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Jugendliche beschäftigen sich mit den Folgen des Alkoholkonsums Mit 1,5 Promille ist geradeaus laufen oder einen Hocker besteigen fast unmöglich

Von Mike Fleske 26.10.2011, 06:24

Auf die Gefahren des Alkohols wurden die Schüler von vier Genthiner Schulen mit einem Projekt im Kreishaus aufmerksam gemacht. Ein Parcours im Plenarsaal mit sechs Stationen lud zum Mitmachen ein.

Genthin l "Wir wollen über die Folgen des Alkoholkonsums aufklären, aber den Alkohol nicht verteufeln", machte Sabine Schwarz deutlich. Sie betreute eine von sechs Stationen des Alkohol-Präventionsprojektes im Kreishaus, das gemeinsam von der Suchtberatungsstelle Jerichower Land, dem Gesundheitsamt, der Streetworkerin Petra Schiele sowie der Schulsozialarbeit in Genthin und Brettin veranstaltet wurde.

Die Jugendlichen konnten am Parcours ihr Wissen über den Alkohol testen und erweitern. Sie schlossen sich zu kleinen Gruppen zusammen und gaben sich eigene Namen. Dann wurden die verschiedenen Stationen absolviert. Bei Sabine Schwarz sollte der Alkoholgehalt verschiedener Getränke zugeordnet werden. Die sechs Mädchen der Gruppe "Freakout" aus der 7. Klasse der Sekundarschule Am Baumschulenweg in Genthin grübelten über die richtigen Mengen.

Das Erstaunen war groß, als Schwarz die Lösungen bekannt gab. "Eine halber Liter Bier hat 20 Gramm Alkohol", erklärte sie. Die Mädchen hatten zuvor auf nur 8,2 Gramm getippt. Allerdings habe ein 0,33 Liter Cola-Biermixgetränk ein Alkoholgehalt von 8,2 Gramm, berichtigte Schwarz. Auch das Mädchen schneller betrunken werden als Jungen, zeigte Schwarz anhand von Tabellen auf, die auch den Promillewert nach dem Alkoholgenuss verrieten.

Mit diesem Wissen ging es auf die weiteren Stationen des Parcours, bei dem auch recht einfache aber wirkunsvolle Übungen angeboten wurden. Etwa sollten Bilder dem Begriff Sucht zugeordnet werden oder ein Suchtverlauf von Genuss bis Missbrauch, Gewöhnung und Abhängigkeit erstellt werden. Die Schüler kamen aus den siebten und achten Klassen des Genthiner Gymnasiums, der Dürer-Schule in Parchen sowie der Sekundar- schulen Genthin und Brettin.

Obwohl die Teilnehmer aus verschiedenen Klassen und Schulformen kamen, hatten sie weder mit den Zuordnungsspielen noch mit der Erstellung eines Suchtverlaufes Probleme. "Das konnten alle", bestätigte Jan Eiglmeier von der Suchtberatung Burg. "Wir wollen die Jugendlichen nicht mit erhobenen Zeigefinger belehren", machte er deutlich. "Wir wollen zeigen, wo die Grenzen beim Alkoholkonsum sind und welche Gefahren auch durch die Werbung drohen können."

Auch dieses Thema wurde an einer Station behandelt, wo die Besonderheiten von Werbebotschaften benannt werden sollten. Dass es an den Stationen trotz des ernsten Themas auch unterhaltsam zugehen konnte, zeigte die Station von Dr. Silke Koerth-Bauer. Dort konnten die Jugendlichen Quizfragen beantworten und nach Art der TV-Sendung "Die Montagsmaler" Begriffe zum Thema Alkohol zu Papier bringen, die die Gruppen dann erraten mussten. "Wir können sagen, dass der allgemeine Alkoholkonsum bei Jugendlichen zwar zurückgeht, aber dass das so genannte Komasaufen immer noch sehr in Mode ist", erläuterte Koerth-Bauer die Notwendigkeit solcher Veranstaltungen.

Einen besonderen Aha-Effekt hatte die Station von Birgit Heinzelmann vom Morus-Haus und Jenny Reimann von der Drogenberatungsstelle. Die Jugendlichen konnten dort eine kurze Strecke mit Rauschbrillen bewältigen, bei denen Hindernisse den Weg erschwerten. Während das Laufen, Bälle werfen oder Fahrradschloss befestigen bei simulierten 0,8 Promille noch halbwegs zu schaffen war, wurde es mit Brillen, die 1,3 oder 1, 8 Promille vorspiegelten, sogar sehr schwierig einen Hocker zu besteigen. "Das war als hätte ich vier Beine gehabt", gab Lukas Witte nach dem Probieren zu. Der Hocker habe zweimal nebeneinander gestanden.

Für die Siebtklässlerin Lisa war eine kurze Strecke auf einem Bobby-Car kaum noch zu bewältigen. Mehrfach rammte sie in den Weg gestellte Blumentöpfe. "Der Raum wird viel weiter, und man meint, die Töpfe stünden weiter weg", stellte sie nach ihrer Fahrt fest. Dass man in diesem Zustand kein Fahrrad oder gar Auto fahren könnte, bestätigte sie ganz klar.

Nicht nur für die Schüler war die Veranstaltung eine Möglichkeit, sich auf andere Weise mit dem Thema Alkohol zu beschäftigen als im Unterricht. Auch die begleitenden Lehrkräfte der unterschiedlichen Schulen waren voll des Lobes. "Es ist eine andere Art, über die Folgen des Alkoholkonsums zu informieren", erläuterte Lehrerin Kerstin Glück-Lederer. In vielen Familien würde nicht über dieses Thema gesprochen, meint sie. So dass an dieser Stelle das Bewusstsein der Schüler geschärft werde, denn viele der anwesenden Jugendlichen hätten bereits erste Erfahrungen mit Alkohol gemacht.

Ein positives Fazit zog auch Silke Koerth-Bauer und war sich sicher: "Wir machen das wieder." Denn im kommenden Jahr gäbe es neue siebte und achte Klassen, und das Thema Alkohol bleibe auch weiterhin aktuell.