen können, mit Sicherheit werde es aber 700 Jahre oder mehr betragen.
Von der großen Glocke ist die Krone abgeschlagen und sie wurde an ein stark verkröpftes Stahljoch gehängt. "Das Klöppelhängeeisen ist herausgebrochen und in ihr läutet ein Gegengewichtsklöppel."
Die kleine Glocke trage eine Jahreszahl, die aber nicht genau zu interpretieren sei. Es könnte 1579 sein, meint Christoph Schulz. "Aus dem 16. Jahrhundert stammt sie auf jeden Fall."
Auch diese Glocke wurde "misshandelt". Schulz schreibt: "Sie hängt um 90 Grad gedreh und ihrer beiden einzeln stehenden Kronenhenkel beraubt, zweifach durchbohrt an einem geraden Stahljoch. Auch bei ihr ist das Klöppeleisen herausgeschlagen. Der in ihr hängende Klöppel ist sehr grob geschmiedet und reibt sich bei jedem Schlag in die Glockenwandung."
Im Glockenturm steht an der Seite noch ein altes Holzjoch, in dem die kleine Glocke früher gehangen haben könnte. Nach diesem Vorbild solle nun ein neues Holzjoch gebaut werden, beschreibt Schulz die notwendigen Arbeiten. Zugleich solle der sehr breite Glockenstuhl etwas eingeengt werden. Ins Glockenschweißwerk braucht die kleine Glocke nicht gebracht zu werden - was bei der großen unbedingt nötig wäre, sollte sie je wieder läuten. Statt dessen müssen aber zusätzliche Beschläge zur Fassung der Kronenhenkel und ein Hilfsklöppelhängeeisen angebracht werden. Dazu soll ein neuer Klöppel nach der in der Gusszeit der Glocke üblichen Form angefertigt werden.
Für Andreas Kupsch, der mit seinen Kollegen jetzt auch im Turm des Halberstädter Doms Arbeiten zu erledigen hat, ist dies nur ein vergleichsweise kleiner Auftrag. Aber er kennt sich auch mit Dorfkirchen aus. Unter anderem war er schon in Zerben dabei.