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Stadtkulturhaus Eine Runde Unwissenheit

Genthin steuert auf eine Zitterpartie um das Stadtkulturhaus zu.

Von Simone Pötschke 16.02.2019, 10:41

Genthin l Auch nach zwei Fachausschusssitzungen ist der Weg immer noch nicht frei für eine Entscheidung, ob die Stadt Genthin 2019 der Qualifizierungs- und Strukturförderungsgesellschaft (QSG) mit 50.000 Euro für die Bewirtschaftung des Stadtkulturhauses - so wie in den vergangenen Jahren - beispringen wird.

Als es an eine Beschlussfassung ging, musste der Hauptausschuss gezwungenermaßen eine Bankrotterklärung abgeben. Nach einer einstündigen Aussprache und einer zweiminütigen Besprechungspause zu diesem Streitpunkt wurde die Diskussion für beendet erklärt, weil keine Einigung absehbar war.

In diese Sackgasse trieb sie ein ungeschicktes Agieren des Genthiner Bürgermeisters Matthias Günther (parteilos), so dass vor der entscheidenden Stadtratssitzung in der nächsten Woche die Stadträte aktuell mit leeren Händen dastehen.

Dabei hat QSG-Geschäftsführer Lars Bonitz bereits im Vorfeld erklärt, dass das Stadtkulturhaus am 4. März für die Vereine und die Öffentlichkeit geschlossen wird, wenn die Stadt nicht liefert und den langfristig vereinbarten Zuschuss in Höhe von 50 000 Euro nicht überweist. Es brennt also - und dennoch ließ der Bürgermeister im Hauptausschuss politisches Kalkül vermissen und provozierte damit einen Eklat, anstatt Mehrheiten hinter sich zu bringen. Der Auslöser: Die Fraktionen hatten in der Sache nicht den gleichen Kenntnisstand. Tischvorlagen, die am Vortag in der Sitzung des Bildungs- und Kulturausschusses ausgegeben wurden, konnten in den meisten Fraktionen nicht mehr beraten werden. Günther toppte die allgemeine Verwunderung darüber noch, indem er nach der Beratung des Bildung- und Kulturausschusses am Mittwoch auch noch eine kurzfristig veränderte Beschlussvorlage am Folgetag in den Hauptausschuss einbringen wollte. Damit war das Durcheinander perfekt und kein Ratsmitglied war auf einem aktuellen Stand.

Bürgermeister Günther zielt nach wie vor darauf ab, die Bezuschussung für das Stadtkulturhaus, die die Stadt bisher an die QSG überwiesen hat, zukünftig auf die Vereine für die Nutzung des Stadtkulturhauses gegen Vorlage von Nachweisen streng nach Betriebskostenverordnung aufzuteilen. Die Berechnungen, die die QSG in der Vergangenheit vorgelegt hat, monierte er, seien für ihn mangelhaft und nicht nachvollziehbar.

Die CDU, die in der Fraktion noch beraten konnte, gab mit einem erarbeiteten Papier der Diskussion einen anderen Dreh. Der Fraktionsvorsitzende Klaus Voth schlug vor, zunächst die in Rede stehenden 50 000 Euro zur Hälfte an die QSG auszuzahlen. Die verbleibenden 25 000 Euro sollen erst fließen, wenn sich Bürgermeister und QSG-Geschäftsführer bis zum 31. Mai auf eine korrekte Abrechnung geeinigt haben.

Aber: Der CDU-Vorschlag blitzte ab, es kam zu keinem Beschluss. Um die Sache ging es dabei nicht mehr. Harry Czeke (Die Linke) lag die schwächelnde interne Ratskommunikation zu schwer im Magen: „Ich staune nur, ich will heute nicht auf Zuruf entscheiden“, zeigte er sich verärgert. Sein Antrag zur Geschäftsordnung, den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen, weil er seine Fraktion benachteiligt sah, fand jedoch keine Mehrheit. Günther versuchte daraufhin, den Anschluss nicht zu verlieren: „Ich bin bereit, nicht über den Sachverhalt beschließen zu lassen, plädiere aber dafür, dass wir uns über die Problematik gegenseitig informieren und in die Diskussion gehen. Ich möchte mir ein Bild machen, wie die Fraktionen dazu stehen.“ Daraufhin versuchte er wiederholt, für die Variante Vereinsbezuschussung zu werben und attackierte dabei die QSG. Das Zahlenwerk der Unterlagen, die ihm von der QSG zur Verfügung gestellt worden sind, sei für ihn unbefriedigend. „Ich muss leider sehr deutlich werden, mir wurden Unterlagen verwehrt“. In seiner Powerpoint-Präsentation, die seine Aussagen stützen sollte, verwendete er jedoch Auszüge aus dem Mail-Verkehr mit QSG-Geschäftsführer Bonitz und – unzulässig – QSG-betriebsinterne Zahlen. „Das ist heute wirklich ein Desaster, das ich nicht entschuldigen kann“, ging Czeke daraufhin wiederholt mit dem Bürgermeister ins Gericht.

Einem nicht enden wollendem Hin und Her in der Diskussion gewann Marc Eickhoff (LWG Fiener) dann doch noch Sachlichkeit ab. Die Stadt vergebe mit den 50 000 Euro an die QSG Fördermittel. Sie habe bisher jedoch nicht geklärt, an welche Kriterien sie deren Vergabe knüpfe. „Wenn wir diese Kriterien haben, können wir gegebenenfalls die QSG kritisieren, bisher vermischen wir nur alles“, war Eickhoff der vorausgegangenen Debatte offensichtlich überdrüssig. Lutz Nitz (Grüne) schloss sich dem an. Er brachte zur Sprache, dass im Stadtrat nach wie vor große Unklarheit über die Struktur der QSG herrsche, was immer wieder Grund zu Irritationen gebe. Über die Entscheidungskompetenzen in der QSG sei man im Stadtrat uneinig. Er ließ auch einen Hauch Selbstkritik aufkommen: „Wir müssen uns dringend einig werden, wie wir Fördermittel zukünftig vergeben. Das hätten wir schon lange einfordern können. So kommen wir im Moment nicht raus aus dem Dilemma.“

Die „Bürgermeister-Varianten“ sind nach wie vor auch für die Öffentlichkeit nicht transparent. Nur die ursprüngliche Beschlussvorlage „Vereinsbezuschussung“ ist im Internet nachzulesen. Zu einer Bezuschussung der QSG unter strengen Kontrollauflagen oder einer externen Prüfung, die Andreas Buchheister (CDU) im Kulturausschuss angeregt hatte, findet sich im Ratsinformationssystem nichts.