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Ehejubiläum Nicht ohne eine Hochzeitsreise

Das seltene Fest der Eisernen Hochzeit feierten Anneliese und Siegesmund Polei aus Genthin.

Von Simone Pötschke 06.02.2019, 00:01

Genthin l „Es ist wieder Zeit zum Feiern“, meint Siegesmund Polei (85) und seine Ehefrau Anneliese (84) blinzelt ihm bei diesen Worten zu, als sie bei einer Tasse Kaffee über die bevorstehende Feier ins Plaudern kommen.

Beide begingen das Fest ihrer Eisernen Hochzeit, direkt am Tag allerdings nur in einem kleineren Kreis. Vor 65 Jahren heiratete das Paar in Altenplathow und feierte ohne viel Pomp in einer kleinen, beengten Wohnung. Zweckmäßigkeit stand seinerzeit im Vordergrund: „Wir haben die standesamtliche und die kirchliche Trauung gleich an einem Tag abgewickelt“, sagt Anneliese Polei, eine gebürtige Genthinerin, die von sich sagt, dass sie mit „echtem Kanalwasser“ getauft worden sei.

Dass nach 65 Jahren die gesamte Familie ihrer Einladung zur Feier im „Bullenwinkel“ Folge leisten konnte, war den Beiden sehr wichtig. Kinder und vor allem ihrer Enkelkinder hat es mittlerweile weit über die Stadtgrenzen hinaus gezogen.

Da müsse am Wochenende gefeiert werden, so dass auch alle kommen können, betont der eiserne Bräutigam, dem man die Vorfreude auf das große Familientreffen anmerkte. Seit der Diamantenen Hochzeit, die das Paar auch im „Bullenwinkel“ vor fünf Jahren feierte, ist ihre Familie noch einmal um neun weitere Personen gewachsen. Das betagte Ehepaar erlebt dies als großes Glück und Bereicherung für ihren gemeinsamen Lebensweg.

Schnell schiebt Siegesmund Polei die Kaffeetasse beiseite und hat etliche private Fotoalben parat. Dort ein Ausflugsbild, da ein Foto vom jüngsten Familienzuwachs, dann ein Hochzeitsbild. Siegesmund Polei kommt ins Schwärmen, wenn er von der Hochzeit seines Enkels Jan erzählt, die in Leipzig gefeiert wurde. „Etwas anders als vielleicht in Genthin üblich, aber sehr sehr schön“, zeigt sich der Mittachtziger auch Neuem gegenüber aufgeschlossen. Eine Eigenschaft, die das Ehepaar auch im hohen Alter bewahren konnte.

Drei Kinder hat das Ehepaar hinaus ins Leben begleitet. Seine älteste Tochter Karin, heute selbst Oma, tanzte als Eineinhalbjährige schon auf der Grünen Hochzeit ihrer Eltern. Auf fünf Enkel sind inzwischen vier Urenkel gefolgt. Stolz seien sie auf ihre Kinder und ihre Familien, freut sich das Paar. „Eifert uns in Eurem Leben nach“, das ist der Ratschlag, den wir unseren Kindern mit auf den Weg gegeben haben“, sagt er eiserne Bräutigam.

Das Paar steht mit seiner Erwerbs-Biografie für eine ganze Generation, die den DDR-Alltag erlebt hat: 38 Jahre hielt Siegesmund Polei dem Weichenwerk Kirchmöser die Treue, seine Ehefrau Anneliese arbeitete in der Landwirtschaft, im Waschmittelwerk und über 20 Jahre als Ankäuferin im Altstoffhandel. Für sie stand Berufstätigkeit auch mit drei Kindern nie außer Frage, auch wenn sie zeitweise der Kinder wegen Hausfrau war oder verkürzt arbeitete.

Siegesmund und Anneliese Polei wissen viel und vor allem lebendig von ihrem gemeinsamen Leben zu erzählen, sie haben ein Stückchen Genthiner Geschichte miterlebt und mitgestaltet. Mit ihren drei Kindern waren sie stets mittendrin und zogen sich nicht in ihre eigenen vier Wände zurück, obwohl Siegesmund Polei mit viel Geschick und zeitlichem Aufwand ein in den 1960er Jahren erworbenes Haus weitestgehend aus eigener Kraft Stück für Stück modernisierte.

Anneliese Polei mischte viele Jahre in der Gewerkschaft und im Elternaktiv ihrer Kinder, die die Erweiterte Oberschule besuchten, mit. „Erst habe ich mir das gar nicht zugetraut und es brauchte Überredungskünste. Ich hatte bei Klassenfahrten immer die Jungs-Gruppen zu betreuen, die ich aber in den Griff bekam. Es war schon eine schöne Zeit. Noch heute gibt es Kontakte zu dem einen oder anderen“, erzählt sie.

Ruhiger ist es mit dem Ruhestand bei den Poleis nicht geworden, höchstens nur etwas bedächtiger. Beide teilen gemeinsam viele Hobbys, Radfahren, das Wandern über den SV Chemie Genthin, Hof und Garten sowie das Kochen. Siegesmund Polei trifft sich einmal wöchentlich mit „alten Eisenbahnern“ zum Kegeln. Dann gebe es immer noch „einen Scheidebecher“.

Ihre Reiselust lassen sie sich auch durch die Beschwerden des Alters nehmen. „Schon mit den Kindern waren wir viel unterwegs“, sagt Anneliese Polei, während ihr Mann Siegesmund ein kleines, penibel geführtes Notizbuch zur Hand nimmt. 35 Reisen in 16 Länder hat er in einer gemeinsamen Reiseliste vermerkt.

Reise Nr. 36 wird eine achttägige Schiffsreise von Potsdam, über Usedom und Rügen nach Stralsund im Juni sein - sozusagen eine Hochzeitsreise zur Eisernen.