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Tipps vom Fachmann Obstweine und Obstliköre selbst herstellen

Zum Vortag zum Selbstherstellen von Obstweinen und Obstlikören mit Verkostung waren rund 20 Teilnehmer der Einladung der Nabu-Kreisverbandes Jerichower Land gefolgt.

Von Bettina Schütze 16.01.2024, 12:08
Aufmerksam verfolgten die Seminar-Teilnehmer die Ausführungen von Karl-Heinz Petzold (re.).
Aufmerksam verfolgten die Seminar-Teilnehmer die Ausführungen von Karl-Heinz Petzold (re.). Foto: Bettina Schütze

Parey - Im Rahmen der Aktion „Gönn dir Garten/Landschaft schmeckt“ des Naturschutzbundes Deutschland hatte der Nabu-Kreisverband Jerichower Land in das Vereinshaus nach Parey eingeladen.

Interessierte Teilnehmer aus Parey, Derben, Roßdorf, Güterglück, Genthin, Brettin, Burg, Zerben, Hohenziatz und Magdeburgerforth waren der Einladung gefolgt. Karl-Heinz Petzold aus Güsen hatte es übernommen, seine Erfahrungen aus seiner langjährigen Praxis an die Teilnehmer weiter zu geben. Tipps und Rezepte zur Herstellung von Obstweinen und Obstlikören hatte er parat und beantwortete viele Fragen.

Karl-Heinz Petzold hat schon zu DDR-Zeiten Obstwein hergestellt. Nach einer längeren Pause ist er dann wieder eingestiegen.

In einer Vorstellungsrunde gaben die Teilnehmer an, warum und mit welchen Erwartungen sie zum Seminar gekommen sind.

Obstweine/Fruchtweine gehören in Deutschland lebensmittelrechtlich gesehen zu den weinähnlichen Getränken. Damit fallen sie nicht unter das Weinrecht. Weinähnliche Getränke als „…wein“ dürfen nur in den Umlauf gebracht werden, wenn die Ausgangsstoffe, aus denen sie hergestellt wurden, gekennzeichnet sind. Gültig sind beispielsweise Bezeichnungen wie „Pflaumenwein“ oder auch „Birnen-Schaumwein“.

„Üblich ist bei der Herstellung von Obstweinen der Zusatz von Schwefeldioxid oder dessen Verbindungen“, erklärte Karl-Heinz Petzold. Ein Restgehalt von mehr als zehn Milligramm pro Liter muss kenntlich gemacht werden, weil manche Menschen diesen Stoff nicht vertragen.

Obstdessertweine

Erzeugt werden können auch Obstdessertweine. In Deutschland trifft dies auf Obstweine mit mehr als zwölf Volumenprozent Alkohol zu. Weltweit gibt es verschiedene Methoden zur Herstellung von Obstdessertweinen. Apfeleiswein findet man hauptsächlich in Kanada. „Theoretisch“, so Karl-Heinz Petzold, „kann man jede Frucht zu Wein verarbeiten. Alle Früchte, die genießbar sind, sind für Obstweine geeignet. Von Früchten, die roh nicht genießbar sind, sollte man keinen Wein machen.“

Karl-Heinz Petzold blickte auch kurz in die Geschichte der Obstweinherstellung. „Schon die alten Griechen haben vor über 2500 Jahren Obstweine hergestellt.“ Im Mittelalter war, bedingt durch den Zucker, Obstwein in Deutschland fast unbezahlbar. Im 17. Jahrhundert tauchte Obstwein verstärkt in Deutschland auf.

1879 fand in Werder/Havel das erste Baumblütenfest statt. Im 18. und 19. Jahrhundert gab es in Werder mehr Winzer als Fischer. Ende April/Anfang Mai gibt es in diesem Jahr dort die 145. Auflage.

Karl-Heinz Petzold: „80 Prozent des Apfelweines, des Äppelwoi, werden in Deutschland in Hessen getrunken. 40 Millionen Liter von insgesamt 60 Millionen Liter des hergestellten Obstweines kommen aus dem Frankfurter Raum.“

„Nur gute Früchte ergeben einen guten Wein“, stellte Karl-Heinz Petzold klar. Um da hin zu kommen, hat der Güsener für sich die „6 S“ aufgestellt: Sorgfalt, Sauberkeit, Sauerstoff fernhalten, Schwefel, Stahl fernhalten und selber trinken.

Obst und Zucker sind die Grundlagen für die Herstellung von Obstwein. Der Obstwein selbst wird durch eine alkoholische Gärung hergestellt. Karl-Heinz Petzold gab viele Tipps zur Herstellung der Maische. Außerdem stellte er die Gerätschaften vor, die zur Obstwein-Herstellung benötigt werden.

Fast alle Früchte verwendbar

Für selbst gemachte Obst-Liköre lassen sich fast alle Früchte verwenden. Neben wilden Beeren wie Fliederbeere, Brombeere, Himbeere, Schlehe oder Vogelbeere lassen sich auch Mirabelle, Hagebutte, Sanddorn, Apfel, Birne oder Quitte als Grundzutat für den Obst-Likör nutzen. Der für den Likör benötigte Alkohol kann unterschiedlichen Ursprungs sein. Empfehlenswert ist sogenannter Monopolsprit. Dabei handelt es sich um industriell erzeugten reinen Alkohol mit einem Alkoholgehalt von 96 Volumenprozent. Erzeugt wird der Reinalkohol in sogenannten Monopolbrennereien, die ihn auch verkaufen.

Obst-Liköre werden heute neben der klassischen Technik der Mazeration (Ausziehen von in Alkohol und in wässriger Alkohollösung löslichen Inhaltsstoffen ohne Erwärmung) und durch die Mischung von Fruchtsirup und/oder Aromen mit Zucker, Alkohol und Wasser gewonnen. Ihre Farbe erhalten die meisten Liköre durch zugesetzte Farbstoffe, dabei sind sowohl natürliche als auch künstliche Farbstoffe zulässig. Um Likör herzustellen, braucht man nur Alkohol, Früchte und Zucker.

(Um einen Liter Brand herstellen zu können, benötigt man hingegen zum Beispiel 30 Kilogramm Vogelbeeren oder 29 Kilogramm Himbeeren. Von der Herzkirsche werden nur zehn Kilogramm, von der Zwetschge zwölf oder 16 Kilogramm von der Williamsbirne benötigt.)

Für süße Obst-Liköre empfiehlt es sich, diese mindestens zwei Wochen reifen zu lassen. Bitter- und Aromaliköre hingegen sollten etwas länger reifen.

Zum Abschluss des rund dreistündigen Seminars konnten „flüssige“ Früchte aus dem letzten Jahr verkostet werden.