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Serie „Otto ist Einheit“ über 35 Jahre Wiedervereinigung Herber Charme der Leute: Warum ein Schwarzwälder Magdeburg liebt

Klemens Gutmann ist Magdeburger durch und durch - obwohl er im Schwarzwald geboren wurde. Über Spanien, Guatemala, El Salvador verschlägt es ihn nach der Wende 1989 nach Magdeburg. Er blieb und liebt die Stadt.

Von rs 29.06.2025, 19:30
Klemens Gutmann
Klemens Gutmann Pro M Stadtmarketing

Magdeburg - In einer Serie erzählen Menschen aus Magdeburg mit Ost- oder West-Hintergrund ihre Geschichte über Wiedervereinigung und Deutsche Einheit seit 35 Jahren. Heute: Klemens Gutmann, geboren im Schwarzwald und erfolgreicher Unternehmer in Magdeburg.

Als Deutschland feiert, dass die Mauer fällt, ist Klemens Gutmann weit von der Elbe entfernt. Nie im Leben wäre ihm im November 1989 in den Sinn gekommen, dass er 36 Jahre später sagen würde: „Meine Heimat ist in Magdeburg“.

Heute sagt er das mit voller Überzeugung. Über die Hälfte seines Lebens hat der im Schwarzwald geborene Unternehmer hier verbracht. „Der Gedanke, wieder wegzugehen, ist mir nie gekommen“, sagt Klemens Gutmann. Und wenn er über seine erste Zeit in der Elbestadt spricht, dann tut er das mit einem Schmunzeln: „Ich wurde hier quasi mit einer kraftvollen Umarmung wiedervereinigt.“ Der „manchmal herbe Charme der Menschen“ liegt dem Gründer und Vorstand von Regiocom SE. „Sie haben mich damals mit offenen Armen aufgenommen.“

Damals – das ist Anfang der 1990er-Jahre. Eine „Serie von Ereignissen“, wie er sagt, bringt den selbsternannten Workaholic in die sachsen-anhaltische Landeshauptstadt. Im Gepäck: Lebenserfahrung und der Wille, Dinge einfach zu machen.

Spanien und der Putschversuch prägen ihn

Als Klemens Gutmann neun Jahre alt ist, zieht die Familie nach Madrid. Spanien prägt und politisiert ihn. Als Jugendlicher demonstriert er für die Demokratie, als das Militär 1981 einen Putschversuch startet. Diese Zeit hinterlässt Spuren, ebenso wie der Wehrersatzdienst, der ihn in Den Haag mit der Aktion Sühnezeichen Friedensdienst der evangelischen Kirche zusammenbringt.

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Später engagiert er sich in Flüchtlingslagern in Guatemala und El Salvador. Sein Studium finanziert er sich mit einem eigenen Weinhandel. Im Herbst 1988 reist er erstmals in die DDR – zur Ökumenischen Friedensdekade in Dresden.

Unternehmensgründung, New Economy, Fraunhofer-Institut

Kurz darauf gerät vieles in Bewegung, auch sein eigenes Leben. Gemeinsam mit seinem Freund und Wegbegleiter Joan Dyckhoff-Schlieker sammelt er erste unternehmerische Erfahrungen mit einer eigenen IT-Firma. Er arbeitet am Fraunhofer-Institut in Karlsruhe, surft früh auf der Welle der New Economy. In Zeiten der Liberalisierung der Telekommunikation ist Gutmann mit seinem Gespür für Innovationen oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Aus einer Idee wird Regiocom

Ein erstes Ost-West-Forschungsprojekt 1993 und die Gründung der Teleport Sachsen-Anhalt GmbH werden zum Startpunkt seiner engen Verbindung zu Magdeburg. Das Land unterstützt die Idee eines regionalen Telekommunikationsdienstleisters. Was folgt, ist eine Erfolgsgeschichte: Mit Partnern gründet Gutmann in Magdeburg das Unternehmen, aus dem später der IT- und Servicedienstleister Regiocom hervorgeht – heute einer der führenden Anbieter für Energiewirtschaft und Prozesse. So wird Gutmann zum Magdeburger. Für ihn zählt nicht Ost oder West, sondern das, was vor Ort bewegt werden kann. „Ich bin ein Anhänger der Regionalbetrachtung“, sagt er. „Da ist die Ost-West-Achse nur eine.“

Honorarkonsul von Luxemburg und Stiftungsrat von Ecole

Es ist kaum möglich, all seine Aktivitäten in der Region aufzuzählen. Ein kleiner Einblick: Über zehn Jahre lang agiert Klemens Gutmann als Präsident des Arbeitgeberverbandes Sachsen-Anhalt, engagiert sich in zahlreichen Verbänden und Institutionen. Er ist Honorarkonsul des Großherzogtums Luxemburg in Sachsen-Anhalt und Vorsitzender des Stiftungsrates der Ecole-Stiftung, Trägerin des Internationalen Gymnasiums und der Internationalen Grundschule Pierre Trudeau.

Englisch, Spanisch und Niederländisch fließend

Bildungspolitik liegt ihm besonders am Herzen: „Wir müssen heute dafür sorgen, dass es morgen hier gut weitergeht.“ Und Internationalität fördert er mit Nachdruck – sagt: „Magdeburg steht es gut zu Gesicht, noch internationaler zu werden.“

Er selbst spricht vier Sprachen fließend: neben Deutsch auch Englisch, Spanisch und Niederländisch. Dass er kein gebürtiger Magdeburger ist, hört man ihm vielleicht noch an – ebenso schnell wird klar: Klemens Gutmann hat sein Herz an die Elbestadt verloren. „Magdeburg ist toll“, sagt er. „Diese Stadt lebt einfach überall.“

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Das gilt auch für ihn. Denn wer so fest mit einer Stadt verwurzelt ist, will nicht nur bleiben, der möchte auch gestalten. „Hier gibt es für mich noch viel zu tun“, sagt der Unternehmer. Und wer weiß, vielleicht entdeckt er mit seinem Boot, wenn hin und wieder Zeit für sein liebstes Hobby bleibt, auch die ein oder andere Ecke der Stadt ganz neu.