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Drei Genthiner Jungs schnuppern in den Beruf Erzieher rein Schülerpraktikum in einer typischen Mädchendomäne

05.11.2013, 02:12

Ein Schülerpraktikum in einer Kita zu absolvieren, ist nicht nur Mädchensache. Während männliche Betreuer Mangelware sind, absolvierten drei Genthiner Schüler ihr Praktikum in zwei Einrichtungen der Stadt.

Genthin l Die Kinder der Kita "Max und Moritz" freuten sich über ein neues junges Gesicht. Auf die Schultern des Schülerpraktikanten Johannes Ritter kletterte mit Begeisterung die fünfjährige Carla.

"Die lieben Johannes", sagte Leiterin Elke Kriewitz über den 15 Jahre alten Gymniasiasten, der in ihrer Einrichtung im Oktober ein Schülerpraktikum absolviert. In der Kindertagesstätte in Altenplathow arbeiten nur weibliche Erzieherinnen. Einen Mann würde die Leiterin der Einrichtung gern einstellen.

Der Schülerpraktikant macht ihr Mut, dass sich doch in den nächsten Jahren mehr Jungs für eine Ausbildung als Erzieher entscheiden. "Männer machen eben doch einiges anders." Und Männer in der Kita seien für Kinder wichtig, die ohne Vater aufwüchsen.

In keiner der fünf Genthiner Kindertagesstätten arbeitet ein männlicher Betreuer. Alle Leiterinnen der Tagesstätten sind sich einig, dass der Hausmeister nicht der einzige männliche Mitarbeiter in einer Kita sein sollte. Landesweit sind 479 der 15 252 Pädagogen Männer. Das entspricht einem durchschnittlichen Anteil von 3,2 Prozent. Eine kleine Zahl, die dennoch für die Kindertagesstätten in der Kanalstadt in weiter Ferne liegt.

Johannes Ritter machte sein Schülerpraktikum inmitten der Kinder sichtlich Spaß. Praktikumsberichte von Mitschülern höherer Jahrgänge über den anstrengenden Tagesablauf in einer Kita hatten den Zehntklässler nicht abgeschreckt.

"Ein bisschen Rückenschmerzen habe ich schon", sagte er schmunzelnd und erzählte, wie die Kinder ihn als Kletterbaum benutzen.

Während Johannes mit den Drei- bis Fünfjährigen spielte, bespaßten seine beiden Klassenkameraden Jonah Thurau und Tim Altenkirch die Kinder der Kita "Sonnenschein". Jonahs fünfjährige Schwester besucht den Kindergarten. Im Frühjahr habe er bei einem Zukunftstag schon mal in die Arbeit der Erzieher der Kita reingeschnuppert und sich für ein Schülerpraktikum in der Tagesstätte entschieden. Den Vorteil seines Geschlechts hat er erkannt: "Männliche Mitarbeiter haben im Kita-Bereich gute Chancen." Seine Mitstreiterinnen, Hannah Rother und Alicia Haack, die ebenfalls ihr Schülerpraktikum in der Kita absolvierten, stimmten zu. "Gerade die Jungs freuen sich über die beiden männlichen Praktikanten", sagte die 16-jährige Alicia. Jonah schloss nach dem Praktikum eine Ausbildung zum Erzieher auf jeden Fall nicht aus.

Angelika Döbberthin, Lehrerin am Gymnasium und zuständig für die Schülerpraktika, stellte fest, dass sich in diesem Jahr sehr viele Schüler für ein Praktikum in der Kita entschieden hatten. Einen Trend könne sie aber nicht feststellen. Das Schülerpraktikum biete vielen eine Orientierung. Bei der Berufswahl sei es dennoch nicht sicher, dass Jungs den Weg in einen sozialen Beruf finden, berichtet Döbberthin aus Erfahrung.

Die Leiterin der Kita "Zwergenland", Ute Schenk, kennt zwei positive Gegenbeispiele. Zwei Jungs, die in der Vergangenheit ein Schülerpraktikum in ihrer Einrichtung absolvierten, machten nun die Ausbildung zum Erzieher. Ein Ausbildungsberuf, der einfach eine Mädchendomäne ist. In der Burger Kreisberufsschule "Conrad Tack" werden derzeit drei Jahrgänge zum Erzieher ausgebildet. Von den 85 Erzieher-Schülern sind nur sieben männlich.

Johannes und seine Klassenkameraden bereuen die Wahl ihrer Praktikumsstelle keineswegs. Eine Vorstellung von den Herausforderungen als Erzieher konnten sie allemal mitnehmen.