Landwirtschaft  Wolfszaun vor dem Aus

Der Wolfszaun in Schopsdorf sorgt weiterhin für Schlagzeilen. Weil die Fronten verhärtet sind, droht dem Projekt nun das Aus.

Von Bettina Schütze 20.08.2018, 08:00

Schopsdorf l Schützt ein Wolfszaun große Rinderherden vor dem Raubtier? Diese Frage sollte in Schopsdorf und Karow mit Hilfe eines Pilotprojektes beantwortet werden. Ein spezieller Zaun wurde vom Land, vertreten durch das Wolfskompetenzzentrum in Iden, geliefert und im Januar 2018 von den Landwirten aufgebaut.

Zwei Jahre sollte nun getestet werden, ob der Zaun beim Schutz der Herden eine Hilfe ist. Die Meinungen gingen von Anfang an auseinander, nun droht dem Projekt das Aus.

Uwe Menge, Vorsitzender der Schopsdorfer Agrargenossenschaft, sagt: „Jetzt sollen die Zäune in Schopsdorf wieder abgebaut werden, verlangt das Wolfskompetenzzentrum.“ Hintergrund sei die Forderung, die Zäune regelmäßig umzukoppeln, was die Mitarbeiter der Agrargenossenschaft laut Menge nicht leisten können. Ursprünglich sollte der Test in Schopsdorf über zwei Jahre, also bis Januar 2020, laufen.

Warum will das Land nun frühzeitig aussteigen? Simone Dahlmann, zuständige Sachbearbeiterin beim Wolfskompetenzzentrum in Iden, verweist auf Volksstimme-Nachfrage auf die Pressestelle der Behörde. Dort heißt es: „In dem Zaunprojekt zum Schutz von Mutterkuhherden sollte durch einen Projektbetrieb die Wolfssicherheit erprobt werden sowie eine Datenerfassung zum Mehraufwand zur Erhaltung von Wolfsschutzzäunen erfolgen.“ Der Zaunbau im Schopsdorfer Projektbetrieb habe diverse Mängel aufgewiesen, die vom Zentrum in regelmäßigen Kontrollen festgestellt worden seien. „Das Zentrum sieht dadurch die Schutzfunktion des Zaunsystems gegen Übergriffe als gefährdet an.“ Aus Sicht des Zentrums würden die Schopsdorfer nicht mehr die erforderlichen Voraussetzungen für das Projekt erfüllen.

Auch in Karow hatte es Probleme mit dem Zaun gegeben, dort wurde er von den Mitarbeitern der dortigen Agrargenossenschaft bereits abgebaut und an die zuständige Behörde zurückgegeben.

In Schopsdorf will man den Versuch allerdings nicht einfach so beenden. Zwar sagte der Vorsitzende der Schopsdorfer Agrargenossenschaft Uwe Menge im Rahmen der Feldfahrt des Kreisbauernverbandes im Frühjahr: „Für Notfälle ist dieser Zaun in Ordnung, auf Dauer ist das System für uns nicht praktikabel.“ Trotzdem wolle man weiter mit dem System arbeiten.

Peter Deumelandt, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands, betont: „Ich glaube nach wie vor nicht, dass der Zaun die Problematik umfassend löst, aber es handelt sich hier um einen wissenschaftlichen Versuch, der zwei Jahre laufen sollte. Das muss man auch einhalten, um verlässliches Zahlenmaterial zu bekommen.“

Ein Knackpunkt ist die Mobilität des Zauns, der regelmäßig umgekoppelt werden muss. „Das ist nicht machbar und arbeitswirtschaftlich nicht möglich“, sagt Uwe Menge. Und: „Auf die aktuelle Situation der Landwirte in dieser Hitzeperiode wird keine Rücksicht genommen.“

Aus dem Wolfskompetenzzentrum heißt es dazu: Das Zaunsystem sei „besonders für den Einsatz bei der Umtriebsweide geeignet. Das mobile Zaunsystem soll dabei punktuell und zeitlich begrenzt, zum Zeitpunkt der Geburt der Kälber, an den Herden eingesetzt werden.“ Dies sei wichtig, um beispielsweise die Bewegung der Wildtiere durch Schutzzäune nicht mehr zu behindern als notwendig.

Der Sinn des Projektes sei es, aufzuzeigen, welchen zusätzlichen Arbeitsaufwand und wie viele zusätzliche Arbeitsstunden für diese Art der Zäunung tatsächlich notwendig sind. Dazu soll der Projektbetrieb diese Daten erfassen und an das Zentrum melden. „Wenn der mobile Zaun nicht umgestellt wird, kann diese Erfassung nicht erfolgen, wodurch das Projektziel nicht erreicht wird.“ Simone Dahlmann sagt auf Nachfrage, dass bisher keine endgültige Entscheidung über den Abbau des Zauns gefallen sei.

Fakt ist, dass es, seit der Zaun steht, keinen Wolfsangriff in Schopsdorf gab. Peter Deumelandt sagt: „Im fünf Kilometer entfernten Ziesar gab es in diesem Zeitraum zehn Risse.“ Auch vor diesem Hintergrund sprach er sich dafür aus, den Zaun stehen zu lassen.

Auch im Landkreis hat man sich zum Thema positioniert. Der Kreistag hatte mit einer Resolution im Juni 2017 die Kreisverwaltung gebeten, die Landesregierung und insbesondere das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie für die mit der Verbreitung des Wolfes einhergehenden Probleme zu sensibilisieren. Der Kreistag forderte die regionale Regulierung der Wolfsbestände als Präventionsmaßnahme und unbürokratische Hilfe bei der Regulierung der Schäden durch den Wolf. Grundsätzlich wurde aber klargestellt, dass die Rückkehr des Wolfes ein positives Zeichen sei.

Die Landesregierung verweist derzeit noch auf den hohen Schutzstatus und darauf, dass ein Eingriff in die Wolfspopulation erst möglich ist, wenn der Fortbestand der Art als gesichert angesehen werden kann.

Eine klare Meinung zum Thema haben die Jäger: „Vergrämmittel (zum Beispiel der Wolfszaun) wirken nur eine gewisse Zeit. Die klassische Vergrämung ohne den Schuss auf den Wolf wird es nicht geben. Alles andere ist Augenwischerei“, sagt Kreisjägermeister Hartmut Meyer. Mindestens vier Rudel würden zwischen Sachsen-Anhalt und Brandenburg für Unruhe sorgen. „Schopsdorf war im Jahr 2017 ein Schwerpunkt. In diesem Jahr sind es Pietzpuhl, Schermen und Möser.“

Landrat Steffen Burchhardt (SPD) kündigte an, sich mit dem Wolfskompetenzzentrum in Verbindung zu setzen, wenn der Leiter Andreas Berbig aus dem Urlaub zurück ist. Ziel sei es, dass die Zäune der Agrargenossenschaft erhalten bleiben.